Commerzbank: Banken sind gut auf einen möglichen Grexit vorbereitet
Vor den Entwicklungen um Griechenland gab es deutliche Bekundungen (u.a. von Vertretern der Zentralbank(en), Aufsichtbehörden), dass Banken auf ein Ausscheiden Griechenlands aus der Währungsunion, gut vorbereitet seien. Diverse Schutzmechanismen und vor allem die jederzeitige Liquiditätsbeschaffung über die EZB unterstreichen dies. Trotzdem standen gestern die Aktienkurse von europäischen Banken unter Druck. Damit spiegelt sich unverändert die Sensitivität dieser Branche gegenüber einschneidenden Entwicklungen wider. Die Sorgen sind vielschichtig und in gewissem Maße auch nachvollziehbar. Das direkte Engagement europäischer Banken in Griechenland ist äußert gering. Eine Vor-Ort-Präsenz besteht nicht mehr. Auch das direkte „Kredit-Exposure“ einzelner Institute an griechische Firmenkunden ist zu vernachlässigen. Selbst das komplette Abschreiben der Engagements dürfte sich nur geringfügig auf die Eigenkapitalquoten auswirken. Gravierender können die indirekten Effekte (Zweitrundeneffekte) sein. Die Entwicklungen haben bereits zu einer erkennbaren Erweiterung der Renditespreads vor allem im südeuropäischen Raum geführt. Dies könnte die Refinanzierungskosten der Banken tendenziell erhöhen. Außerdem ist mit Buchwertverlusten von - in den Bankbüchern gehaltenen - Staatsanleihen zu rechnen. Diese wirken nach derzeit gültigen Vorschriften negativ auf das Eigenkapital und die entsprechenden Eigenkapitalquoten. Hiervon sind besonders Banken in Italien und Spanien betroffen, die im Verhältnis zum Eigenkapital relativ große Bestände an Staatsanleihen halten. Die kalkulierten Eigenkapitalkosten der Banken sind in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen, was dem Sektor auch im Rahmen einer Neubewertung geholfen hat. Die Gefahr besteht, dass Investoren eine höhere Risikoprämie einfordern könnten, was die Attraktivität des Sektors herabsetzen würde. Fazit: Die Widerstandsfähigkeit von Banken und Versicherungen hat sich nach der Finanzkrise deutlich verbessert. Die Auswirkungen eines möglichen Grexit dürften verkraftbar sein.
Zinsen und Anleihen
Nachdem die Entwicklungen über das Wochenende uns einem „Grexit“ doch ein gutes Stück näherbrachten, reagierten die Rentenmärkte zum Wochenauftakt zunächst nach vorhersehbarem Muster: Erstklassige Staatsanleihen – beispielsweise 10-jährige Bundestitel und US-Treasuries – waren gesucht, ihre Renditen fielen in der Spitze um knapp 20 Basispunkte; Peripherieanleihen standen indes unter Druck. Diese Bewegungen korrigierten sich aber im Tagesverlauf teilweise, ohne an der Gesamttendenz freilich maßgebliches zu ändern. Recht gelassen präsentierte sich der Euro, der die Abschläge vom Handelsauftakt zum Gutteil wieder aufholen konnte. Der Fall Griechenland wird auch in den kommenden Tagen den Ton angeben. Mittlerweile hat der griechische Ministerpräsident Tsipras seine politische Zukunft mit dem Ausgang des Referendums (oder: „Greferendums“) verknüpft. Fällt das Referendum in seinem Sinne aus, geht die Tür zum Grexit weiter auf. Nur unter einer neuen Regierung dürfte es realistische Anknüpfungspunkte für die Wiederaufnahme der Gespräche mit den Institutionen geben. Auch gab Tsipras bekannt, dass Griechenland die heute anstehende Tilgung des IWF-Kredits in Höhe von 1,7 Mrd. USD nicht leisten werde. Im aufgeheizten politischen Klima spielen die Konjunkturdaten eine Nebenrolle. Doch immerhin belegen die von der EU-Kommission erhobenen Stimmungsindizes, dass die Wirtschaftsstimmung im Euroraum trotz der heillosen Querelen um Griechenland im Juni gut geblieben ist.
Aktien
Die vorerst gescheiterten Verhandlungen zwischen der Eurogruppe und der griechischen Regierung hat den europäischen Aktienbörsen einen extrem schwachen Wochenauftakt beschert. Dabei wurde allerdings lediglich der Kursanstieg der Vorwoche aufgezehrt. In diesem Umfeld gerieten europaweit vor allem die Finanztitel unter Druck. Im Dax 30 erlitten somit die Titel der Deutschen Bank (-5,8%, zusätzlich belastet durch einen Artikel der Financial Times, dem zufolge Co-CIO Anshu Jain vom Bafin Irreführung bei den Untersuchungen des Libor-Skandals vorgeworfen wird) und der Commerzbank (-4,8%) die stärksten Verluste. Auch im Leitindex des Euroraums, dem EUROSTOXX 50, gab es an diesem Handelstag nur Verlierer. Die mit Abstand schlechteste Kursperformance erlebten auch hier mit Unicredit (-7,1%) und Banco Santander (-6,8%) Kreditinstitute. Banken (-5,8%) waren dann auch der mit Abstand schlechteste Sektor im europäischen Branchenvergleich. Die geringsten Abschläge erlebte dabei der defensive Nahrungsmittelsektor (-2,7%). An der Wall Street wurden die am Anfang nur moderaten Verluste sukzessive ausgeweitet. Zum Handelsende realisierte der Dow Jones dann den größten Tagesverlust seit Oktober 2014 und büßte damit auch das bisherige knappe Jahresplus komplett ein. Auch hier verzeichneten Finanzwerte die stärksten Abschläge (-2,4%), lediglich bei Versorgern (-0,6%) hielt sich der Kursdruck noch im Rahmen. An den asiatischen Börsen setzt sich heute Morgen eine etwas positivere Tendenz durch. Die chinesische Festlandbörse fällt erneut durch massive Kursschwankungen auf. Die europäischen Börsen hingegen dürften zur Eröffnung den Negativtrend noch nicht abschütteln können.