Commerzbank: Einkaufsmanagerindizes im Euroraum steigen wider Erwarten an
Nach der ersten Schätzung der Einkaufsmanagerindizes für Juni dürfte die Wirtschaft im Euroraum auch im 2. Quartal ordentlich wachsen, etwa im gleichen Tempo wie im 1. Quartal (+0,4% Q/Q). So stieg der Index für das verarbeitende Gewerbe von 52,2 auf 52,5 Punkte moderat und der für das Dienstleistungsgewerbe von 53,8 auf 54,4 Punkte deutlich an. Der Gesamtindex (Composite-Index) stieg ebenfalls stärker als erwartet von 53,6 auf 54,1 Punkte, den höchsten Wert seit 49 Monaten. Gestern wurden allerdings nur Länderdaten aus Deutschland und Frankreich gemeldet. Erfreulich ist dabei, dass sich auch in Frankreich die Umfragewerte (53,4 nach 52,0 Punkten) deutlich verbessert haben und damit den höchsten Wert seit 46 Monaten erreichten. Die Griechenlandverhandlungen haben die Unternehmensumfragen offenbar nicht eingetrübt.
Das ordentliche Wachstum im Euroraum in der ersten Jahreshälfte 2015 ist maßgeblich auf den schwachen Euro und den kräftigen Rückgang der Energiepreise zurückzuführen. In der zweiten Jahreshälfte bekommt das Wachstum aber zunehmend Gegenwind. Der Euroraum wird sich nicht auf Dauer von der Weltwirtschaft abkoppeln können. Vor allem die Nachfrage aus den Schwellenländern ist schwach und kann die positiven Impulse vom Euro und Ölpreis schmälern. Darauf deutet der Teilindex zur Exportnachfrage im Einkaufsmanagerindex hin, der deutlich gefallen ist. Wir gehen nicht davon aus, dass das Exportwachstum weiter ansteigen wird. Im April lagen die Exporte in Ländern außerhalb des Euroraums 9% über dem Vorjahresniveau. Außerdem bremsen in vielen Ländern die hohe private Verschuldung sowie die anhaltende Korrektur an manchen Immobilienmärkten. Da das Wachstumstempo in der zweiten Jahreshälfte nachlassen sollte, rechnen wir in diesem Jahr nur mit einem realen BIP-Wachstum von 1,2% im Euroraum, der Consensus erwartet dagegen noch 1,5%.
Zinsen und Anleihen
Wie schon am Montag so dominierte auch gestern die Hoffnung der Anleger auf eine Einigung mit Griechenland das Marktgeschehen: Die die Risikoaufschläge griechischer Staatsanleihen gingen weiter zurück. Zwar ging die positive Stimmung nicht mit einer Stärkung des Euro zum US-Dollar einher, doch der US-Dollar zeigte auch ggü. dem japanischen Yen und dem britischen Pfund Stärke – vermutlich weil die US-Zinsen sich in einem Aufwärtstrend befinden. Dabei waren die aus den USA gemeldeten Konjunkturdaten alles andere als überzeugend. Die Bestellungen für langlebige Güter gingen erneut merklich zurück (-1,8% ggü. April). Die Daten sehen zwar besser aus, wenn man die volatilen Aufträge im Flugzeugbau herausrechnet (+0,5%). Auch wenn Flugzeuge erst Jahre nach der Bestellung ausgeliefert wer-den, so sind doch diese Aufträge ebenfalls – ob nun volatil oder nicht – relevant für die künftige Produktion. Insgesamt zeigen die Daten, dass die Ausrüstungsinvestitionen im zweiten Quartal wohl keinen großen Wachstumsbeitrag geleistet haben dürften. Bei den anderen Nachfragekomponenten sieht es aber deutlich besser aus: So wurden zuletzt so viele Autos verkauft, wie seit neuen Jahren nicht mehr. Auch die Immobilienbranche boomt. Gestern wurde gemeldet, dass die Neubauverkäufe im Mai so zahlreich waren wie seit 2008 nicht mehr. Hinzu kommen die soliden Stellenzuwächse, von denen die Einkommen profitieren. Die jüngste Umfrage unter den europäischen Einkaufsmanagern lässt hoffen, dass die Konjunktur auch in Frankreich und Italien allmählich Tritt fast (vgl. „Im Blickpunk“). Heute treffen sich erst Tsipras, Draghi, Junker und Largarde vor den Beratungen der Eurogruppen-Finanzminister.
Aktien
Die Aussicht auf eine Einigung in der griechischen Schuldendebatte hat die europäischen Aktienmärkte auch am zweiten Tag der neuen Handelswoche weiter getragen. Auch die veröffentlichten Konjunkturdaten konnten die Stimmung weiter vorantreiben. Vor allem die Einkaufsmanagerindizes der Eurozone und die Auftragseingänge und der Einzelhandel Italiens überraschten die Anleger positiv. Dass die Tageshöchstkurse dann zum Schluss nicht gehalten werden konnten, lag an der wenig begeisternden Eröffnung der Wall Street. Im deutschen Leitindex Dax30 zählten wie am Vortag die Automobilproduzenten zu den Favoriten. Die Aktien der Deutschen Post (+1,8%) profitierten von einer Kaufempfehlung. Am Indexende lagen vor allem die Versorger. Im EU-ROSTOXX 50 gab es auf Branchenebene nur Gewinner. Besonders stark konnten sich dabei die Medien (+1,6%) und Automobile (+1,3%) in Szene setzen, während auch hier Versorger (+0,1%) hinter der Entwicklung der anderen Sekto-ren zurückblieben. Bei europäischen Einzelhändlern sorgten Übernahmegespräche der niederländischen Ahold (+1,8%) mit der belgischen Delhaize (+8,4%) für das Highlight. Besonders stark konnte nach dem bereits fulminanten Vortagesverlauf erneut die Börse in Athen (+6,1%) ansteigen. Wesentlich weniger euphorisch war dagegen der Kursverlauf in den USA. Hier lieferten durchwachsene Makrodaten kaum Erkenntnisse für die weitere Entwicklung von Konjunktur und Geldpolitik. Stärkster Einzeltitel war UnitedHealth (+2,1%) aus dem konsolidierungsgetriebenen Segment der Gesundheits-Dienstleister. Telekommunikation (+1,4%) legte unter der Führung von AT&T (+2,5%) deutlich zu, während auch hier Versorger (-1,4%) am schwächsten tendierten. Auch die asiatischen Börsen können heute Morgen in der Breite weiter zulegen und unterstützen damit den Auftakt in Europa.