PNE Wind: Der „Machtkampf“ vor der Entscheidung – viele Fragen sind offen
Regelmäßige Käufe von Aktien der PNE Wind durch Volker Friedrichsen prägten in den vergangenen Wochen das Bild rund um die Windenergieaktie. Über die Volker Friedrichsen Beteiligungs-GmbH hat der größte Einzelaktionär des Cuxhavener Konzerns zuletzt so viele Anteilsscheine gekauft, dass seine Beteiligung an der Gesellschaft wieder über die 15-Prozentmarke gekommen ist. Die Käufe sind das letzte sichtbare Anzeichen im Streit zwischen Friedrichsen auf der einen Seite und dem Vorstandsvorsitzenden Martin Billhardt sowie Teilen des Aufsichtsrates auf der anderen Seite.
Am 16. Juni, wenn in der Cuxhavener Kugelbake-Halle die Hauptversammlung von PNE Wind ansteht, steht gleichzeitig so etwas wie eine mögliche endgültige Entscheidung im Streit an. Gegenseitige Abwahlanträge für die Aufsichtsratsmitglieder, die der jeweils „gegnerischen“ Seite zugerechnet werden, stehen zur Abstimmung an, ebenso damit einhergehend Anträge zur Neubesetzung frei werdender Aufsichtsratsposten, falls Abwahlen zustande kommen. Dass beide Seiten noch einmal konstruktiv miteinander arbeiten, scheint ausgeschlossen. „Das Tischtuch ist zerschnitten“, sagt Friedrichsen gegenüber der Redaktion von www.4investors.de.
Dem Abstimmungsmarathon über den Aufsichtsrat, der auf der PNE-Hauptversammlung anstehen dürfte, geht ein langes Zerwürfnis zwischen den beiden Parteien voraus. Öffentlich wurde dies, als PNE Wind Friedrichsen vorwarf, im Zuge des Verkaufs der WKN AG an PNE Wind wichtige Informationen nicht vorgelegt zu haben. Man müsse einen niedrigen zweistelligen Millionenbetrag abschreiben, da Projekte überbewertet seien, so PNE Wind im Dezember des vergangenen Jahres. Zugleich konfrontierte man Friedrichsen mit Schadenersatzforderungen in Höhe von 6,2 Millionen Euro und WKN-Mitgesellschafter Siemens ebenfalls mit Garantieansprüchen. Dass die WKN AG jüngst Kreditzusatzvereinbarungen nicht erfüllen konnte, die mit Kreditgebern vereinbart waren, bringt vor allem für das Unternehmen und dessen Anteilseigner zusätzliche Schärfe in die Situation.
Streit um Bezüge von Vorstand und Aufsichtsrat sowie Beraterverträge
Tatsächlich scheint mit den Schadenersatzforderungen aber nur ein schon länger schwelender Zwist öffentlich zu eskalieren, der vor allem zwischen Friedrichsen auf der einen Seite sowie PNE-Chef Billhardt und dem Aufsichtsratschef Dieter Kuprian auf der anderen Seite tobt. Entzündet, so Friedrichsen, haben sich die Unstimmigkeiten schon deutlich vorher an Vergütungen für Vorstand, Aufsichtsrat und externe Berater. Der frühere WKN-Eigner wirft Billhardt und Kuprian vor, PNE Wind mit überhöhten Zahlungen an Vorstand, Aufsichtsrat und externe Berater zu belasten. Es würden Beträge gezahlt, die völlig unüblich hoch für mittelständische Unternehmen seien, so der Vorwurf. Hinzu kommen nach Informationen von www.4investors.de lukrative Beraterverträge bei der WKN AG, die nach der Übernahme von PNE Wind an Personen aus dem Bekanntenkreis des Aufsichtsratschefs vergeben worden sein sollen.
Die Cuxhavener widersprechen diesen Vorwürfen vehement. „Die Vergütungen von Vorstand, aber auch Aufsichtsrat stehen im Einklang mit dem Corporate Governance Kodex und sind zu einem überwiegenden Teil an den Erfolg des Unternehmens gekoppelt und daher gerechtfertigt“, sagt Billhardt im Interview mit Smart Investor. Zwei Drittel der Vergütung seien variable Bestandteile, so Billhardt gegenüber Smart Investor, ein Drittel ein „Fixbetrag, der unter dem Durchschnitt von S-DAX, M-DAX, DAX, etc. liegt“
Widersprüchlich sind auch die Informationen zu den Siemens-Ansprüchen. Offen ist, ob sich der Münchener Konzernriese tatsächlich – wie von PNE Wind dargestellt – gütlich mit den Norddeutschen einigen will. Hier gibt es aus Branchenkreisen gemäß 4investors-Informationen aber auch anderslautende Aussagen. Demzufolge soll Siemens keinen Grund sehen, an PNE Wind Zahlungen zu leisten. Man gehe davon aus, dass eventuelle rechtliche Schritte des Windenergiekonzerns erfolglos bleiben. Hier dürften im Zweifelsfall Gerichte das letzte Wort haben. Derzeit ruht das Verfahren und es dürfte noch reichlich Zeit ins Land gehen, bis eine rechtskräftige Entscheidung getroffen wird.
„Gutachten wird keinen Bestand haben“
Ohnehin ist zwischen den Parteien heftig umstritten, ob die Vorwürfe des Windenergiekonzerns gegen Friedrichsen überhaupt zutreffen. Tatsächliche Abschreibungen seien bei PNE Wind bisher nicht erfolgt, so Friedrichsen, sondern lediglich Positionen in der Bilanz des Windenergiekonzerns in Richtung Goodwill verschoben worden. Die Projekte seien im Rahmen der WKN-Übernahme durch die Cuxhavener ausführlich geprüft worden. Es sei eine „Due Diligence mit fast 100 Leuten“ erfolgt, sagt Friedrichsen und verweist darauf, dass im Zuge langjähriger Projektlaufzeiten immer wieder Neueinschätzungen der Situation eines einzelnen Projektes im laufenden Geschäft erfolgen können. Er selbst habe nie eine Garantie für einzelne Projekte abgegeben, sagt der ehemalige WKN-Mehrheitseigner, wohl aber eine Bilanzgarantie. Das Gutachten, mit dem PNE Wind die Schadenersatzforderungen begründet, bezeichnet Friedrichsen als Gefälligkeitsgutachten: „Das Gutachten wird vor Gericht keinen Bestand haben“, so Friedrichsen. PNE Wind sieht das – natürlich – anders.
Der frühere WKN-Mehrheitseigner sieht in der millionenschweren Schadenersatzforderung daher auch vor allem Versuche von Kuprian und Billhardt, ihn aus dem Aufsichtsrat zu drängen. Eine Retourkutsche für seine Opposition gegen die Vergütungen von Vorstand und Aufsichtsrat und einer angeblichen Selbstbedienungsmentalität, die Friedrichsen hart kritisiert. Auch die jüngste Kapitalerhöhung von PNE Wind, bei der das Bezugsrecht der Aktionäre ausgeschlossen wurde, habe diesem Zweck gedient. Sein Anteil solle verwässert werden, sagt Friedrichsen mit Blick auf die kommenden Abstimmungen auf der Hauptversammlung – dies wäre für ihn ein Nachteil gewesen. Üblicherweise sind die Aktionärsversammlungen des Unternehmens an der Nordseeküste eher schwach besucht, sodass Friedrichsens 15-prozentiger Anteil schon ein großes Gewicht in den Abstimmungen darstellt. Mit den jüngsten Käufen hat der PNE-Aufsichtsrat allerdings diese Verwässerung wieder ausgeglichen und hält wieder mehr als 15 Prozent der PNE Aktien. Weitere Käufe wolle er nicht vornehmen, so Friedrichsen.
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