Commerzbank: EZB setzt auf volle Implementierung ihrer Anleihekäufe
Bei der EZB-Pressekonferenz machte Mario Draghi nochmals deutlich: Die EZB will ihre Anleihekäufe (p.m. 60 Mrd. Euro) voll umsetzen; auf dieser Grundannahme basieren auch ihre Prognosen zum Wirtschaftsausblick, die sie nahezu unverändert beibehielt. Ihre Inflationsprognose für 2015 hob sie von 0,0 auf 0,3% an, für 2016 rechnet sie aufgrund von Basiseffekten und einer regeren Binnennachfrage wie bislang mit einem Anstieg auf +1,5% und mit +1,8% für 2017. Mit der zuletzt wieder anziehenden Inflationsrate zeigte sie sich sehr zufrieden, wohl auch, weil die Kernrate, die die volatilen Nahrungsmittel- und Energiepreise ausklammert, im Mai auf 0,9% J/J stieg. Ein Ende der ultraexpansiven Geldpolitik ist noch lange nicht in Sicht.
Zinsen und Anleihen
Die Rentenmärkte standen im Zeichen der EZB Zinsentscheidung (siehe auch „Im Blickpunkt“), zahlreicher Konjunkturdaten sowie Nachrichten zum Thema Griechenland. Die Staatsanleiherenditen sind auch gestern massiv angestiegen. Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen verzeichnete den größten Tagessprung seit der Einführung des Euro und notierte in der Spitze bei 0,99%. Der Verhandlungsmarathon um Griechenlands Schulden geht weiter. Bisher gibt es wenig Konkretes, es zeichnet sich aber ab, dass Griechenland seine vier im Juni fälligen Kredite an den IWF gebündelt am Monatsende zahlen wird. Die Arbeitslosenquote hat sich im Euroraum für den Monat April leicht auf 11,1% verbessert (Vormonat 11,2%). In den USA gab es bei den Konjunkturdaten Licht und Schatten. So enttäuschte der ISM-Index für den Dienstleistungsbereich, der deutlich von 57,8 auf 55,7 sank. Das Handelsbilanzdefizit verringerte sich im April um über 10 Mrd. US-Dollar auf 41 Mrd. Im März betrug das Defizit noch knapp 51 Mrd., damals mussten wegen des Werftarbeiterstreiks im Januar und Februar aufgestaute Importe aufgeholt werden. Positiv ist auch der ADP-Beschäftigungsbericht zu werten: Im Mai wurden 201.000 neue Arbeitsplätze geschaffen (ggü. 169.000 im April). Die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe ist etwas stärker gefallen als erwartet. In der vergangenen Woche gingen sie um 8.000 auf 276.000 zurück. Im aussagekräftigeren Vierwochenschnitt stiegen die Erstanträge um 2.750 auf 274.750. Weitere Hinweise auf die Entwicklung des Arbeitsmarktes wird der Bericht des Arbeitsministeriums heute bringen.
Aktien
Hatten am Mittwoch noch gute Wirtschaftsdaten und die Bekräftigung der EZB, das Wertpapierkaufprogramm bis Herbst 2016 in vollem Umfang fortzuführen, zu einer Erholung an den europäischen Aktienmärkten geführt, so sorgten am Donnerstag das andauernde Tauziehen um Griechenland und der feste Euro erneut für Kursdruck. Dabei hatten die Kurse am feiertagsbedingt ruhigen Handelstag bis zum Nachmittag noch im Plus gelegen. Besonders der IWF, der für eine spätere erste Leitzinsanhebung durch die US-Notenbank plädierte, hatte für die positiven Momente gesorgt. Letztendlich konnten mit der Deutschen Telekom (+1,3%, erneute Spekulationen um einen Kaufinteressenten für T-Mobile US), der Deutschen Börse (+1%) und der Deutschen Bank (+0,2%) nur drei Werte aus dem deutschen Leitindex fester notieren. Stark unter Druck gerieten dagegen die beiden Versorger RWE (-2,9%) und E.ON (-2,8%), nachdem der Europäische Gerichtshof die milliardenschwere Atomsteuer für die deutschen Energiekonzerne als mit EU-Recht vereinbar erklärte. Im europäischen Branchentableau gab es ebenfalls fast nur Verlierer. Neben den Versorgern (-1,9%) gerieten vor allen die rohstoffabhängigen Branchen Grundstoffe (-2,4%) und Energie (-2,1%) unter Druck. Einzig Telekommunikation und Finanzdienstleister (je +0,1%) konnten sich vergleichsweise stabil halten. Auch an der Wall Street gaben die Kurse nach moderaten Vortagsgewinnen kräftig nach. Hier lagen alle Branchen deutlich im Minus, besonders belastet zeigten sich durch sinkende Rohstoffpreise ebenfalls der Grundstoffsektor (-1,3%) und Energie (-1,2%). Auch an den asiatischen Börsen setzt sich der latente Stimmungsverlust weiter fort. Mit diesen Überseevorgaben dürften die europäischen Märkte auch heute wieder schwächer eröffnen. Das Hauptaugenmerk wird den US-Arbeitsmarktdaten gelten.