Commerzbank: Das Wirtschaftsvertrauen in Europa mit schleppender Erholung
Das Wirtschaftsvertrauen in Europa blieb, gemessen am Economic Sentiment Index (ESI), mit 103,8 Punkten für den Monat Mai auf dem Niveau des Vormonats und mithin etwas über den Erwartungen von 103,5. Damit stabilisiert sich der leichte Aufwärtstrend, der Mitte letzten Jahres begonnen hat. Der Index für den Bereich Industrie, der 40% des ESI ausmacht, liegt zwar weiter im negativen Bereich, konnte sich aber verbessern. Im Vergleich zum deutschem ifo Geschäftsklimaindex verläuft die Entwicklung auf europäischer Ebene deutlich stetiger.
Zinsen und Anleihen
Das Dauerthema Griechenland beschäftigte auch gestern die Rentenmärkte – umso mehr, als die G7-Finanzminister bei ihrem Treffen in Dresden auf eine baldige Lösung drängten. Doch diese ist nicht in Sicht, zumal der griechischen Regierung weiterhin die Einsicht fehlt, dass sich im Land nicht nur ein unabweisbarer Reformbedarf aufgestaut hat, sondern es auch bei der Implementierung der bisherigen – freilich sehr bescheidenen – Ansätze mehr als hapert. In diesem Umfeld war die Sicherheit von Bundesanleihen gesucht; 10-jährige Bunds rentierten mit zeitweise 0,52% so niedrig wie zuletzt Anfang Mai. Die Risikoaufschläge für Peripherieanleihen zogen etwas an; seit ihrem Tiefstand von Mitte März sind sie bei italienischen und spanischen Staatstiteln im Zehnjahresbereich um insgesamt rund 40 Basispunkte gestiegen. Die in der Summe etwas besser als erwartete Wirtschaftsstimmung im Euroraum hatte kaum nennenswerten Einfluss auf das Marktgeschehen. In den USA hielt die freundliche Tendenz am Arbeitsmarkt an, auch wenn die wöchentlichen Erstanträge zur Arbeitslosenhilfe mit 282.000 etwas über dem Vorwochenniveau lagen. Der aussagefähigere 4-Wochendurchschnitt hat indes den tiefsten Stand seit über 40 Jahren erreicht. Dies spricht dafür, dass die monatlichen Arbeitsmarktdaten (kommenden Freitag) gleichfalls günstig ausfallen und damit die Leitzinsdebatte in den USA weitere Nahrung erhält. Heute im Blickpunkt: Die Geldmengen- und Kreditdaten im Euroraum sowie die BIP-Revision (1.Q.) in den USA. Der Markt rechnet mit einer Abwärtsrevision auf annualisiert -0,9%.
Aktien
An den europäischen Aktienmärkten stand gestern erneut die „Griechenlandthematik“ im Vordergrund. Und wieder einmal zeichnet sich ab, dass die Hoffnungen auf eine Einigung verfrüht waren. Die Verluste hielten sich allerdings in Grenzen. Der DAX und der französische CAC40 waren mit -0,8% bzw. -0,9% am stärksten unter Druck, während der britische FTSE100, u.a. dank steigender Pharmatitel (+0,7%) um 0,1% zulegen konnte. Ähnlich erging es dem Schweizer SMI (unv.). Hier stützten defensive Schwergewichte wie Roche (+0,6%) oder Nestle (+0,1%) den Index. Für Bewegung auf Einzeltitelebene sorgten einmal mehr Übernahmeaktivitäten. So sorgte die geplante Übernahme des US-Halbleiterproduzenten Broadcom auch bei den europäischen Pendants Infineon (+3,2%) und ASML (+1,4%) für Kursgewinne. So gehörte der IT-Sektor (+0,9%) zusammen mit den defensiven Nahrungsmittelproduzenten (+0,1%) zu den einzigen Branchen, die ein Kursplus ausweisen konnten. Autos (-0,7%) und Versicherungen (-1,2%) führten die Verlierer an. Der „FIFA-Korruptionsskandal“ drückte auch das Sentiment gegenüber dem FIFA-Sponsor Adidas (-1,5%). Die US-Märkte schlossen gestern nach einem ereignisarmen Handel leichter, aber über den Tagestiefs. Weder der Kursrutsch in China, noch die Nachrichtenlage beim Griechenlandthema, noch die schwächer ausgefallenen Makrodaten konnten dem Markt den Stempel aufdrücken. Für Bewegung sorgten dagegen erneut Übernahmeaktivitäten im IT und Pharmasektor. In Asien setzte der chinesische Markt seine gestrige Talfahrt zunächst mit einem zwischenzeitlichen Minus von über 4% fort, konnte sich dann aber erholen und notiert derzeit deutlich im Plus. Auch in Japan geht es heute wieder nach oben: Das elfte Tagesplus in Folge. U.a. steht Yahoo Japan (+12%) nach Berichten über eine Kooperation mit Alibaba im Fokus.