Weberbank: Frisches Zentralbankgeld – cui bono?
Auch in diesem Jahr sind es die Zentralbanker, die wieder einmal die Wirtschaftspresse dominieren. Wie mehrheitlich erwartet, hat die Europäische Zentralbank (EZB) ein breit angelegtes Anleihen-Kaufprogramm angekündigt. Mit dem Ziel, monatlich Papiere im Wert von 60 Milliarden Euro zu kaufen, wurde die im Vorfeld kursierende Zahl sogar noch übertroffen. Da das Programm ab März 2015 bis September 2016 laufen wird, ergibt sich ein angestrebtes Kaufvolumen von über 1,1 Billionen Euro, welches gemäß dem Anteil der Staaten an der EZB erfolgen soll. Somit werden im großen Umfang zum Beispiel auch deutsche Staatsanleihen gekauft. Auf dem Einkaufszettel der EZB stehen Anleihen mit einer Laufzeit von bis zu 30 Jahren, aber auch kurzlaufende Anleihen mit einer negativen Rendite. Zusätzlich hat die EZB die Attraktivität der sogenannten TLTROs erhöht, indem sie den Zinssatz für diese langfristigen Refinanzierungsgeschäfte gesenkt hat. Der Aufkauf von Staatsanleihen ist nicht nur aus rechtlichen Gründen umstritten. Es ist nämlich völlig unklar, ob die Milliarden an frischem Zentralbankgeld auch im Wirtschaftskreislauf ankommen. Letztlich müssen die Geschäftsbanken die Geldspritze über Kredite in die Privatwirtschaft weiterreichen. Doch auch die EZB kann nur die Möglichkeiten schaffen, zwingen kann sie keinen. In Anlehnung an den Ökonomen John Maynard Keynes kommt uns an dieser Stelle folgende Weisheit in Erinnerung: „Man kann die Pferde zur Tränke führen, saufen müssen sie selber“. Die Schweizer Nationalbank (SNB) lieferte eine Woche zuvor die größere Überraschung. Der Franken-Mindestkurs von 1,20 Franken pro Euro, seit 2011 von den Eidgenossen tapfer verteidigt und jüngst erst bekräftigt, wurde völlig überraschend aufgegeben. Im Klartext heißt das, dass die SNB keine Schweizer Franken mehr druckt, um damit ausländische Wertpapiere zu kaufen. Der Druck wurde – im Hinblick auf das Staatsanleihen-Kaufprogramm der EZB – offensichtlich einfach zu hoch. Die Geldschwemme der EZB wird, so die Befürchtungen der Schweizer, dazu führen, dass Gelder zu einem erheblichen Teil in die Alpenrepublik fließen werden. Der Aufwertungsdruck für den Franken wäre dann massiv, und die Deviseninterventionen der SNB müssten in nie dagewesene Dimensionen aufsteigen. Der Preis für die plötzliche Kehrtwende ist die Glaubwürdigkeit, ein Gut, dessen Wert für eine Notenbank nicht hoch genug angesetzt werden kann. Auf der anderen Seite kann sich die SNB nun wieder auf ihre Kernaufgabe konzentrieren,
nämlich Preisstabilität zu gewährleisten.
Aktien: Schwacher Euro und billiges Öl geben Rückenwind
Die Aktienmärkte werden noch einige Tage unter dem Eindruck der EZB-Entscheidung stehen, ehe fundamentale Daten wie die Gewinnsituation und Bewertungen in den Vordergrund rücken. Wir erwarten, dass in der anstehenden Berichtssaison die Unternehmen ein klareres Bild ihrer Erwartungen für 2015 zeichnen werden als zuletzt. In diesem Zusammenhang dürfte der Ölpreis eine wichtige Rolle spielen. Das günstige Öl sollte viele Unternehmen, aber auch die Verbraucher entlasten. Zusätzlicher Rückenwind kommt für alle europäischen Exporteure vom schwachen Euro, der die Produkte günstiger macht und die internationale Wettbewerbsfähigkeit erhöht. Die Chancen stehen also gut für positive Ausblicke und steigende Aktienkurse insbesondere in Europa. Für die schweizerischen Unternehmen, die ihre Güter und Dienstleistungen überwiegend ins Ausland liefern, ist ein starker Franken mehrheitlich nachteilig. Daher wird sich die Gewinnsituation der Unternehmen, die besonders viel exportieren, verschlechtern. Die Aktienkurse fallen entsprechend dieser Erwartung. Aus der Euro-Perspektive betrachtet können wir Stand heute allerdings konstatieren, dass die Franken-Aufwertung die Kursverluste aufhebt. Die meisten schweizerischen Aktien sowie der dortige Leitindex SMI notieren seit Jahresanfang in Euro umgerechnet komfortabel im Plus.
Renditen schrumpfen zusammen
Die Rentenmärkte sind bereits seit längerem von der Erwartung eines quantitativen Programms der EZB beeinflusst und werden es vermutlich vorerst bleiben. Risikoprämien sind so sehr zusammengeschrumpft, dass sich Anlagen wie Pfandbriefe kaum noch lohnen. Staatsanleihen haben hingegen zum wiederholten Mal bewiesen, dass bei Null eben doch noch nicht Schluss ist. Mittlerweile dürfen sich sogar Käufer von vierjährigen Bunds über eine negative Rendite ärgern. Die Renditen könnten nach der Wahl in Griechenland aber wieder steigen, sollten die europakritischen Kräfte gewinnen. Unsere Strategie ist, kürzer laufende festverzinsliche Anleihen sukzessive durch variabel verzinsliche zu ersetzen. Diese weisen kein Zinsänderungsrisiko auf und können daher gut mit länger laufenden Anleihen kombiniert werden, die eine noch auskömmliche Rendite und sogar Kurspotential bieten.