Commerzbank: Fed rückt der Leitzinswende behutsam näher
Die Fed ist bei ihrer gestrigen FOMC-Sitzung sehr behutsam näher an eine Leitzinswende herangerückt. In der Pressemitteilung hieß es, die Unterauslastung der Kapazitäten habe sich weiter verringert, die Verhältnisse am Arbeitsmarkt hätten sich weiter verbessert – in Form solider Stellenzuwächse und einer sinkenden Arbeitslosenquote. Die Preissteigerungsrate tendiere zwar unterhalb des langfristigen Ziels der Fed, was zum Teil an den gesunkenen Energiepreisen liege. Die Fed betrachtet dies aber als ein vorübergehendes Phänomen, den gesunkenen Ölpreis sieht sie unter dem Strich als zusätzlichen Stimulus für die Konjunktur. Sie erwartet eine weitere Besserung am Arbeitsmarkt und betrachtet das Risiko für den Konjunktur- und Arbeitsmarktausblick als nahezu ausgewogen. In diesem Umfeld könne die Fed „geduldig“ an die Normalisierung des Leitzinses herangehen. Dies war eine neue Formulierung, doch machte sie im selben Atemzug deutlich, dass diese in Einklang mit der zuvor benutzten stehe, wo es bislang geheißen hatte, dass die Leitzinsen nach Beendigung der Anleihekäufe (die Fed hat diese Ende Oktober eingestellt) noch für „beträchtliche Zeit“ unverändert bleiben sollen. Dass die Neuformulierung keine geänderte Politikabsicht widerspiegelt, unterstrich Fed-Chefin Yellen nochmals in der Pressekonferenz. Doch sei auch klar: Wirtschaft und Beschäftigung hätten sich mittlerweile weiter in die gewünschte Richtung bewegt, weshalb diese Modifizierung angebracht sei. Das weitere Vorgehen hänge stark von der Datenentwicklung ab. Bei den nächsten „paar“ Sitzungen werde aber der Leitzins wohl noch nicht angehoben, womit – auf Nachfrage – mindestens „zwei“ gemeint sind. Unter dem Strich heißt das: Wir sehen uns in unserer Erwartung bestätigt, dass die Leitzinswende Mitte 2015 beginnt.
Zinsen und Anleihen
Erstklassige europäische Renten tendierten gestern sehr freundlich, insbesondere nach den Inflationsdaten aus den USA am Nachmittag. Die Rendite 10-jähriger Bundesanleihen sank auf unter 0,58%, der Bund-Future überschritt abermals die Marke von 155%. Gestern veröffentlichte die Bundesregierung den Emissionskalender für 2015. Die Bundesregierung plant erstmals seit 1969 einen ausgeglichenen Haushalt. Dafür beabsichtigt sie, Bundeswertpapiere im Volumen von 185,5 Mrd. EUR zu begeben, 15,5 Mrd. EUR weniger als in diesem Jahr. Das Portfolio soll mit der erstmaligen Begebung einer 30-jährigen inflationsindexierten Bundesanleihe bereichert werden. Gestern beriet der EU-Gipfel über die Wirtschaftskrise in Russland. Niemand habe ein Interesse daran, Russland in eine tiefe Depression zu stürzen, hieß es. Der Kurs soll neu abgesteckt werden. Beschlüsse werden aber erst in 2015 erwartet. Auch der Wachstumsplan von Jean-Claude Juncker stand auf der Tagesordnung. Die Inflationsdaten aus den USA fielen überraschend aus. So sanken die US-Verbraucherpreise im November um 0,3% M/M stärker als erwartet (-0,1% M/M). Dadurch fiel die jährliche Inflationsrate deutlich von 1,7 auf 1,3% J/J. Verantwortlich dafür war der Energiepreisrückgang um 3,8% M/M, angeführt von Benzin, dessen Preis im November um 6,6% M/M zurückging. Die Preise für Bekleidung erzielten den stärksten Preisrückgang seit 16 Jahren, die für Gebrauchtwagen den stärksten seit September 2012. Die Renditen in den USA stiegen gestern im Vorfeld und nach der Sitzung der US-Notenbank (Fed) deutlich an. Wie erwartet hat die Fed ihre Kommunikation geändert (siehe im Blickpunkt).
Aktien
Die europäischen Aktienmärkte tendierten zur Wochenmitte uneinheitlich. Die Leitindizes schwankten zwischen einem Plus von 0,5% (Frankreich) und einem Minus von 0,5% (Italien). Im Mittelpunkt des Interesses stand nach wie vor die Krise in Russland. Für eine gewisse Erleichterung sorgte in der zweiten Handelshälfte eine kräftige Erholung des Rubels sowie des RTS-Index (+14,2%). Verantwortlich hierfür zeichneten Meldungen, wonach die russische Zentralbank mit weiteren Interventionen in den Devisenmarkt versuchen wolle, die Heimatwährung zu stützen. Zudem kündigte die Notenbank an, Maßnahmen zur Stabilisierung des Banksystems zu implementieren. Die Aktie der Sberbank stieg gestern in Euro gerechnet in der Spitze um fast 40%. In diesem hoch nervösen Umfeld verlor der Dax rd. 0,2%. Tagesverlierer im deutschen Leitindex war die Aktie der Deutschen Lufthansa (-2,8%), die damit mehr als die Hälfte der gestrigen Kursgewinne wieder abgab. Die Notierung von Adidas (+1%) profitierte nach dem zuletzt starken Kursverfall von den Nachrichten aus Russland. Auf europäischer Sektorebene standen gestern v.a. Aktien aus den Branchen Öl & Gas sowie Rohstoffe im Fokus, die im Durchschnitt um 3,3% bzw. um 2% stiegen. Am Ende der Performancerangliste rangierten Titel aus dem Sektor Banken (-0,6%). Die Börsen in den USA tendierten nach der Pressekonferenz der US-Notenbank und der Beruhigung an der Ölpreisfront fester. Die Aussicht auf vorerst weiterhin sehr niedrige Leitzinsen verhalf dem Dow Jones-Index zu einem Plus von 1,7%. Auf Sektorebene erlebten Energiewerte eine sehr starke Nachfrage (+4,2%). Selbst der schwächste Sektor (Industrie) legte noch um 0,9% zu. Die Börsen in Asien tendierten überwiegend freundlich. Infolge des schwächeren Yen gewann der Nikkei 225 rd. 2,3%. Der Schanghai A-Index gab ganz leicht nach.