Commerzbank: Global disinflationärer Trend sorgt für zunehmende Spannungen
Die Inflationserwartungen im Euroraum haben das Finanzkrisenniveau erreicht und in den USA fallen sie rasch - trotz scheinbar robusten Wachstums. Auch China und Japan sind in einem disinflationären Trend gefangen. Der Ölpreisrückgang spielt dabei sicherlich eine Rolle, weswegen man auch von einem „guten“ disinflationären Trend sprechen könnte. Aber der Ölpreisrückgang ist nicht nur angebotsbedingt, sondern erfolgt auch wegen der globalen disinflationären Nachfragelücke, die nicht zuletzt durch die Schuldenberge und Sparzwänge entstanden ist. Der disinflationäre Trend und der feste USD aufgrund einer Ausweitung der realen Zinsspreads sorgen nun für zunehmende Spannungen an den Devisen- und Zinsmärkten.
Zinsen und Anleihen
Viele Marktteilnehmer sehen in den sinkenden Ölpreisen eine Gefahr für die Weltwirtschaft. Während diese Sorgen gestern an den Aktienmärkten trotz guter US-Daten zu Kursverlusten führten, blieben die Kurse am Rentenmarkt gut unterstützt. Die Industrieunternehmen in den USA weiteten ihre Produktion im November überraschend kräftig aus. Insgesamt betrug der Zuwachs real 1,3% zum Vormonat. Zudem wurden die Vormonatsdaten leicht nach oben korrigiert. Die Kapazitätsauslastung kletterte auf über 80% – im letzten Zyklus erreichten die Unternehmen diese Auslastung Ende 2004. Damals hatte die US-Notenbank vorher den Leitzins bereits fünf Mal erhöht, dennoch muss sich die Fed heute den Vorwurf gefallen lassen, dass sie 2004/2005 zu später reagiert hat. Vor diesem Hintergrund dürfe sie am Mittwoch ihr Versprechen, dass die Zinsen für einen beträchtlichen Zeitraum niedrig bleiben werden, einkassieren. Eine Enttäuschung war dagegen der Einkaufsmanagerindex für den Raum New York, der unter die Null-Linie fiel und damit eine Kontraktion anzeigt. Der Index ist aber bekanntlich schwankungsanfällig. Erst wenn auch andere regionale Indizes einen markanten Rückgang aufzeigen würden, wäre dies eine Indikation für einen schwächeren ISM-Index. Auch der NAHB-Index fiel leicht schwächer als erwartet aus. Angesichts solider Umsatzsteigerungen bei den Baumärkten dürfte die Erholung der Baukonjunktur aber weiter intakt sein. Aus Japan lieferte gestern Morgen die Tankan-Umfrage eben-falls ein gemischtes Bild: Die Dienstleister sehen sich im Aufwind und die Investitionspläne fielen besser als erwartet aus. Viele Industrieunternehmen blicken aber weniger optimistisch in die Zukunft als vor drei Monaten.
Aktien
Zur Börseneröffnung hatte es noch so ausgesehen, als könnten sich die europäischen Aktienmärkte von den herben Kursverlusten aus dem Freitagshandel erholen. Diese Stimmung hielt allerdings nicht lange vor. Spätestens mit der Eröffnung der Wall Street kamen wieder die alten Sorgen auf das Tableau. Die unerwartet starke Industrieproduktion in den USA zeichnete zusammen mit den jüngsten Daten aus dem Einzelhandel ein sehr positives Bild der US-Wirtschaft, was im Umkehrschluss die Ängste vor einer unerwartet raschen Leitzinswende durch die US-Notenbank wieder intensivierte. So rauschten die Kurse nach einem morgendlichen Erholungsversuch auf breiter Front in den Keller. Am stärksten traf es im Dax 30 die Aktien von RWE (-4,7%), die damit ihre ebenfalls starken Kursverluste vom Freitag, als das Management eine Änderung der bisherigen Dividendenpolitik an-gekündigt hatte, noch ausweitete. Doch auch die Titel von Commerzbank (-4,1%) und E.ON (-4%) notierten deutlich schwächer. Im EUROSTOXX 50 gaben alle Branchen merklich nach. Einzig Medien (-1,4%) und Nahrungsmittel (-1,5%) konnten die Verluste in Grenzen halten. Am stärksten unter Druck geriet erneut das Energiesegment (-3,6%). Die US-amerikanischen Indizes konnten sich im Vergleich klar besser präsentieren. Hier gab es mit Boeing (+1,1%) sogar einen Titel mit spürbaren Kursgewinnen. Exxon (+0,4%) konnte sich leicht von den Kursverlusten der letzen Wochen erholen. Auch hier bewegten sich bis auf den Telekommunikationssektor (unv.) alle Branchen im Minus, doch lagen die Verluste einheitlich unter einem Prozent. In Asien zeigt sich auch heute Morgen das altbekannte Bild: Während die meisten Märkte nachgeben, tendiert die Festlandbörse in China nach schwachen PMI-Daten fester. Die europäischen Börsen dürften nach den schweren Verlusten etwas fester eröffnen.