Commerzbank: EZB hält Phantasie auf Staatsanleihekäufe aufrecht, zielt auf noch schwächeren Euro
Die EZB hat bei Ihrer gestrigen Ratssitzung erwartungsgemäß keine neuen Entscheidungen getroffen, doch erläuterte Mario Draghi die jüngsten Maßnahmen näher und fasste die weiteren Pläne deutlicher. Nachdem die EZB im Oktober mit dem Kauf „gedeckter“ Anleihen (etwa Pfandbriefen) begonnen hat, will sie demnächst ihr Kaufprogramm für forderungsbesicherte Wertpapiere (hinter denen z.B. Kfz-Finanzierungen stehen können) beginnen. Beide Programme sollen zumindest zwei Jahre lang laufen. Zusammen mit den zweckgebundenen Langfristtendern, die sie bis Juni 2016 anbieten will, verspricht sich die EZB eine beträchtliche Ausweitung ihrer Bilanzsumme auf die Größenordnung ihres Höchststandes von Anfang 2012. Dies soll die Transmission der Geldpolitik verbessern und die Kreditvergabebedingungen auflockern helfen. Zudem behält sich die EZB weitere Maßnahmen vor, falls die Inflation zu lange auf unerwünscht niedrigem Niveau verharren sollte. Darin sei man sich im Rat einig und habe die entsprechenden Stellen im EZB-System beauftragt, Vorbereitungen zu treffen, um gegebenenfalls schnell handeln zu können. Dies alles spielt sich vor dem Hintergrund ab, dass die EZB dabei ist, ihre Wachstums- und Inflationsprojektion (harte Daten dazu gibt es im Dezember) nach unten zu revidieren. Insoweit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die EZB schließlich doch zu Staatsanleihekäufen schreitet; denn ohne diese ist eine Ausdehnung der Bilanz auf ihr altes Hoch kaum realisierbar. Doch machte der EZB-Chef auch deutlich: Nicht minder wich-tig ist ihm, dass die EZB weiterhin in Richtung Lockerung tendiert, während andere große Industrieländer (sprich: USA) bald in die entgegengesetzte Richtung gehen. Diese Divergenz dürfte sich in einer zwar unausgesprochenen, aber höchst willkommenen Abwertung des EUR gegenüber dem USD widerspiegeln – was eine zusätzliche Lockerung bedeutet.
Zinsen und Anleihen
Die Europäische Zentralbank steuert auf breit angelegte Wertpapierkäufe nach dem Vorbild der US-Notenbank zu. Die Finanzmärkte zeigen sich davon jedoch unbeeindruckt, sie haben diesen Schritt offenbar bereits weitgehend eingepreist (vgl. „Im Blickpunkt“). Die Kurse deutscher Bundesanleihen tendierten gestern jedenfalls seitwärts. Die schwachen Konjunkturdaten auch aus Deutschland spielen dem EZB-Präsidenten, Mario Draghi, dabei in die Hände. Zwar gibt es Bedenken gegen eine noch expansivere Geldpolitik, doch für die geldpolitischen Falken gibt es derzeit keine Mehrheit im EZB-Rat. Nach dem kräftigen Rückgang im August haben sich die Auftragseingänge in der deutschen Industrie zwar nicht so stark wie erhofft erholt, angesichts der Aufwärtsrevision des Vormonats (-4,2% statt -5,7% ggü. Vormonat) ist das für sich genommen keine Enttäuschung. Bedenklich ist aber, dass vor allem die Bestellungen aus dem Inland deutlich nachgelassen haben. Trotz der niedrigen Zinsen halten sich die Unternehmen somit weiter mit Investitionen zurück. Etwas besser fielen die deutschen Daten heute Morgen aus. Die Exporte haben sich nach dem schwachen August unerwartet kräftig erholt (+5,5% ggü. Vormonat). Die Produktion zog ebenfalls an – wie bei den Bestellungen wurden hier die Augustdaten deutlich nach oben revidiert. Für den heute zu veröffentlichenden US-Arbeitsmarktbericht erwarten die Analysten einen soliden Zuwachs von deutlich über 200.000 Stellen. Die Hinweise im Vorfeld waren allesamt positiv – auch die gestern gemeldeten Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe von nur 278.000.
Aktien
An den europäischen Aktienmärkten ging es bis zur EZB-Pressekonferenz umsatzmäßig recht ruhig zu. Mit Mario Draghi kam dann mehr Bewegung in den Handel. So schürte er die Hoffnung auf breit angelegte Anleihekäufe und sorgte für schnell anziehende Kurse. Allerdings währte die Freude nur kurz und die Indizes schlossen zum Handelsschluss zwar höher, aber klar unter den Tageshochs. Dafür, dass am Markt eine positive Grundstimmung herrschte, sorgte die Berichtssaison. So wurden gute Zahlen auch honoriert. Beiersdorf (+6,3%), Commerzbank (+1,3%), HeidelbergCement (+5,3) und adidas (+4%) standen am deutschen Markt nach über den Erwartungen liegenden Zahlen im Fokus. Dagegen konnten Munich Re (-0,9%) und Lanxess (-7%) nicht überzeugen. Auf Branchenebene (Stoxx) ging es für Telekommunikation (-0,6%) und Banken (-0,5%) am stärksten abwärts. Bei Letzteren blieben Crédit Agricole (-5,8%) und Société Générale (-2,5%) mit den Quartalszahlen hinter den Erwartungen zurück. Gefragt waren IT-Werte und Einzelhändler (je +1,4%). Bei den Retailern ging es insbesondere bei britischen Titeln wie z.B. Tesco (+3,3%), Sainsbury (+6%) oder Morrison (+6,2%) stark aufwärts. An den US-Märkten verzeichneten die Indizes neue historische Rekordhochs. Zwar rutschten die Kurse anfangs noch kurz ins Minus, danach sorgten aber neben den Aussagen Draghis auch gute US-Konjunkturdaten für neue Käufe. Entsprechend waren zyklische Sektoren gefragt, während defensive Branchen relative Schwäche zeigten. In Asien setzte der japanische Markt seinen Aufwärtstrend nach kurzer Pause wieder fort. Der Yen schwächelt weiter. Die restlichen Märkte notieren uneinheitlich.