Nord LB: US-Industrieproduktion - Starke Zahlen – die Märkte reagieren aber kaum!
Soeben wurden Zahlen zur Entwicklung der US-Industrieproduktion gemeldet. Im Berichtsmonat September zog die Gesamtrate mehr als doppelt so stark wie erwartet um 1,0% M/M an. Die Produktion allein im verarbeitenden Sektor (ohne Kraftwerke und Bergbau) stieg um 0,5% M/M. Beide Vormonatszahlen wurden nur marginal um 0,1 Prozentpunkte nach unten korrigiert. Die Produktionszahlen im September sind damit deutlich besser als erwartet ausgefallen.
Die Kapazitätsauslastung legte entsprechend auf 79,3% zu. Die mittelfristig zu beobachtende Tendenz hin zu der Marke von 80%, die Anfang 2008 vor der Great Recession erreicht worden war, wurde damit wieder aufgenommen. Auch das ist eine erfreuliche Entwicklung.
Ein Grund für den massiven Anstieg in der Gesamtrate ist das Plus beim Kraftwerksoutput (+3,9%). Aber auch die Produktion im verarbeitenden Sektor (also exklusive Kraftwerksoutput und Bergbau) kann sich mit einem Anstieg von 0,5% M/M sehen lassen. Dies gilt umso mehr, wenn berücksichtigt wird, dass ohne dem Minus beim Automobilabsatz (-1,4% M/M – bedingt durch Fabrikumbauten im Sommer) eine noch höhere Rate von 0,6% M/M zustande gekommen wäre.
Während Computer und Elektronik erneut deutlich zulegen konnten (+0,8% M/M), wies der Maschinenbau ein marginales Minus auf (-0,1% M/M) – allerdings nach einem deutlichen Plus von 1,1% M/M im August.
Zulegen konnten ebenfalls die Ausrüstungsinvestitionen (+0,3% M/M), die in den Vormonaten noch leicht nachgaben (-0,2% M/M) bzw. deutlich anzogen (+1,2% M/M). In diesem konjunktursensitiven Bereich kann unter Betrachtung des weniger volatilen Dreimonatsdurchschnitts damit von einer ordentlichen Tendenz für das III. Quartal 2014 gesprochen werden.
Nach der gestrigen Enttäuschung bei den US-Einzelhandelsumsätzen und dem New Yorker Empire State Survey bilden die heutigen Zahlen zur Industrieproduktion und den wöchentlichen Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe (14-Jahrestief bei 264.000) ein viel optimistischeres Bild der US-Konjunktur. Sie ist offenbar weiterhin von einem soliden Wachstum geprägt – in Zeiten einer globalen Wachstumsschwäche und allen Unkenrufen zum Trotz.
Die heutigen Zahlen sollten eigentlich eine Aufwertung des US-Dollar und einen Anstieg der langen Zinsen bewirken. Die offenbar vorherrschende selektive Wahrnehmung der Marktteilnehmer – nur Negativmeldungen werden aufgenommen, Positivmeldungen ignoriert – verhindert aber dies gerade.
Fazit:
Die Industrieproduktion in den USA legte im September um beachtliche 1,0% M/M zu, was deutlich über den Erwartungen lag. Angesichts dieser sehr starken Zahlen (und der ebenfalls begannt gegebenen gefallenen Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe) verwundert es doch, dass die Kapitalmärkte heute nicht so auf die positiven Überraschungen reagieren wie sie gestern noch panikartig auf die (leicht) negativen Überraschungen von den US-Einzelhandelsumsätzen reagierten. Offenbar ist die Lage der US-Konjunktur viel besser als so manche Kassandras uns derzeit erklären. Nur: Wenn sich erstmal genügend Unsicherheit auf den Finanzmärkten ausbreitet, dann kann das mittelfristig betrachtet durchaus auch die Realwirtschaft beeinträchtigen. Und genau darin liegt derzeit das konjunkturelle Risiko der USA!