Commerzbank: Bricht jetzt der US-Konsum ein?
Die Einzelhandelsumsätze sind nach dem kräftigen Anstieg im August im September stärker als allgemein erwartet zurückgegangen. Eine nachhaltige Konsumschwäche erwarten wir aber angesichts steigender Beschäftigung nicht. Die Einzelhändler und Gastronomen setzten im September 0,3% weniger Waren und Dienstleistungen um als im Vormonat. Insgesamt betraf der Rückgang fast alle Bereiche, es gab allerdings auch einige Sondereffekte. So gingen die Umsätze an den Tankstellen (-0,8%) vor allem wegen niedrigerer Benzinpreise zurück. Die jüngste Delle in der Baukonjunktur sorgte für geringere Umsätze in den Baumärkten (-1,1%) und die Autohändler konnten im September ihre hohen Absatzzahlen vom Vormonat nicht halten (-0,8%). Ein Lichtblick waren die Verkäufe von elektronischen Artikeln, die um 3,4% zulegen konnten. Wer den Zuwachs mit dem Verkaufsstart des iPhone 6 in Verbindung bringt, dürfte nicht ganz falsch liegen. Wir sehen in den Daten vor allem eine Korrektur zu dem kräftigen Anstieg im August (+0,6%). Für das Bruttoinlandsprodukt bedeuten die Daten, dass der private Verbrauch im dritten Quartal annualisiert um etwa 2% zugelegt haben dürfte. Geringere Energiekosten, steigende Einkommen und wachsende Beschäftigung sprechen gegen eine nachhaltige Konsumschwäche. Gemessen an den Einkaufmanagerindizes hat die Erholung die Gangart gewechselt: Vom Galopp zum Trab. Dies bestätigte gestern der Rückgang des Empire State Index (6,17 Punkte nach 27,54 im September). Umgerechnet könnte damit der ISM-Index weiter Richtung 54 Punkte fallen – was im Einklang zu Wachstumsraten zwischen 2,5% und 3% stehen würde und einen weiteren Rückgang der Unterbeschäftigung erwarten lässt.
Zinsen und Anleihen
Im Umfeld weiterer Konjunktursorgen gingen die Renditen erstklassiger Staatsanleihen gestern stark zurück. Die Abwärtsbewegungen gestalteten sich sehr heftig, teilweise panikartig. So fiel die Rendite 10-jähriger Bundesanleihen kurz-zeitig auf 0,72% und schloss bei 0,76%. Die Rendite 10-jähriger Treasuries rutsche zeitweise unter die 2%-Marke, schloss mit 2,14% aber deutlich höher. Die Renditen der Euro-Peripherie stiegen dagegen merklich an. Grund für die sehr turbulente Entwicklung sind die allgemeinen Wachstumssorgen. Sukzessive werden die Konjunkturerwartungen nach unten geschraubt. Gerade deshalb fielen gestern die schwächer als erwarteten US-Einzelhandelsumsätze (siehe Im Blickpunkt) auf nahrhaften Boden und lösten die kräftigen Kursbewegungen aus. Die Einzelhandelsumsätze fielen im September stärker als erwartet; auch die Umsätze bereinigt um die volatilen Auto-, Tankstellen- und Baumaterialumsätze gingen überraschend zurück. Damit wurden die Erwartungen für den Beginn des Leitzinserhöhungsreigens der US-Notenbank weiter nach hinten verschoben. Mittlerweile rechnen viele gar nicht mehr mit einer Zinserhöhung im nächsten Jahr. Dazu kam, dass der erste regionale US-Frühindikator für die Region New York von 27,5 auf 6,2 Punkte regelrecht einbrach. Nach den Daten schwächte sich der US-Dollar merklich ab. Der EUR wertete ggü. dem USD um 1,5 Cent auf über 1,28 USD auf. Neue Indikationen über den US-Konjunkturverlauf geben heute die US-Industrieproduktion sowie der NAHB-Index, der die Stimmung am US-Immobilienmarkt widerspiegelt.
Aktien
Nach einem leicht positiven Start in den Handelstag rutschten die europäischen Aktienmärkte gestern Vormittag relativ schnell ins negative Terrain ab. Nach Veröffentlichung von überraschend schwachen US-Makrodaten (u.a. Empire State- Index, Einzelhandelsumsätze) nahm der Druck auf die Börsen kräftig zu. Die Nervosität der Anleger ist deutlich spürbar, die Angst vor einem weiteren Abrutschen der Konjunktur ist groß. In diesem Umfeld werden vor allem konjunktursensitive Aktien verkauft. Die europäischen Leitindizes büßten gestern daher um bis zu 4,4% (Italien) ein. Der Dax sank um 2,9%. Tagesverlierer im deutschen Leitindex war die Aktie von ThyssenKrupp (-5%). Die Notierung der Dt. Lufthansa (-1,3%) hielt sich nach dem jüngsten Kursrutsch vor dem Hintergrund des deutlich gesunkenen Ölpreises vergleichsweise gut. Auf europäischer Sektorebene notierten alle Bereiche im Minus. Am besten schlug sich noch der Bereich Haushaltsgüter (-1,6%). Am Ende der Performancerangliste fanden sich die Sektoren Pharma (-3,9%) und Banken (-4,2%). Pharma wurde v.a. durch negative Fusionsmeldungen aus Großbritannien belastet. Die Börsen in den USA tendierten nach den enttäuschenden heimischen Makrodaten ebenfalls schwächer. Der Dow Jones-Index, der zwischenzeitlich um fast 3% nachgegeben hatte, büßte am Ende 1,1% ein. Der Kurs der Bank of America sank um 4,6%; hier sorgte eine Rekordstrafe für den Verkauf von faulen Hypothekenpapieren für Gegenwind. Intel verlor nach Bekanntgabe von Zahlen 2,7%. Auf Sektorebene (S&P 500) wurden insbesondere Titel aus den Bereichen Versorger (-1,3%) und Finanzen (-2%) verkauft (Rohstoffe: +0,6%). Die Börsen in Asien tendierten überwiegend schwächer. Der Nikkei 225 verlor 2,2%; der Yen wertete leicht ab.