Paion: Exklusiv – CEO Söhngen spricht Klartext
Um mehr als 40 Prozent ist die Aktie von Paion am Freitag abgestürzt. Grund war eine Nachricht aus Japan, dass der Partner Ono einen Zulassungsantrag für Remimazolam nicht wie erhofft zeitnah stellen wird. Marktteilnehmer haben in diese Meldung viel hineingelesen und sich geradezu schocken lassen. Paion-Vorstandschef Wolfgang Söhngen nimmt im Exklusivinterview mit www.4investors.de dazu Stellung. Seine Ausführungen sind dabei sehr deutlich: Es gebe bei Remimazolam „keine Notwendigkeit, von einem Zulassungsantrag abzusehen“.
www.4investors.de: Die Börse hat ihre Adhoc-Meldung zum Narkosemittelkandidaten Remimazolam vom Freitag mit einer Verkaufswelle quittiert. Sind sie überrascht über die hohen Verluste, die Paions Aktienkurs hinnehmen musste?
Söhngen: Ganz klar ja, insbesondere aufgrund der Tatsache, dass es aus unserer Sicht keinen Grund gibt, der gegen einen Zulassungsantrag sprechen würde. Das laufende Entwicklungsprogramm von Paion in der Vollnarkose in Europa und der Kurznarkose in den USA ist hiervon nicht betroffen.
www.4investors.de: Die Verzögerungen beim Zulassungsantrag in Japan resultieren aus den Auffälligkeiten bei den Plasmaspiegeln einzelner Patienten, die an einer Studie der Phase 2 zum Einsatz von Remimazolam in der Intensivmedizin teilgenommen haben. Welche gesundheitlichen Risiken kann der erhöhte Plasmaspiegel für den Patienten haben?
Söhngen: Bei fünf Patienten, die an einer 2013 gestoppten Studie teilnahmen, waren erhöhte Plasmaspiegel aufgetreten, ohne dass Nebenwirkungen aufkamen. Da es sich um eine Dosisfindungsstudie handelte, hat dies keine klinische Relevanz, da sie beherrschbar sind (Dosisreduktion). Es ist weiterhin geplant, bei zukünftigen Studien in der Indikation deutlich niedriger zu dosieren. Da immer „zum Effekt titiriert“ wird, sollte es in Zukunft ohnehin keine derartigen Phänomene geben.
Paion – Remimazolam: „...einzige logische Entscheidung die Stellung des Zulassungsantrags“
www.4investors.de: In der Adhoc-Meldung vom Freitag kann man zwischen den Zeilen herauslesen, dass sich Ono Pharma auch dazu entscheiden könnte, den Zulassungsantrag für Remimazolam im Bereich Anästhesie gar nicht erst zu stellen. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass es zu keinem Antrag kommt und wie würde Paion in dem Fall weiter verfahren?Söhngen: Wir warten die Entscheidung von Ono im November ab, aber aus unserer Sicht wäre die einzige logische Entscheidung die Stellung des Zulassungsantrags.
www.4investors.de: In anderen Studien, auch in der abgeschlossenen Anästhesiestudie, wurden diese Besonderheiten nicht beobachtet. Einige Börsianer scheinen dennoch zu befürchten, dass nun das gesamte Projekt Remimazolam zum Scheitern verurteilt ist. Wie sehr gefährden die Auffälligkeiten beim Plasmaspiegel ihre Entwicklungsarbeiten im Bereich Intensivmedizin, aber vor allem auch in anderen Indikationen?
Söhngen: Aus unserer Sicht wird es keinen Einfluss auf die Leitindikationen Kurznarkose und Anästhesie haben, da wie sie richtig beschrieben haben, es in diesen Studie bisher nicht zu Auffälligkeiten gekommen ist. Ebenso sollte durch eine Dosisanpassung für eventuell zukünftige Studien in der Sedierung auf der Intensivstation sich das damals aufgetretene Phänomen nicht wiederholen.
www.4investors.de: Der Einsatz vom Remimazolam für eine einmalige Sedierung unterscheidet sich doch erheblich vom Einsatz auf der Intensivstation. Warum ist Ono dennoch so zurückhaltend, was den Anästhesie-Zulassungsantrag angeht? Agiert ihr japanischer Partner hier zu vorsichtig, oder wo stecken die Risiken und Zusammenhänge zu den anderen Indikationsgebieten?
Söhngen: Vorsicht ist immer ein guter Ratgeber, aber aus unserer Sicht gibt es bei der guten Datenlage keine Notwendigkeit, von einem Zulassungsantrag abzusehen, da das bisher gezeigte Profil in keiner der Indikationen Anlass zur Sorge bereitet. In der von uns durchgeführten Anästhesiestudie wurde ja ein sehr gutes Sicherheitsprofil gezeigt und die erhobenen PK-Daten zeigten keine Auffälligkeiten.
Paion – Söhngen zu Remimazolam: „Partner teilen unsere Einschätzung“
www.4investors.de: Die Plasmaspiegel-Auffälligkeiten sind ja keine Neuigkeiten und bereits seit geraumer Zeit bekannt. Wie haben eigentlich ihre in der vergangenen Zeit hinzu gekommenen anderen Vertriebs- und Entwicklungspartner auf diese Auffälligkeiten reagiert?Söhngen: Wie sie richtig beschreiben, war diese Tatsache schon seit längerem veröffentlicht und daher auch jedem unserer Partner bekannt und die anderen Vertriebspartner teilen unsere Einschätzung.
www.4investors.de: Werden die Probleme und Verzögerungen in Japan nun dennoch Auswirkungen auf das Studiendesign in Europa und den USA haben, oder werden sie Remimazolam wie bisher geplant weiterentwickeln?
Söhngen: Nein, es wird keinen Einfluss auf das laufende Entwicklungsprogramm von Paion in der Vollnarkose in Europa und der Kurznarkose in den USA haben.
www.4investors.de: Wie weit sind sie mit den Vorbereitungen der anstehenden Phase-III-Studien in Europa und den USA, wann kann mit einem Start gerechnet werden?
Söhngen: Die Abstimmungen mit den Regulierungsbehörden in den USA und Europa sind wie geplant im dritten Quartal angelaufen. Die Gespräche laufen konstruktiv. Nach Abschluss dieser Gespräche und dem schriftlichen Feedback der Behörden werden wir selbstverständlich über die Ergebnisse informieren.