Commerzbank: Deutsche Konjunktur trübt sich weiter ein
In Deutschland sind die Auftragseingänge im August um 5,7% M/M und damit noch stärker als erwartet gesunken. Zurückzuführen ist dies zu einem guten Teil auf die späten Sommerferien sowie deutliche Rückgänge bei den notorisch stark schwankenden Orders des „sonstigen Fahrzeugbaus“. Abgesehen davon spiegeln sie auch die allgemein schwächere konjunkturelle Gangart wider und fügen sich vom Trend ins trübere Bild, das der an der Expansionsmarke entlang schrammende PMI-Index des verarbeitenden Gewerbes und das Ifo-Geschäftsklima zeichnen. Zu viel mehr als einer Stagnation des realen BIP dürfte es im 3. und 4. Quartal nicht reichen; unsere Wachstumsprognose für 2014 und 2015 haben wir auf jeweils +1,3% reduziert.
Zinsen und Anleihen
Der sehr positive US-Arbeitsmarktbericht sorgte nur vorübergehend für etwas höhere Renditen. Schon im späten Handel am Freitag kehrte sich die Kursbewegung um. Bundesanleihen mit 10-jähriger Laufzeit erzielen derzeit nur 0,9% Rendite. Der Renditeabstand zu US-Treasuries ist seit Mitte September weitgehend konstant – trotz der deutlich besseren Konjunkturdaten in den USA. Allerdings hat der Euro seit Mitte September etwa 3% zum US-Dollar abgewertet. Derzeit dient also der Devisenmarkt als Regulativ. Je näher eine erste Zinserhöhung in den USA rückt, umso stärker dürften aber die Renditen im Euroraum und den USA auseinander-streben. Der Renditeabstand dürfte sich mittelfristig entsprechend weiter ausweiten. Dass die Konjunktur im Euroraum den Wünschen hinterherhinkt, belegten gestern diverse Stimmungsindikatoren (Sentix-Index zur Anlegerstimmung, die Markit-Einkaufsmanagerindizes für den Einzelhandel, Aufträge der deutschen Industrie) sowie heute Morgen die Daten zur deutschen Industrieproduktion. Der Rückgang war mit -4,0% zum Vormonat noch stärker als von den Volkswirten erwartet. Zudem wurde der Vormonatswert nach unten revidiert. Zwar dürften auch die Produktionsdaten wie bereits die Auftragszahlen so unter der – im Vergleich zum Vorjahr – späteren Lage der Sommerferien gelitten haben (vgl. „Im Blickpunkt“), doch allein durch den Ferieneffekt lässt sich der Abschwung nicht erklären. Ein recht verlässlicher Frühindikator für die deutsche Konjunktur war in der Vergangenheit die Kombination des kurzfristigen Realzins, der Exportnachfrage und der preislichen Wettbewerbsfähigkeit. Gemessen an diesen Indikatoren hat sich das Umfeld für die deutsche Industrie zuletzt weiter verbessert.
Aktien
Die europäischen Börsen verzeichneten überwiegend einen freundlichen Auftakt in die neue Handelswoche. Die Leitindizes legten um bis zu 0,7% (Spanien) zu; sie konnten allerdings die zeitweise höheren Gewinne nicht verteidigen. Verantwortlich für die Zuversicht unter den Börsianern zeichneten vor allem die guten Konjunkturdaten aus den USA. Zu-dem beruhigte sich die Lage in Hongkong nach den starken Studentenprotesten merklich. Schwächere Makrodaten aus Deutschland (Auftragseingänge Industrie) wurden weitgehend ignoriert. Der Dax gewann zum Handelsschluss 0,2%. Tagesgewinner im deutschen Leitindex war die Aktie der Deutschen Lufthansa (+2,1%). Am Performanceende rangierten die Notierungen von BMW (-2%) und von Siemens (-1,6%); hier drückten v.a. negative Unternehmensaussagen in Bezug auf die Kraftwerkssparte auf die Stimmung. In der zweiten Reihe profitierte die Aktie von Norma (+4,6%) von einer Votenheraufstufung. Auf europäischer Sektorebene waren insbesondere Titel aus dem Bereich Rohstoffe gefragt, die im Schnitt um 1,5% zulegen konnten. Am Ende der Performancerangliste fand sich der Automobilsektor, der um 0,4% nachgab. Die Börsen in den USA tendierten nach freundlichem Beginn im Tagesverlauf etwas schwächer. Der Dow Jones-Index verlor 0,1%. Im Fokus standen Einzelwerte wie Hewlett-Packard. Nach Bekanntgabe einer Aufspaltung des Konzerns stieg die Aktie um 4,7%. Auf Sektorebene (S&P 500) waren v.a. Telekomwerte gefragt, die im Schnitt um 0,4% stiegen. Gebrauchsgüter büßten als Tagesverlierer im Schnitt um 0,6% ein. Der brasilianische BOVESPA gewann 4,7%, nachdem es nun zu einer Stichwahl zwischen Dilma Rousseff und dem von den Börsianern favorisierten Kandidaten Neves kommt. Die Börsen in Asien tendierten uneinheitlich. Der Nikkei 225 gab um 0,7% nach; der Yen notierte etwas fester.