Commerzbank: EU setzt neue Sanktionen um, Russland will angemessen reagieren
Nach zähen, mehrtägigen Verhandlungen kam man gestern innerhalb der EU überein, dass die neuen Sanktionen gegen Russland heute in Kraft treten sollen. Diese wurden bereits am Montag verabschiedet; sie beruhen auf den Beschluss des EU-Gipfels vom 30. August. Einige EU-Länder haben vor dem Inkrafttreten gewarnt, weil es die aktuelle Waffenruhe gefährden könne. Andere EU-Länder, darunter auch Deutschland, bestanden auf eine Umsetzung des Gipfelbeschlusses. EU-Ratspräsident Van Rompuy betonte gestern ausdrücklich, dass die „Umkehrbarkeit der restriktiven Maßnahmen immer gegeben sei. Noch vor Ende des Monats will die EU die Umsetzbarkeit des Friedensplans für die Ukraine prüfen. Auch die USA haben daraufhin gestern weitere Sanktionen gegen Russland angekündigt, die die bestehenden Sanktionen gegen Russlands Finanz-, Energie- und Rüstungssektoren vertiefen sollen. Die neuen EU-Sanktionen treffen nun auch die Ölkonzerne Rosneft, Transneft sowie Gazprom. Die russische Regierung kritisiert die Sanktionen als unfreundlich und will angemessen darauf reagieren. Dabei wird betont, dass die Antwort absolut vergleichbar mit den Aktionen der EU sein werde; die Gegenmaßnahmen sind laut Russland schon vorbereitet. Die Finanzmärkte reagierten gelassen auf die neuen Sanktionen. Noch sind die wirtschaftlichen Folgen der Ukrainekrise einigermaßen absehbar. Allerdings sind die Folgen für Russland weit gravierender als für Deutschland und die EU. Wenn sich die Sanktionsspirale allerdings ausweitet, besteht die Gefahr, dass es zu einem „Unsicherheitsschock“ kommt und die Unternehmen ihre Investitionen zurückstellen. Schon im Vorfeld würden die Kapitalmärkte entsprechend reagieren. Nach der jüngsten Entwicklung ist ein zwischenzeitlicher Anstieg der Risikoaversion durchaus wahrscheinlich.
Zinsen und Anleihen
Gestern gab es nur wenige Konjunkturdaten. Die Verbraucherpreise in China stiegen im August im Vergleich zum Vorjahr um 2,0 % und blieben damit unter der Konsenserwartung und der von der chinesischen Regierung angepeilten Höchst-grenze. Die Erstanträge für das Arbeitslosengeld in den USA stiegen überraschend gegenüber der Vorwoche und legten auch im 4 Wochendurchschnitt leicht zu. Dennoch ist das gesamte Konjunkturbild in den USA weiterhin positiv. Auf politischer Ebene tat sich hingegen etwas mehr. Präsident Obama erörterte seine „umfassende und nachhaltige Anti-Terror-Strategie“ im Kampf gegen die IS und kündigte erstmals auch Luftschläge auf syrischem Boden an. Für Beunruhigung am britischen Finanzmarkt sorgt die weiterhin offene Abstimmung über eine mögliche Abspaltung Schottlands vom britischen Königreich. Mittelfristig würde dadurch die Wettbewerbsposition vieler Unternehmen, besonders Finanzdienstleister geschwächt werden. Die EU beschloss für Freitag das Inkrafttreten der schon am Mittwoch verabschiedeten Wirtschaftssanktionen gegen Russland, nachdem man vorher abwarten wollte, ob Russland zur Verbesserung der Lage in der Ukraine beiträgt (s. „Im Blickpunkt“). Die Rendite 10-jähriger US-Treasuries stieg im Verlauf des Tages an und schloss bei 2,55%. 10-jährige deutsche Staatsanleihen verzeichneten einen leichten Renditerückgang und notierten am Tagesende mit 1.04% leicht unter dem Vortag. Der Euro Kurs (1,29 EUR/USD) veränderte sich indes kaum. Heute wird der Fokus auf den Konjunkturdaten aus den USA liegen. Eine möglich russische Reaktion auf die Sanktionen dürfte den Anleihemarkt stützen.
Aktien
Trotz der leicht positiven Vorgaben aus Übersee herrschte an den europäischen Aktienmärkten auch am Donnerstag ein vornehmlich impulsloses Handelsgeschehen vor. Dabei hielten sich die Indizes angesichts der Inkraftsetzung der europäischen Sanktionen sowie der Androhung russischer Gegenmaßnahmen noch vergleichsweise stabil. Im Dax 30 konnten vor allem die Aktien von K+S (+2,3%) deutlicher zulegen. Händler führten dies auf die fortgesetzte Erholung der Kalipreise sowie den schwachen Euro zurück. Am Dax-Ende fand sich hingegen der stark in Russland engagierte Baustoffhersteller HeidelbergCement (-2,4%) wieder. Im TecDax konnten die Aktien von Aixtron (+7,6%) einen Kurssprung hin-legen. Hier beflügelten Spekulationen um einen Einstieg des koreanischen Technologiekonzerns Samsung. Im Leitindex des Euroraums, dem EUROSTOXX 50, konnte vor allem der französische Telekommunikationskonzern Orange (+2,2%) nach einer Kaufempfehlung eines Brokers zulegen. Der Wettbewerber Telefonica (-2%) hingegen rangierte nach der Begebung einer Wandelanleihe am anderen Ende der Kursliste. Die meisten Branchen wiesen eine schwächere Tendenz auf, besonders belastet zeigten sich dabei die Baustoffwerte (-1,3%). Lediglich Grundstoffe (+0,6%) und Technologie (+0,3%) konnten leicht zulegen. Auch an der Wall Street sorgten die politischen Spannungen für einen eher richtungslosen Handel. Am besten konnten sich die defensiven Versorger (+0,8%) präsentieren. Apple (+0,4%) konnte die positive Tendenz vom Vortag verlangsamt fortsetzen. An den asiatischen Börsen setzt sich heute Morgen die Tristesse weiter fort. Lediglich der Nikkei und der koreanische Kospi können leicht zulegen. Die europäischen Märkte werden kaum verändert erwartet. Im Marktfokus dürften vor allem die US-Einzelhandelsumsätze stehen.