Nordex: Viele Spekulationen und Überraschungen der Börse – Interview
Die Anleger haben hohe Erwartungen an Nordex – das war gut am Kurssturz nach den Halbjahresbericht des Windenergiekonzerns zu sehen. „Einige Reaktionen am Markt haben uns überrascht“, sagt Nordex-Finanzvorstand Bernard Schäferbarthold im Interview mit www.4investors.de und verteidigt die Prognose, die von einigen als konservativ bezeichnet wurde. Konzerne wie Siemens und General Electric sieht Schäferbarthold nicht mehr als direkte Konkurrenz, da sie ein anderes Marktsegment bedienen. Auch zu Zukunftsmärkten, den Übernahmespekulationen und den Dividendenforderungen des Marktes äußert sich der Manager.
www.4investors.de: Die Nordex-Aktie hat an dem Tag, an dem sie die Halbjahresbilanz vorgelegt haben, massiv an Wert verloren. Manche fanden ihr EBIT schlechter als erwartet, manche den Ausblick zu zurückhaltend. Haben sie die Reaktion des Marktes nachvollziehen können?
Schäferbarthold: Einige Reaktionen am Markt haben uns überrascht. Schließlich sind wir auf dem besten Weg, unser erst im Mai 2014 erhöhtes Ziel für das laufende Jahr auch zu erreichen. So lag das Ergebnis im ersten Halbjahr mehr als 140 Prozent über dem des Vorjahres. Wir haben in Aussicht gestellt, das ursprünglich für 2015 erwartete Ziel schon in 2014 zu erreichen. Das halte ich keineswegs für zurückhaltend. Und unsere Planungen über die Zeit danach bringen wir bekanntlich erst im September.
www.4investors.de: Am 24. September wollen sie diese neuen Daten vorlegen. Ihre Prognosen für 2014 und vor allem für den mittelfristigen Ausblick wirken derzeit konservativ. Was können ihre Aktionäre erwarten? Werden sie sich mit dem Ausblick für Umsatz und Ertrag nach oben bewegen?
Schäferbarthold: Wie gesagt, das Ziel für 2015 haben wir bereits für dieses Jahr in Aussicht gestellt. Das ist keineswegs konservativ. Ich halte nichts von vollmundigen Versprechungen, die dann nicht erfüllt werden können. Wir haben ambitionierte Ziele und wollen diese auch erreichen. Natürlich kann ich Ihnen noch keine Details verraten, aber wir werden etwas zu den wesentlichen Kenngrößen und den Zielen für die kommenden drei Jahre sagen. Und ganz klar: Wir halten an dem Kurs des profitablen Wachstums fest.
Nordex: „Erreichen der Netzparität ist unverändert unser Ziel“
www.4investors.de: In einem Interview mit der Zeitung „Die Welt“ sprach Nordex-Chef Jürgen Zeschky jüngst davon, dass Nordex „noch viel besser, verlässlicher und effizienter werden“ solle und sie den Fokus auf die Ergebnisqualität legen wollen. Welche konkreten Maßnahmen zur Verbesserung der Ergebniszahlen sind geplant, was sind die Ziele?
Schäferbarthold: Wir investieren in erheblichem Umfang in unsere Technologie, um noch effizientere Produkte zu entwickeln. Das Erreichen der Netzparität ist unverändert unser Ziel. Unsere Turbinen werden schon bald an allen typischen Wind-Standorten Strom zum Marktpreis herstellen können. Gleichzeitig geht es darum, unsere Kosten zu senken. Das meint die Produktkosten und auch den Aufwand in der Projektabwicklung, von der Logistik über die Produktion bis zum Service der Anlagen im Feld.
www.4investors.de: Wo sehen sie für die Nordex-Produkte Verbesserungspotenziale aus technischer Sicht?
Schäferbarthold: Das derzeit größte Thema sind Maßnahmen, um Lasten zu vermeiden. Angesichts der enormen Kräfte, die auf moderne Großturbinen wirken, müssen wir intelligente Lösungen finden, mehr Energie aus dem Wind zu ziehen. Die bekannten Mittel kommen hier langsam an eine Grenze. Einfach nur mehr Stahl und mehr Beton einzusetzen geht in die falsche Richtung.
www.4investors.de: Im Bau von Windenergieanlagen sind Skaleneffekte wichtig und im besagten „Welt“-Interview sprachen sie davon, offen für Übernahmeangebote als auch Zukäufe zu sein. Ist Nordex aus ihrer Sicht zu klein, um langfristig gegen Platzhirsche wie Vestas, Siemens oder auch General Electric konkurrieren zu können?
Schäferbarthold: Das war vor gut zwei Jahren in der Tat unsere Analyse. Warum sollte sich ein Kunde für Nordex entscheiden, wenn er bei uns das Gleiche bekommt wie bei den ganz großen Anbietern? Dann haben wir uns Schritt für Schritt differenziert: bei den Produkten, den Dienstleistungen, hinsichtlich der Märkte und auch der Kunden. Heute treten wir mit den genannten Unternehmen nur noch dort in Konkurrenz, wo wir eine reelle Chance haben den Wettstreit auch für uns zu entscheiden. Um nur zwei Beispiele zu nennen: Wir kämpfen nicht um Großprojekte auf See. Aber sehr wohl um anspruchsvolle Windparks von Finanzinvestoren, die die volle Bandbreite der technischen Umsetzung und den nachfolgenden langfristigen Service benötigen. Wir sind heute faktisch in einem anderen Marktsegment unterwegs als die von Ihnen genannten Hersteller.
Übernahmegerüchte: „Möchte mich nicht an Spekulationen beteiligen“
www.4investors.de: Wenn Nordex zukaufen will, in welche Richtung würden sie ihre Fühler ausstrecken? Welches Budget steht für mögliche Akquisitionen zur Verfügung?
Schäferbarthold: Wir verfolgen hier keine konkreten Ziele und ich möchte mich auch nicht an irgendwelchen Spekulationen beteiligen. Wenn überhaupt, ist eine Akquisition für mich nur denkbar, wenn sie uns in eine deutlich bessere Wettbewerbsposition versetzt und unsere Bilanz nicht belastet. Am ehesten ist eine Verstärkung im Bereich technischer Spezialanbieter denkbar.
www.4investors.de: Würden sie für eine größere Akquisition auch eine Kapitalerhöhung in Betracht ziehen?
Schäferbarthold: Größere Akquisitionen schließe ich derzeit aus.
www.4investors.de: Wann werden der Cashflow und das Ergebnis reichen, um neben den Investitionen und möglichen Zukäufen auch eine Dividendenzahlung an die Aktionäre zu ermöglichen?
Schäferbarthold: Für das laufende Jahr haben wir noch keine Aussage über einen positiven Free Cashflow gemacht, da die Unsicherheiten noch zu groß sind. Aber nur bei einem relevant hohen Free Cashflow stellt sich die Frage nach einer Dividende überhaupt. Denn zunächst müssen wir sicherstellen, dass Nordex seinen Gewinn in das zukünftig mögliche Wachstum investiert.
Windenergie in China - „Qualität findet dort keinen Preis“
www.4investors.de: Während Nordex sich aus dem chinesischen Markt heraushalten will, wollen sie im ebenfalls wettbewerbsintensiven US-Markt weiter aktiv sein und wachsen. Was macht die Unterschiede zwischen den USA und China aus? Was ist ihre Strategie für die USA bzw. Nordamerika?
Schäferbarthold: In den USA verdienen wir in einzelnen Marktsegmenten Geld. Aber auch hier haben wir die Gewinnschwelle durch Strukturmaßnahmen – wie die Werkschließung in Arkansas – in der Vergangenheit gesenkt. Der sehr politische Markt China lässt das nicht zu, da Qualität dort keinen Preis findet.
www.4investors.de: Sie haben angekündigt, sich in Richtung Afrika orientieren zu wollen. Welche Länder außer Südafrika machen für Nordex Sinn? Wo sehen sie Chancen für die Windenergie auf dem Kontinent?
Schäferbarthold: In Nordafrika waren wir in der Vergangenheit mit Großprojekten schon sehr erfolgreich. Jetzt punktet unsere Tochtergesellschaft am Kap gerade stark bei den Ausschreibungen in Südafrika. Weitere interessante Optionen bieten sich mittelfristig in Zentralafrika.