Commerzbank: Rentenmärkte im Bann der politischen Krisenherde
Am Freitag gingen 10-jährige Bundesanleihen nach Meldungen einer Zuspitzung in der Ukrainekrise mit einer rekordtiefen Rendite von 0,95% aus dem Markt und 10j. Treasuries rentierten auf einem neuen Jahrestief. Immerhin ist Europa, das im Konjunkturzyklus weit zurückhängt, den Krisenherden geografisch näher und mit ihnen handelsmäßig stärker verflochten als die USA. Das Großthema „Zinswende der Fed“ ist demgegenüber in den Hintergrund gerückt. Doch könnte es rasch wieder aufkommen, vor allem wenn sich die Ukrainekrise entschärft. Denn die Erholung der US-Wirtschaft schreitet voran. Dies spricht für steigende US-Renditen; in ihrem Sog sollte der Flirt von Bundestiteln mit der 1%-Marke daher eine Episode bleiben.
Zinsen und Anleihen
Nachdem die Renditen erstklassiger Staatsanleihen zum Wochenschluss aufgrund der Verschärfung der Ukrainekrise kräftig gefallen waren, kam es gestern zu einer Gegenreaktion. Gestern stieg die Rendite 10-jähriger Bundesanleihen von einem Rekordtief von 0,95% wieder auf 1,01%; die Rendite 10-jährige US-Treasuries von einem Jahrestief von 2,30% auf 2,39%. Geopolitische Entspannung aufgrund eines Krisentreffens mit Gesprächen über einen Waffenstillstand sowie Fortschritte von Kurden ggü. militanten Islamisten im Norden des Irak führten zu einer nachlassenden Nachfrage nach sicheren Anlagen. Auch nach der Korrektur verharren die Staatsanleihenrenditen aber auf sehr niedrigem Niveau. So zweifelt die Bundesbank in ihrem Monatsbericht an der Erholung der deutschen Wirtschaft im 2. Halbjahr. Die Häufung ungünstiger Nachrichten habe die Aussichten eingetrübt. Zu den schwachen Konjunkturdaten und den Krisen kam noch eines hinzu: die geldpolitischen Erwartungen wurden adjustiert und der Beginn von Zinserhöhungen der Bank of England (BoE) und der US-Notenbank (Fed) von den Marktteilnehmern nach hinten verschoben. Auslöser war die Veröffentlichung des Inflationsberichts der BoE vergangenen Mittwoch, der auf eine Zinserhöhung erst im nächsten Jahr hinwies. In dem Bericht wurde u.a. die Prognose für die Lohnsteigerungen für dieses Jahr nach unten angepasst. Dies löste einen Renditerückgang in der letzten Woche aus, der durch schwache Konjunkturdaten unterstützt wurde. Die neuen Markterwartungen spiegeln sich vor allem in den Renditen kurzer Laufzeiten wider. So sank die Rendite 2-jähriger US-Treasuries seit Juli von 0,55% auf 0,42% und von 2-jährigen britischen Gilts von 0,85% auf 0,65%.
Aktien
Während sich die asiatischen Märkte zum Wochenstart noch in Zurückhaltung geübt hatten, konnten die europäischen Börsen die geopolitischen Belastungen im Tagesverlauf sukzessive in den Hintergrund drängen und zeigten sich deutlich erholt von den Kursabschlägen des vergangenen Freitag. Vor allem das von Deutschland und Frankreich vermittelte Krisentreffen der Außenminister von Russland und der Ukraine in Berlin wurde erleichtert aufgenommen. Auch aus dem Irak überwogen mit der Zurückeroberung des Mossul-Staudamms positive Nachrichten. Im deutschen Leitindex Dax 30 zeigten alle Titel eine positive Entwicklung, wobei sich die Werte des Automobilbereichs besonders positiv in Szene setzten. Im TecDax konnte United Internet (+3,8%) deutlich ansteigen, nachdem der Einsteig bei der Internet-Startup-Schmiede Rocket Internet bekanntgegeben wurde. Im EUROSTOXX 50 konnten alle Branchen meist deutlicher zulegen. Auch hier standen besonders Automobiltitel (+2%) im Fokus, während Energie, Telekommunikation und Versorger (jeweils +0,7%) leicht abfielen. Auch an der Wall Street sorgte die geopolitische Entspannung weitestgehend für steigende Kurse. Sehr stark entwickelte sich vor allem der Industriesektor (+1,5%), während auch hier der Energiebereich (+0,3%), Telekommunikation (-0,1%) und Versorger (-0,2%) hinter der positiven Entwicklung der anderen Branchen zurückblieben. Im Fokus stand indes die Übernahmeschlacht um den Billig-Discounter Family Dollar (+4,9%). Auch die asiatischen Börsen folgen heute Morgen dem eingeschlagenen positiven Trend. Mit den Vorgaben der Überseebörsen sollte sich auch die Erholung hierzulande weiter fortsetzen. Im Tagesverlauf dürfte sich die Konzentration der Martkteilnehmer vor allem auf die Verbraucherpreise und die Baugenehmigungen/(-beginne) in den USA richten.