Commerzbank: Die großen Weichenstellungen gab es im Juni - Routine bei gestriger EZB-Ratssitzung
Die gestrige EZB-Ratssitzung brachte kaum neue Erkenntnisse, eher die Bestätigung des Bekannten. So will die EZB für lange Zeit die Zinsen auf niedrigem Niveau belassen. Sie sieht daher eine lange Phase der geldpolitischen Divergenz gegenüber den USA – und verspricht sich davon eine Auflockerung der monetären Bedingungen durch einen schwächeren Wechselkurs. Wiederholt betonte EZB-Chef Draghi, man arbeite weiter an einem ABS-Programm, das die Kreditvergabe an kleine und mittlere Unternehmen fördern soll. Zunächst aber steht Mitte September die Ausschreibung der ersten Tranche der „zweckgebundenen“ Langfristtender an. Die EZB wird die Resonanz darauf abwarten, bevor sie zu weiteren Mitteln greift.
Zinsen und Anleihen
Die Europäische Zentralbank (EZB) konnte gestern den Finanzmärkten keinen Impuls geben: Ihre geldpolitischen Stell-schrauben ließ die Notenbank unverändert. Offenbar will sie die Wirkung der sogenannten zielgerichteten Tender (TLTRO) abwarten, die Im September erstmals zugeteilt werden. An einem Kaufprogramm für Asset Backed Securities wird gearbeitet, aber ob es implementiert wird, ist ebenso unklar wie die Frage, ob es signifikante Impulse liefern könnte. Immerhin diagnostiziert Mario Draghi Wachstumsrisiken vor dem Hintergrund der geopolitischen Konflikte. Zu Recht wies er erneut daraufhin, dass die Länder des Euroraums in ihrem Reformeifer nicht nachlassen dürfen (vgl. „Im Blickpunkt“). In den USA sanken die Erstanträge auf Arbeitslosengeld auf nur noch 289.000. Der Rückgang mag z.T. ferienbedingt sein, er spiegelt aber den intakten Aufwärtstrend am US-Arbeitsmarkt wider. Die US-Notenbank rechnet damit, dass mit einem steigenden Jobangebot auch jene Personen auf den Arbeitsmarkt zurückkehren, die sich in den letzten Jahren zurückgezogen haben. Bislang hat der Aufschwung aber noch nicht dazu geführt, dass die „Partizipationsrate“ wieder angestiegen ist. Die Fed könnte also die Unterauslastung überschätzen, dann wäre die Gefahr groß, dass die Inflation ähnlich wie 2006 schneller als erwartet aus dem Ruder läuft. Die deutschen Exporte sind im Juni um 0,9% gestiegen. Nach den enttäuschend schwachen Aufträgen und der kraftlosen Industrieproduktion war dies schon fast eine positive Überraschung. Ein Blick auf den gleitenden Drei-Monatsdurchschnitt zeigt aber, dass auch der Export gegenüber dem Jahreswechsel deutlich an Dynamik verloren hat.
Aktien
An den europäischen Aktienmärkten setzte sich der Abwärtstrend gestern weiter fort. Zwar schafften es die Indizes zwischenzeitlich immer wieder ins Plus, mit der schwächeren Wall Street am späten Nachmittag sackten die Kurse aber wieder ab. Am stärksten erwischte es gestern den Süden Europas. Italien (-1,9%), Spanien (-1,6%) und Portugal (-2,3%) gehörten zu den größten Verlierern. Die geopolitische Lage stand insgesamt unverändert im Mittelpunkt der Diskussionen. Die Sanktionen von Seiten Russlands, wie auch der sich zuspitzende Konflikt im Irak sorgten für eine zunehmen-de Verunsicherung der Investoren, die entsprechend weiter mit Abgaben auf die Lage reagierten. Dass die EZB die Leitzinsen unverändert ließ und den bisherigen Kurs bestätigte, war erwartet worden. Der Hinweis auf die zunehmenden Gefahren für die globale Konjunktur angesichts der derzeitigen Konflikte dürfte zwar auch niemanden überrascht haben, wurde aber ebenfalls eher negativ aufgenommen. Zyklische Sektoren und Banken verloren überdurchschnittlich. Bei den Einzelwerten sorgte die Berichtssaison für größere Bewegungen. Im Gegensatz zu Nestle (+3,4%), Zurich Insurance (+2,4%) und auch Klöckner&Co (+4,3%) konnten dabei Beiersdorf (-1,8%) und Münchener Rück (-2%) nicht überzeugen. Am US-Markt spielten die soliden Makrodaten nur anfangs eine Rolle, letztendlich ging es auch hier überwiegend um die derzeitigen geopolitischen Krisen und die Möglichkeit eines US-Militärschlags im Irak. Diese Absicht wurde inzwischen bestätigt, was heute Morgen an den Märkten in Asien für weitere Kursverluste sorgte. Am stärksten traf es den japanischen Markt, der zudem unter dem – krisenbedingt – festeren Yen litt, während es in China zu leichten Kursgewinnen kam. Hier halfen u.a. gute Handelsbilanzdaten.