RZB: EZB, Deutsche Telekom, Nestle und Banco Espirito Santo im Blickpunkt
Heute Nachmittag steht mit der Zinsentscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB) der Höhepunkt der Woche auf dem Programm. Allerdings wird eine ruhige Zinssitzung mit wenigen Neuigkeiten bei der anschließenden Pressekonferenz erwartet. Die Notenbank könnte einerseits die etwas verbesserte Kreditentwicklung bzw. die Erleichterung bei den Finanzierungsbedingungen hervorheben. Andererseits ist sie sicher weder mit der jüngsten Konjunktur- noch mit der Inflationsentwicklung zufrieden. Allerdings wurde bereits im Juni ein Maßnahmenbündel verabschiedet. Somit ist mit einer „wait-and-see“ Haltung zu rechnen. Datenseitig blieb heute Morgen die Produktion der deutschen Industrie im Juni hinter den Erwartungen zurück (+0,3 % p.m.). Die Auftragseingänge verzeichneten im selben Monat einen starken Einbruch (-3,2 % p.m.). Verantwortlich dafür waren sowohl die Bestellungen aus dem Inland als auch aus dem Ausland, wobei das Minus bei letzteren auf den Einbruch der Aufträge aus dem Euroraum zurückgeht. Aus dem übrigen Ausland (i.e. inkl. Russland) gingen hingegen genauso viele Bestellungen ein wie im Mai. In Italien stand der unerwartet starke Rebound bei der Industrieproduktion im Juni (+0,9 % p.m.) im Schatten der enttäuschenden BIP-Schätzung für das zweite Quartal. Denn mit -0,2 % p.q. fiel die Kontraktion der Wirtschaftsleistung noch stärker aus als im Vorquartal. Laut Wirtschaftsminister Padoan enttäuschte wiederum vor allem die Investitionstätigkeit. Die ernüchternden Daten aus der Eurozone und die Verhängung eines Einfuhrverbots von Lebensmitteln und landwirtschaftlichen Produkten aus der EU und den USA nach Russland ließen die Rendite der 10-jährigen deutschen Benchmarkanleihe unter 1,10 % rutschen. Das Volumen der betroffenen Waren aus der EU beläuft sich auf etwa EUR 10 bis 12 Mrd. Die Bedeutung der Maßnahmen ist auch deshalb nicht zu unterschätzen, da diese einen für die EU-Politik besonders bedeutenden Sektor betreffen.
Aktienmärkte
Der S&P 500 ging gestern wenig verändert aus dem Handel. Für Schlagzeilen sorgten geplatzte Übernahmeversuche. Hier fiel der Aktienkurs von Time Warner 13 % nachdem 21st Century Fox von Rupert Murdoch sein Übernahmeangebot für den Medienriesen zurückzog. Noch stärker erwischte es das Telekomunternehmen Sprint (-19 %) nach den gescheiterten Fusionsverhandlungen mit T-Mobile USA. Aufgrund schlechter Zahlen unter Druck kam das Schnäppchenportal Groupon. Besser als erwartete Zahlen berichteten hingegen der Spielesoftwarehersteller Activision Blizzard und AOL. Die asiatischen Börsen notieren heute mehrheitlich negativ. Ausnahme waren die japanischen Leitindizes, welche in den letzten Handelsstunden nach oben drehten, da bekannt wurde, dass der staatliche Pensionsfonds GPIF (Fondsvolumen Ende 2013: USD 1,25 Bio.) die Zielallokation von Inlandsaktien von 12 % auf 20 % anheben wird. Gemäß den aktuellen Futures-Indikationen ist an den europäischen Börsenplätzen mit moderaten Kursgewinnen zu Handelsbeginn zu rechnen. Im Fokus stehen heute neben der EZB-Zinssitzung vor allem auch Unternehmensergebnisse. Hier hat Deutsche Telekom auf den ersten Blick gemischte Zahlen, die Münchener Rück und Nestle hingegen gute Zahlen vorgelegt.
Credit-Märkte
Nach der kurzen Verschnaufpause bei den Risikoprämien am Credit-Markt vorgestern kam dieser gestern aufgrund des anhaltenden negativen Sentiments abermals unter Druck und verzeichnete zum Teil deutliche Spreadausweitungen. S&P setzte gestern das A-Rating von Verbund auf die Überprüfungsliste für eine mögliche Hinabstufung. Als Grund nannte die Ratingagentur eine Verschlechterung der Credit-Kennzahlen bei Verbund. Laut dem Leiter der portugiesischen Bankenvereinigung (APB) beabsichtigen portugiesische Banken ihren Anteil an der für die BES vorgesehene Kapitalspritze (EUR 4,9 Mrd.) zu erhöhen und damit den staatlichen Anteil von EUR 4,4 Mrd. auf EUR 3,9 Mrd. zu senken.
Zentral- und Osteuropa
- Russische Sanktionsgegenmaßnahmen mit Risiken für heimische Wirtschaft (Inflation, Zinsausblick) und mit gewissem Einfluss auf die EU.
- Der Einbruch bei den CEE-Währungen setzte sich gestern fort. Im Falle Ungarns wurde im Laufe des Tages beispielsweise das niedrigste Niveau seit Anfang 2012 erreicht (EUR/HUF bei 317,37).
- Gestern kam es an den CEE-Staatsanleihemärkten zu einem weiteren Ausverkauf, wobei türkische und ungarische Staatsanleihen am meisten in Mitleidenschaft gezogen wurden.
- Aufgrund der durch die starke Risikoaversion und erhöhte geopolitische Risiken bedingten Wahrscheinlichkeit einer Fortsetzung des Marktrückgangs rechnen wir damit, dass die Situation an den Lokalwährungsmärkten und dem Eurobondmarkt angespannt bleiben wird.
Hinweis auf Interessenskonflikt(e): Der / die Autor(in) oder andere Personen aus der 4investors-Redaktion halten unmittelbar Positionen in Finanzinstrumenten / Derivate auf Finanzinstrumente von Unternehmen, die in diesem Beitrag thematisiert werden und deren Kurse durch die Berichterstattung beeinflusst werden könnten: Deutsche Telekom.