Commerzbank: Milder Winter in Deutschland sorgt für scheinbar deutliche Abkühlung im zweiten Quartal
Die Produktion im Produzierenden Gewerbe ist im Mai unerwartet deutlich zurückgegangen. Dies ist – für sich genommen – kein gutes Omen für das zweite Quartal. Zerlegt man die Produktion jedoch in die Komponenten Bau und Industrie, so wird deutlich, wie sehr der Bau von dem milden Winter profitiert hat: Man konnte reichlich „vorarbeiten“, sodass der Produktionsindex nun sogar unter dem Durchschnitt von 2013 liegt. Auch z.B. die Baustoffindustrie dürfte vom milden Winter profitiert haben. Daher folgte in der Industrie (nach dem guten ersten Quartal) im Mai ebenfalls eine Gegenbewegung – die zwar klarer als erwartet ausfiel, aber letztlich mit dem Wintereffekt und der üblichen Schwankung er-klärt werden kann.
Zinsen und Anleihen
In dieser Woche sind wieder wenige Impulse durch Makrodaten zu erwarten. Somit stehen die Notenbanken abermals im Fokus der Marktteilnehmer. So steht am Mittwoch in den USA die Veröffentlichung des Protokolls der letzten Sitzung des FOMC an. Am Donnerstag wird die Bank of England den Leitzins zwar unangetastet lassen – die Marktteilnehmer werden aber sehr genau auf mögliche Indizien achten, die den vorgezogenen Zeitpunkt der ersten Zinserhöhung betreffen. Für beide Währungsräume wird über eine früher als erwartete Zinsanhebung spekuliert. In der Eurozone werden hingegen noch die letzte Woche veröffentlichten Details des neuen Langzeittenders (TLTRO) analysiert, der einen höheren Grad der expansiven Geldpolitik darstellen. Die Renditen im Euroraum sollen durch diese Maßnahmen auf dem tiefen Niveau gehalten werden. Am gestrigen Tag sanken die Renditen von Bundesanleihen nur leicht unter das Niveau vom Freitag. Anleger suchten aus risikoreicheren Anlageklassen wie Aktien den Weg in Papiere die als sicher geltend. Auch die Renditen länger laufender US-Treasuries sanken nach dem gleichen Muster, wenngleich gestern auch die Nachfrage durch das immer noch bestehende Ankaufprogramm der Fed die Renditen drückte. Kaum einen Einfluss auf den Rentenmarkt hatte die deutsche Industrieproduktion, die im Mai enttäuschte und um 1,8% zum Vormonat sank (siehe „Im Blickpunkt“). Auch die heute Morgen für Mai gemeldeten Daten zum deutschen Export lassen erwarten, dass im zweiten Quartal das Wachstum in Deutschland temporär an Schwung verloren hat. Am Primärmarkt werden heute diverse Papiere aufgestockt und neu platziert, was die Renditen stützen und die Kurse von Staatstiteln belasten sollte.
Aktien
Nachdem die europäischen Aktienmärkte im Verlauf der Vorwoche neue Rekordstände erreichen konnten, verstärken sich nun die zum Wochenende einsetzenden Gewinnmitnahmen. In einer vergleichsweise leeren Agenda für Konjunkturdaten sorgte die enttäuschende deutsche Industrieproduktion für einen zusätzlichen Stimmungsdämpfer. Auch äußerten sich einige Marktteilnehmer im Vorfeld der anlaufenden Berichtssaison besorgt über das mögliche Enttäuschungspotential der Unternehmensergebnisse. Im deutschen Leitindex Dax 30 konnten lediglich die Aktien von Allianz (+0,8%) und SAP (+0,4%) leicht zulegen. Nach einem negativen Brokerkommentar gerieten die Titel der Deutschen Börse (-2,9%) stärker unter Druck. Auch im Leitindex der Eurozone, dem EUROSTOXX 50, konnten lediglich die beiden genannten Dax-Werte positiv hervorstechen, besonders schwach entwickelten sich dagegen die Aktien von Saint-Gobain (-3%), nachdem der Vorstandsvorsitzende de Chalendar Zweifel über den Neubaumarkt in Frankreich geäußert hatte. Alle Branchen verzeichneten stärkere Abgaben, lediglich bei IT und Nahrungsmitteln (jeweils -0,6%) hielten sich die Verluste in Grenzen. An der Wall Street gab es nach dem verlängerten Wochenende nur leichte Gewinnmitnahmen. Die defensiven Branchen Versorger, Telekommunikation und Nahrungsmittel konnten sogar leicht zulegen. Die Aktien von Apple (+2%) gingen sogar mit dem höchsten Stand seit Oktober 2012 aus dem Handel. An den wichtigsten Aktienbörsen Asiens dominieren heute Morgen die Verluste. Vor allem eine Studie über eine frühere Zinswende der Fed sorgte für Unsicherheit. Die europäischen Märkte sollten nach den stärkeren Vortagsverlusten leicht erholt eröffnen. Heute Abend präsentiert Alcoa seine Quartalszahlen und startet damit die Berichtssaison.