Immofinanz: Trotz Ukraine-Krise bleibt Russland ein Schwerpunkt-Markt
Russland ist für die Immofinanz ein sehr wichtiger Markt. Im Interview mit der Redaktion von www.4investors.de bekennt sich Vorstandschef Eduard Zehetner klar zum Engagement seines Konzerns in Osteuropa. Der dortige Markt ist unterversorgt, außerdem reizen interessante Renditen. Im Notfall ist Zehetner auch bereit, Mietern in Not zu helfen. Vorstandschef Zehetner redet in dem sehr offenen Gespräch auch über die Ziele der Gesellschaft sowie über die Entwicklungspipeline von Immofinanz.
www.4investors.de: Österreichische Medien schrieben jüngst, dass ihre Aktien aufgrund des Engagements in Osteuropa höhere Risiken beinhalten, sie versprechen jedoch tendenziell auch höhere Gewinne. In welche Richtung schlägt das Pendel?
Zehetner: Für die Immofinanz klar in Richtung Osteuropa. Wir sind ein osteuropäisches Immobilienunternehmen. Nach dem Spin-off der Buwog liegen mehr als 70 Prozent unseres Portfolios in CEE (Österreich nicht mitgerechnet). Und was die Gewinne anbelangt, haben sie recht: In den zurückliegenden Perioden konnten wir in Osteuropa stets eine deutlich höhere Wertschöpfung erzielen als in den westlichen Ländern. So sind wir etwa im Vorjahr für die Gesamtrendite unserer CEE-Immobilien von 2010 bis 2012 mit dem „IPD Property Investment Award in Central + Eastern Europe“ für das Portfolio mit der höchsten Performance von insgesamt 49 untersuchten Portfolios in der Region ausgezeichnet worden.
Sicher, Osteuropa ist derzeit nicht die Wachstumsstory, die wir gerne hätten. Das hängt auch mit der Prioritäten-Setzung der EU zusammen, die ja in den letzten Jahren stärker in Südeuropa engagiert war. Wir sind allerdings von der langfristigen Wachstumsstory und dem Aufholpotenzial der Region überzeugt. Die jüngsten Daten aus Osteuropa zeigen eine Erholung an: Im Startquartal etwa erhöhte sich die polnische Wirtschaftsleistung um 3,3 Prozent (stärkster Anstieg seit zwei Jahren), Ungarns BIP wuchs um 3,5 Prozent, jenes in Tschechien um 2 Prozent.
Die Vorgänge in der Ukraine sind natürlich nicht hilfreich und lasten auf dem Sentiment der Investoren. Die Situation kann sich allerdings auch schnell wieder ändern und auf Sicht der vergangenen zwei Monate zeigt sich auch bereits wieder eine deutliche Erholung des russischen Rubels (im Vergleich zu EUR/USD). Sollte sich die Lage entspannen, dann wird dies sicher Druck von Aktien mit starker CEE-Ausrichtung nehmen.
www.4investors.de: Der Buwog-Börsengang fiel zeitlich in etwa mit der Krim-Krise zusammen. Die politischen Turbulenzen dauern noch an. War für sie ein Abbruch des Börsengangs ein Thema?
Zehetner: Nein, überhaupt nicht. Wir haben ja im Vorfeld lange abgewogen, ob wir die Buwog via IPO oder Spin-off an die Börse bringen. Der gewählte Weg eines Spin-offs hat sich als absolut richtig erwiesen, nicht nur wegen des geringeren Exekutionsrisikos in einem volatilen Börsenumfeld. Die bestehenden Immofinanz-Aktionären haben zudem die Möglichkeit, sowohl an der Wertentwicklung der Buwog als auch an jener der Immofinanz voll zu partizipieren. Die Buwog ist vom Markt gut aufgenommen worden, die Aktie konnte gleich am ersten Handelstag rund die Hälfte der Bewertungslücke zum NAV schließen.
Die Immofinanz hält weiterhin einen 49prozentigen Anteil an der Buwog und wir haben vor, uns mittelfristig davon zu trennen.
www.4investors.de: Ausländische Investoren ziehen immer mehr Geld aus Russland ab. Haben sie auch über eine Strategieänderung nachgedacht?
Zehetner: Ich würde mal annehmen, dass überwiegend Geld von Russen ins Ausland geflossen ist. Was unsere Strategie anbelangt: Wenn man in eine langfristige Assetklasse wie Immobilien investiert, dann kann die Strategie nicht bei jedem kurzfristigen Ereignis oder Störfeuer über Bord geworfen werden. Die aktuellen wirtschaftlichen und politischen Ereignisse in Russland haben zuletzt zweifelsohne die Stimmung der Investoren belastet, nichtsdestotrotz besteht am Markt eine klare Unterversorgung mit Retail- und Logistikimmobilien. Und eines darf man auch nicht vergessen: Die Immobilienrenditen in Russland sind deutlich höher als jene in anderen Teilen Osteuropas bzw. in Westeuropa.
www.4investors.de: Der schwache Rubel bereitet ihnen Probleme. Wo liegt die Schmerzgrenze?
Zehetner: Wir hatten bereits früher Phasen mit einer schwächeren Rubel-Entwicklung und haben diese Situation gemeinsam mit unseren Mieter gut abgefedert. Die Immofinanz hat mittlerweile fünf Shopping Center in Moskau. Grundsätzlich sind bei uns die Mieteinnahmen des russischen Einzelhandelsportfolios an Euro oder US-Dollar gekoppelt, die Veränderung des Rubelkurses hat somit keinen unmittelbaren Einfluss auf unser Ergebnis im Asset Management. Aber natürlich sind wir als Eigentümer von Einkaufszentren vom wirtschaftlichen Erfolg unserer Mieter abhängig. Und ein anhaltender Wertverfall des Rubels könnte manche unserer Mieter unter Druck bringen. In der Vergangenheit ist es uns bisher aber immer gelungen, mit der Wechselkurssituation derart umzugehen, dass materielle wirtschaftliche Einbußen vermieden werden konnten.
Und nochmals: Sehen sie sich den USD-RUB-Chart der vergangenen Monate an: Vom bisherigen Jahreshoch Mitte März sind wir schon wieder deutlich zurückgekommen.
www.4investors.de: Sie haben in früheren Krisenzeiten Mietern ihrer osteuropäischen Immobilien durch Sonderkonditionen geholfen. Hat es jetzt auch schon entsprechende Anfragen gegeben?
Zehetner: Wie bereits in der Vergangenheit haben wir auch zuletzt mit einigen Mietern unserer Moskauer Shopping Center zeitlich eng begrenzte Vereinbarungen getroffen, um die Wechselkurseffekte etwas abzufedern. Dies beruht jeweils auf Prüfung des Einzelfalls, wir reduzieren nicht im „Gießkannen-Prinzip“ die Mieten für ein gesamtes Shopping Center. Auch sprechen wir von einem Zeitraum von wenigen Monaten.
Zehetner: „Prüfen weitere Investmentmöglichkeiten in Russland“
www.4investors.de: 25 Prozent ihres Portfolios liegen in Russland. Soll dieses trotz aller Probleme ausgebaut werden?
Zehetner: Wie bereits angekündigt, prüfen wir weitere Investmentmöglichkeiten in Russland, sprich in Moskau und „Moskau Region“, das ist der dicht bevölkerte und wirtschaftlich gut entwickelte Großraum Moskau. Im Zuge ambitionierter Stadtentwicklungspläne (Straßennetz- und Infrastrukturentwicklung, U-Bahn-Ausbau in Moskau Region, um der Verkehrsproblematik Herr zu werden) ist die Stadtregierung interessiert, Investoren zu gewinnen bzw. Investitionen attraktiv zu gestalten. In „Moskau Region“ sollen etwa neue Industrie-Cluster entstehen, auch ist die Ansiedelung von Logistikobjekten von der City in die Region vorgesehen.
Auf genaue Prozentsätze der Portfolioaufteilung will ich mich nicht festlegen. Es stehen auch Fertigstellungen großer bzw. größerer Projekte in Deutschland und Polen an. Und im Einklang mit unserem Geschäftsmodell – dem einer Immobilienmaschine – sind wir natürlich auch an zyklusoptimierten Verkäufen unserer russischen Assets interessiert. Auch wenn derzeit die Zeit noch nicht reif dafür ist. Dadurch wird es immer wieder zu Verschiebungen der geografischen Portfolioanteile kommen.
www.4investors.de: Die russischen Immobilien sind in Dollar finanziert. Auch die US-Währung schwächelt. Ist das für sie ein Problem?
Zehetner: Aus Finanzierungssicht ist die USD-Kursentwicklung unproblematisch, da wir die USD-Verbindlichkeiten mit Mieteinnahmen, die ebenfalls in US-Dollar erfolgen oder an diesen gebunden sind, bedienen.
www.4investors.de: Sie haben das 2010/2011 gesteckte Ziel, innerhalb von fünf Jahren Immobilien im Wert von 2,5 Milliarden Euro zu veräußern, bereits im Januar 2014 erfüllt. Wird es künftig ein ähnliches Programm geben?
Zehetner: Wir haben seitdem natürlich weitere Transaktionen getätigt. Die Immobilienverkäufe sind ein wichtiger Bestandteil unseres Geschäftsmodells, deshalb wollen wir das bisherige Tempo, also Verkäufe im Ausmaß von durchschnittlich um die 500 Millionen Euro im Jahr, beibehalten. Bei dem von ihnen erwähnten Verkaufsprogramm über 2,5 Milliarden Euro konnten wir übrigens eine Marge von über 14 Prozent auf den Buchwert verzeichnen. Die Erlöse, die wir damit erzielen, werden wir in weitere Eigenentwicklungen investieren. Unsere Development-Pipeline umfasst aktuell ein Volumen (Verkehrswert nach Fertigstellung) von rund 1,23 Milliarden Euro. Dieses wollen wir – vorausgesetzt, es gibt genug rentable Projekte – mittelfristig auf rund 2,0 Milliarden Euro erhöhen.
www.4investors.de: Welches wird aus ihrer Sicht der interessanteste osteuropäische Immobilienmarkt der kommenden Jahre, wenn man Russland einmal außen vor lässt?
Zehetner: Die Schwerpunkt-Märkte für unsere Developments sind - neben Deutschland - Polen, Russland und Rumänien. Ein wichtiger Treiber für die osteuropäischen Märkte ist natürlich die Wirtschaftsentwicklung.
www.4investors.de: Durch die neue Ausrichtung nach der Abspaltung der Buwog eröffnen sich künftig bessere Möglichkeiten für strategische Transaktionen. Was ist damit genau gemeint?
Zehetner: „Die Immofinanz ist nun ein „pure play“
Zehetner: Damit ist einfach ein größerer Spielraum für künftige Wachstumsmöglichkeiten gemeint. Wir sind mit der Abspaltung der Buwog einem Wunsch vieler Investoren nachgekommen: Die Immofinanz ist nun ein „pure play“, also ein rein kommerzieller Immobilieninvestor und –developer. Durch den Fokus auf höher rentierende Objekte kommt es zur Verbesserung etlicher Kennzahlen, was hoffentlich früher oder später von den Investoren mit geringeren Kursabschlägen zum NAV honoriert wird. Das schafft nicht nur unmittelbar Wert für die Aktionäre, sondern versetzt die Immofinanz auch in die Lage, auf Basis eines gestiegenen Börsenkurses zusätzliche strategische Möglichkeiten, etwa Akquisitionen, Übernahmen, Fusionen, etc., wahrzunehmen.
www.4investors.de: Auch wenn es aufgrund der Ukraine-Krise schwer fällt: Welchen Ausblick können sie für das laufende und das kommende Geschäftsjahr geben?
Zehetner: Wir werden weiterhin unsere Immobilienmaschine – Asset Management, gewinnbringende Immobilienverkäufe und Eigenentwicklungen - weiter vorantreiben und optimieren sowie unsere Rolle als Marktführer im Gewerbeimmobilienbereich in CEE weiter ausbauen. Im Asset Management liegt der Fokus ganz klar auf einer Erhöhung des Vermietungsgrads. Auch opportunistische Ankäufe sind möglich. Zudem wird die Immofinanz im laufenden Geschäftsjahr zu ihrer Dividendenpolitik zurückkehren. Die Dividende für 2013/14 fällt wegen des Buwog-Spin off aus.