Commerzbank: Dax 10.000 – Zwischenetappe oder Ende der Fahnenstange?
Der Dax hat die 10.000er Marke erreicht und damit den bislang größten Meilenstein auf seinem Erfolgsweg. Nach fast genau 26 Jahren ist die Verzehnfachung gelungen. 9,1% Rendite p.a. – das ist eine beeindruckende Erfolgsstory. Natürlich hat es zwischenzeitlich auch immer Phasen der Ernüchterung gegeben. Sei es im Jahr 2000, als die TMT-Blase platzte oder 2007/2008 als die Insolvenz von Lehman Brothers die internationalen Kapitalmärkte in eine Art Schockstarre versetzte. Und dennoch steht der Dax heute so hoch wie nie zuvor.
Was hat sich in knapp 26 Jahren verändert?
Seitdem der Dax am 1. Juli 1988 eingeführt wurde, hat sich einiges verändert. Dies gilt nicht nur für die 30 Dax-Mitglieder. Unternehmen wie Feldmühle Nobel, Nixdorf Computer oder Deutsche Babcock sind wohl nur noch den Hartgesottenen ein Begriff. Doch sie gehörten zeitweise ebenfalls zum deutschen Leitindex wie die Bayerische Hypothekenbank, Veba oder Viag, die allesamt durch Fusionen und Übernahmen von der Bildfläche verschwunden sind. Aber immerhin 16 Startmitglieder sind bis heute noch im Dax vertreten. Das ist im internationalen Vergleich phänomenal und unterstreicht eine wesentliche Stärke des Dax: seine Kontinuität. Deutlich verbessert hat sich übrigens in den 26 Jahren die Ausgewogenheit. Machte die Deutsche Telekom im Jahr 2000 zwischenzeitlich fast ein Fünftel des Dax aus, so ist die Abhängigkeit von den Schwergewichten heute deutlich gefallen. Der Dax wird also seiner Aufgabe einer breit gestreuten Abbildung des deutschen Aktienmarktes immer besser gerecht. Und noch eines fällt auf: Als Performanceindex bleibt der Dax im internationalen Vergleich ein Exot. Knapp die Hälfte seiner Gesamtperformance entfällt nicht auf bloße Kurssteigerungen, sondern auf die Einrechnung diverser Performancebestandteile wie Dividenden. Dies unterstreicht einmal mehr, wie wichtig Ausschüttungen für den Anlageerfolg sein können.
Die großen Fragen bei 10.000 Punkten...
Ist das aktuelle Anklopfen an die 10.000 Punkte nun der Beginn einer neuen dynamischen Anstiegsbewegung und damit eines weiteren Erfolgskapitels in der Dax-Geschichte? Oder macht es eher Sinn, die aufgelaufenen Kursgewinne einzusacken und die Aktienquote deutlich zurückzufahren? Schließlich könnten „magische“ Marken ja auch Umkehrpunkte sein. Und was kann man realistischerweise für eine Performance in den kommenden zwei bis drei Jahren vom Dax erwarten? Eine Vielzahl an Fragen, auf die es natürlich nur in den seltensten Fällen einfache Antworten gibt. Aber lassen Sie uns die Fragen nach und nach abarbeiten.
Kurzfristige Atempause wahrscheinlich
Eine Analyse des aktuellen Umfelds zeigt, dass es kurzfristig durchaus Gründe gibt, warum ein nachhaltiger Ausbruch über die 10.000 Punkte (noch) nicht gelingen sollte. So enttäuschen die Gewinne der Unternehmen weiter, die konjunkturelle Aufwärtsdynamik lässt leicht nach und die politischen Probleme (z.B. der Ukraine-Konflikt) sind noch längst nicht gelöst. Zudem haben sich die Bewertungsrelationen für Aktien verteuert. Der jüngste Kursanstieg war denn vor allem den ausufernden Spekulationen um eine weitere Lockerung der Geldpolitik geschuldet. Ob die EZB auf ihrer Juni-Sitzung aber tatsächlich alle Hoffnungen befriedigt und sogar noch einmal für eine positive Überraschung sorgen kann, ist mehr als fraglich. Denn eine bloße Senkung von Leitzins und Einlagenzins allein dürfte wohl eher enttäuschen. Zudem steht mit den Sommermonaten die saisonal schwächste Jahreszeit an. Von daher würde es uns wundern, wenn kurzfristig ein Ausbruch nachhaltig über 10.000 Punkte im Dax gelingt.
Aber: Jede Schwäche ist eine Nachkaufchance!
Doch aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Mit Blick auf das späte dritte Quartal sollte der Dax tatsächlich noch spürbare Luft nach oben haben. Zum einen dürften die Unternehmensgewinne dann wieder sukzessive positiv überraschen. Schließlich sind die Analysten in den letzten Monaten immer skeptischer geworden, was die Hürde für Positivüberraschungen im weiteren Jahresverlauf senkt. Zum anderen nimmt die Zahl der Fusionen und Übernahmen weltweit wieder zu und stützt damit die Kurse. Zwar werden wohl weniger als die Hälfte der jetzt angedachten Transaktionen langfristig tatsächlich den erhofften wirtschaftlichen Mehrwert bringen. Für die kommende Zeit ist dies aber dennoch eine gute Unterstützung. Nicht zu vergessen ist natürlich auch die steigende Zahl an Aktienrückkäufen. Teils nutzen die Gesellschaften hier den niedrigen Zins, um kreditfinanziert eigene Aktien zurückzukaufen. Davon profitieren die bestehenden Anleger. Auch der „Heißhunger“ institutioneller Anleger auf Aktien ist ungebrochen, was angesichts rekordtiefer Zinsen kaum verwundern kann.
Wie weit kann es gehen?
Die Bewertung der Dax-Aktien ist am aktuellen Rand als weitestgehend fair zu bezeichnen. Entsprechend muss der nächste substanzielle Aufwärtsschub von steigenden Unternehmensgewinnen ausgelöst werden. Wir gehen davon aus, dass die kommenden zwei Jahre gute Jahre für deutsche Unternehmen werden. Die gesunden strukturellen Ausgangsbedingungen, die sich bessernde Weltwirtschaft und die für Deutschland viel zu niedrigen Zinsen werden die Konjunktur in Deutschland beflügeln. Entsprechend halten wir Gewinnzuwächse von 7-9% p.a. für realistisch. Kombiniert mit einer leicht höheren KGV-Bewertung ergibt sich somit innerhalb der nächsten zwei Jahre grundsätzlich Potenzial in Richtung 12.000 Punkten. Dies ist eine grobe Potenzialeinschätzung und keinesfalls ein Dax-Kursziel. Bei letzterem müsste man noch zahlreiche andere Faktoren einfließen lassen, die eine Sicht auf 24 Monate de facto unmöglich machen.
Fünf Tipps für die persönliche Anlage
- Sichern Sie die aufgelaufenen Kursgewinne bei Aktien mit einem Stopp Loss-Limit ab. Dadurch ist sichergestellt, dass eine mögliche Börsenlethargie über die Sommermonate Sie nicht auf dem falschen Fuß erwischt. In Summe sollte die Aktienquote weiter deutlich über den Quoten von Festverzinslichen Papieren und Rohstoffen liegen.
- Setzen Sie sich verbindliche Kursmarken, zu denen Sie wieder nachkaufen wollen. Eine Kursmarke sollte dabei im unteren Drittel der aktuellen Seitwärtsspanne liegen – z.B. bei 9200 Punkten –, eine weitere Kaufmarke sollte möglichen Ausbruch nach oben abdecken. Diese könnte beispielsweise bei rund 10.100 Punkten liegen.
- Volatilität als Chance verstehen. Viele Produktkonzepte wie z.B. Zertifikate profitieren von steigenden Schwankungen am Markt. Prüfen Sie daher gegebenenfalls den Tausch von Aktien in passende Zertifikatsstrukturen.
- Stellen Sie sich gegen die herrschende Stimmung am Markt. Stimmungen sind ein schlechter Ratgeber. Daher nutzt man diese gerne als Kontraindikator. Aktuell haben beispielsweise viele Anleger Gelder aus den Schwellenländern abgezogen. Hier entsteht für den langfristig orientierten Investor gerade eine hervorragende Kaufchance.
- Wenn Ihnen kurzfristige Schwankungen egal sind: Suchen Sie sich einen guten aktiv gemanagten Aktienfonds, mit dem Sie an den mittelfristig weiter steigenden Kursen partizipieren können.