Commerzbank: Russische Börse und Währung erholen sich etwas trotz Unruhen in der Ostukraine
Das Krim-Referendum vom 16. März 2014 ergab eine Zustimmungsquote von rd. 97% für einen Beitritt der Krim zu Russland. Die russische Börse reagierte erleichtert und legte seither unter Schwankungen bis Mitte Mai spürbar zu (RTS-Index +23% seit dem Tief vom 14. März); auch die russische Währung erholte sich von ihrem Rekordtief und notierte ggü. dem Euro am 14. Mai bei rd. 47,6 Rubel. Der Westen verurteilte das Vorgehen Russlands in Bezug auf die Krim scharf und reagierte mit Sanktionen gegen Russland. Im April verschärfte sich der Konflikt erneut: Dieses Mal in Teilen der Ostukraine. In Städten wie Donezk, Charkiw oder Lugansk gingen Menschen auf die Straßen und protestierten für ihre Unabhängigkeit von Kiew. Prorussische Separatisten besetzten mehrere Verwaltungsgebäude. In Windeseile wurden Unabhängigkeitsreferenden vorbereitet und durchgeführt. Die abgehaltenen Referenden zur Unabhängigkeit werden weder von Kiew noch vom Westen akzeptiert und als Farce bezeichnet. Russland hält sich, was den angefragten Beitritt der Region Donezk zur russischen Föderation angeht, bedeckt. Die Fronten zwischen den Separatisten und Kiew sind verhärtet. Am 25. Mai sollen in der Ukraine Präsidentschaftswahlen stattfinden. Die politische Lage in der Ukraine bleibt weiterhin angespannt. Trotz günstiger Bewertungsrelationen ist die Börse alles in allem nach wie vor nicht en vogue. Es fehlt u.a. das Vertrauen in Bezug auf die Reformwillig- bzw. Reformfähigkeit des Landes. Da wir in den kommenden Monaten zudem kein nennenswertes Aufwärtspotenzial für den Ölpreis sehen, die politischen Probleme (insbesondere auch im Zusammenhang mit der Ostukraine) groß sind, die wirtschaftliche Situation in Russland sich weiter verschlechtert und kurzfristig keine signifikanten Reformen zu erkennen sind, sehen wir derzeit keine Veranlassung für eine Übergewichtung der russischen Börse. Wir bestätigen daher unsere neutrale Gewichtung.
Zinsen und Anleihen
Staatsanleihen der Euroländer tendierten gestern ausgesprochen freundlich: Die Renditen 10-jähriger Bundesanleihen sanken vorübergehend auf 1,38% und damit auf ein neues Jahrestief. Damit kommt selbst das Allzeittief (2.5.13: 1,16%) wieder in Sichtweite. Ausschlaggebend war die Phantasie auf eine nochmalige geldpolitische Lockerung, welche die EZB seit ihrer Ratssitzung durch Äußerungen hochrangiger Ratsmitglieder immer stärker schürt. In einem Zeitungsbeitrag deutete EZB-Chefvolkswirt Praet an, man bereite Maßnahmen vor, etwa eine weitere Leitzinssenkung und einen negativen Einlagensatz; Anleihekäufe im Stil der Fed seien aber nur angezeigt, falls sich die Konjunktur und die Inflation wesentlich ungünstiger entwickelten, als die EZB bislang erwarte. Sein Kollege Mersch deutete gleichfalls an, dass die EZB bei der kommenden Ratssitzung am 5. Juni handeln werde, ohne bei den Maßnahmen konkreter zu werden. Fasst man die laufende Debatte zusammen, sieht es zunehmend nach einer weiteren Leitzinssenkung (inkl. negativem Einlagensatz) aus. Von einer quantitativen Lockerung nach Fed-Vorbild ist die EZB aber nach unserer Ansicht noch weiter entfernt, als dies der Markt derzeit anzunehmen scheint. Auch US-Treasuries profitierten von dieser Stimmungslage, obgleich die Produzentenpreise (+0,6% M/M und +2,1% J/J) im April stärker stiegen als erwartet. Eine willkommene Begleiterscheinung der EZB-Lockerungsdebatte ist der schwächere Euro - er hielt sich gestern knapp über 1,37 USD.
Aktien
Nach den Rekordständen des Vortages traten die europäischen Aktienmärkte gestern per Saldo auf der Stelle. Ohne Impulse von der Makroseite oder Übernahmeaktivitäten dominierten Unternehmensmeldungen das Geschäft. Neun der 18 großen Indizes gaben dabei leicht nach, der Rest notierte unverändert oder leicht steigend. Zu den Verlierern gehörte erneut der italienische Markt. Hier drückte Mediaset (-6,6%) nach schwachen Zahlen auf die Stimmung. Zusätzlich sorgten Medienberichte über anstehende Kapitalerhöhungen bei einigen italienischen Banken für Kursverluste bei Finanzwerten. Am deutschen Markt profitierte die Allianz (+0,6%) von guten endgültigen Zahlen, während RWE (-2,2%) nach schwachen Zahlen zwischenzeitlich zulegen konnte, am Ende aber doch die rote Laterne im Dax hielt. ThyssenKrupp (+1,1%) halfen noch die Quartalszahlen vom Vortag, so dass der Titel die Gewinner im Dax anführte. Am US-Markt gaben die Kurse nach. Während am US-Rentenmarkt neue geldpolitische Hoffnungen aufkamen, ging dies am Aktienmarkt vor-bei. Hier nahmen die bestehenden negativen Kurstrends bei Internetwerten und Nebenwerten (SmallCaps) wieder Fahrt auf. Überhaupt fehlten frische Impulse, so dass Gewinnmitnahmen das Geschehen dominierten. Im Fokus standen u.a. IBM (-1,8%, verhalten aufgenommene Analystenpräsentation) und auf der Sektorebene die Gebrauchsgüter, bei denen u.a. der Uhrenhersteller Fossil Group. (-10,3%) mit den Zahlen enttäuschte. In Asien notieren die Indizes heute Morgen überwiegend leicht im Minus.