euromicron: Sinkender Aufwand für „Agenda 500“ wird Ergebnis entlasten
Im ersten Quartal leidet die Profitabilität bei euromicron unter den Integrations- und Strukturmaßnahmen im Rahmen der Agenda 500. Vorstand Thomas Hoffmann erläutert im Interview mit der Redaktion von www.4investors.de, mit welchem Integrationsaufwand im laufenden Jahr noch zu rechnen ist. Er spricht über die anstehende große Akquisition sowie über die Maßnahmen, mit denen das weitere Wachstum finanziert werden soll. Die Prognose 2014 ist ebenso ein Thema des Gesprächs mit Thomas Hoffmann. Stellung nimmt der Vorstand zudem zur Dividendenpolitik von euromicron und zu möglichen Übernahmephantasien.
www.4investors.de: Operativ ist ihr Gewinn im ersten Quartal klar gesunken. Kann man dies allein mit den Kosten rund um die Agenda 500 begründen?
Hoffmann: Im Wesentlichen ja. Was den Auftragseingang und den Umsatz betrifft, war das erste Quartal 2014 für euromicron sehr erfolgreich. Im Profitabilitätsvergleich der ersten beiden Quartale 2013/2014 schlägt sich, neben einer bestimmten Variabilität im Projekt- und Auftragsmix, im ersten Quartal 2014 der Aufwand für die Integrations- und Strukturmaßnahmen im Rahmen der Agenda 500 in einer anderen Dimension nieder. Der Aufwand für die Agenda 500 wurde im Jahresverlauf 2013 hochgefahren und erreichte im vierten Quartal sein Maximum. Im ersten Quartal 2014 befinden wir uns trotz bereits rückläufiger Integrationsmaßnahmen noch auf einem vergleichbaren Aufwandsniveau, dieser Effekt zeigt sich im operativen Ergebnis. Der Aufbau der euromicron networks, als Steuerungsgesellschaft unseres Dienstleistungsgeschäfts, die ihre Funktion zu Beginn des Geschäftsjahres 2013 aufgenommen hat und diese sukzessive ausbaute, ist ein sehr gutes Beispiel für die weitere professionelle Marktausrichtung unserer Gesellschaften.
www.4investors.de: Sie berichten einerseits von einem Rekord beim Auftragsbestand, andererseits sagen sie auch, dass viele Projekte daraus nur zögerlich abgerufen werden. Ist das ein Widerspruch? Könnten einige dieser Projekte auch noch abgesagt werden?
Hoffmann: Wir können heute davon ausgehen, diesen bestehenden Auftragsbestand auch zukünftig zu realisieren. Der Auftragsbestand von 145,1 Millionen Euro stellt für euromicron eine Rekordmarke dar und sichert uns eine Vorausschau von vier bis fünf Monaten. Zum Jahresende 2013 betrug der Auftragsbestand 126,5 Millionen Euro, im ersten Quartal 2014 konnten wir weitere vertriebliche Erfolge erzielen. Unsere operativen Unternehmen sind in einem kontinuierlichen Kontakt mit ihren Kunden und sehen trotz einer gewissen Investitionszurückhaltung keine Indikatoren, dass bestehende Beauftragungen gerade im Systemhausbereich abgesagt werden.
www.4investors.de: Welche Kosten werden die Maßnahmen zur Agenda 500 im laufenden Jahr noch verursachen?
Hoffmann: Der im Jahr 2013 zu verarbeitende Aufwand betrug im Kernjahr der Integration rund 5,5 Millionen Euro, für dieses Jahr haben wir einen Integrationsaufwand von ca. 4 Millionen Euro bis 4,5 Millionen Euro in unsere Planung aufgenommen. Die Agenda 500 als umfassendstes Integrations- und Konsolidierungsprogramm in der Geschichte der euromicron hat die Zielsetzung, unser Unternehmen nach einer intensiven Phase von Unternehmenszukäufen für den geplanten kommenden Wachstumsschritt in seinen Organisations-, Finanz- und Personalstrukturen vorzubereiten. Die damit verbundenen Maßnahmen sind aus dem operativen Ergebnis unserer Gesellschaften zu finanzieren und belasten demgemäß das Konzernergebnis.
Die Agenda 500 wurde bereits im Jahr 2000 als eine 15-Jahresstrategie definiert. Ziel ist es, 2015 die Marktposition eines führender Netzwerkinfrastrukturspezialisten mit einem annualisierten Umsatzvolumen von 500 Millionen Euro zu erreichen. Das geplante Unternehmenswachstum basiert in dieser Zeitspanne auf organischem Wachstum und Unternehmenszukäufen verbunden mit vorgeplanten Integrationsphasen.
euromicron bestätigt Prognosen für das Jahr 2014
www.4investors.de: Für 2014 erwarten sie nach bisherigen Angaben einen Umsatz von 340 Millionen Euro bis 360 Millionen Euro. Die EBITDA-Marge soll zwischen 6 Prozent und 8 Prozent liegen. Bleibt es bei dieser Prognose?
Hoffmann: Der genannte Auftragsbestand und ein hervorragender, 20 Prozent über dem Vorjahr liegender Auftragseingang bilden eine stabile Grundlage, die Jahresprognose zu bestätigen. Mit den Ergebnissen der ersten drei Monate 2014 bestätigen unsere operativen Gesellschaften ihre Planungen und die Zielerreichung für das aktuelle Geschäftsjahr. Mit derselben Konsequenz, wie wir unser operatives Geschäft nach vorne treiben, gehen wir die Weiterentwicklung der Strukturen, Prozesse sowie der finanziellen und personellen Ressourcen unseres Unternehmens an. Damit wollen wir sowohl die gesetzten Umsatz- und Ergebnisziele erreichen, als auch die strategischen Voraussetzungen für weiteres profitables Wachstum schaffen.
www.4investors.de: Wie stark wird das Umsatzplus im laufenden Jahr auf Zukäufe zurückgehen?
Hoffmann: Das Unternehmenswachstum ist bei euromicron strategisch geplant und beeinflusst durch ein im Mittel 5- bis 10-prozentiges operatives Wachstum sowie durch Unternehmensakquisitionen. Zum Ende des Geschäftsjahrs 2013 haben wir mit der SIM GmbH und der ATECS AG in der Schweiz zwei Hersteller aus dem Bereich der hochprofessionellen Sicherheitstechnik im einstelligen Millionenbereich in den Konzernverbund aufgenommen. Beide Unternehmen haben auch für dieses Jahr ihre Planungen bestätigt und tragen entsprechend zum Unternehmenserfolg bei.
Weitere Zukäufe von kleineren Spezialunternehmen zur Abrundung unseres Know-hows und unserer Kompetenzen in bestimmten, definierten Nischen sind in Planung und werden entsprechend – je nach Kaufzeitpunkt – zum Unternehmenserfolg beitragen.
www.4investors.de: Im ersten Quartal kommt euromicron auf eine EBITDA-Marge von 6,1 Prozent. Die kommenden Quartale müssen somit klar besser laufen, um die Prognose deutlich zu schaffen. Gibt es dafür schon Anzeichen?
Hoffmann: Die jährliche Geschäftsentwicklung bei euromicron ist saisonal geprägt – mit einem starken Anstieg der Abrechnungen im dritten und vierten Quartal. Im ersten Quartal 2014 haben wir mit der beschriebenen Entwicklung im Auftragseingang und dem aktuellen Auftragsbestand eine sehr gute Ausgangsbasis. Aktuelle Markttrends wie Cloud Computing, Internet der Dinge, sichere Kommunikationswege und mobiles Internet unterstreichen eine steigende Nachfrage nach unseren Leistungen. Und trotz eines durch Vorsicht geprägten Investitionsverhaltens verfügen wir über eine umfassende Angebotspipeline mit sehr guten Erfolgsaussichten.
www.4investors.de: Sie sprachen zuletzt von einem zögerlichen und zeitlich versetzen Investitionsverhalten der Kunden, das vor allem politisch motiviert ist. Welches Zeichen aus der Politik erwarten sie, um die Investitionsfreude zu erhöhen?
Hoffmann: Die von Politik und Wirtschaft erkannten hohen Investitionsbedarfe von fast 200 Milliarden Euro in schnelle und intelligente Netzwerkinfrastrukturen zur Erhaltung von Wirtschaftskraft und Wettbewerbsfähigkeit sowie deren Finanzierung stellen große Herausforderungen dar. Die Erkenntnis alleine führt noch zu keiner Lösung. Signale seitens der Politik, wie begleitende Rahmenbedingungen für eine solche Entwicklung aussehen können, oder auch die Beschreibung einer Roadmap bis 2018 könnten Investitionsentscheidern bestimmt mehr Sicherheit geben.
Dividendenpolitik wird beibehalten
www.4investors.de: Auf der Hauptversammlung am kommenden Mittwoch werden sie vorschlagen, auf eine Dividende für 2013 zu verzichten. Wie ist ihre künftige Dividendenpolitik?
Hoffmann: Mit dem Vorschlag an die Hauptversammlung, für das Geschäftsjahr 2013 keine Dividende auszuschütten, hat sich unsere Dividendenpolitik nicht geändert. Die Richtlinie für die Dividende an die Aktionäre ist, diese mit ca. 50 Prozent am Erfolg der euromicron zu beteiligen. Hiervon gibt es auch keine Abkehr in den kommenden Jahren, wobei der aufgelaufene Verlustvortrag aus 2013 berücksichtigt werden muss.
www.4investors.de: Sie wollen 2015 ein größeres Unternehmen akquirieren. Wie konkret sind dabei, abgesehen von der Agenda 500, die Vorbereitungen? In welche Richtung wird es beim Zukauf gehen?
Hoffmann: Eine umfassende Marktbeobachtung ist eine Basis für unsere Akquisitionsstrategie. Ebenso wie bei unseren bisherigen Akquisitionen haben wir eine Shortlist mit präferierten Kandidaten für die geplante „große“ Akquisition in 2015. Schon in unserer Bilanz-Pressekonferenz zum Geschäftsjahr 2012 haben wir angekündigt, dass unser Fokus für weitere Unternehmenszukäufe im Bereich der herstellenden und konfektionierenden Unternehmen liegt. An dieser strategischen Stoßrichtung halten wir auch fest. Das Ziel ist, mit diesem Zukauf dann die Marke von 500 Millionen Euro Jahresumsatz zu erreichen.
www.4investors.de: Und wie soll dieser Zukauf finanziert werden?
Hoffmann: Um unserem Unternehmen die notwendige finanzielle Flexibilität für mögliche Zukäufe zu sichern, stellen wir eine hohe Eigenkapitalquote in den Fokus. Auch das weitere Wachstum soll unter dieser Prämisse erfolgen und somit planen wir die weiteren Zukäufe auch wie bisher mittels weiterer Kapitalerhöhungen zu begleiten und zu finanzieren.
www.4investors.de: Der Streubesitz von euromicron liegt bei mehr als 80 Prozent. Es gibt keinen Ankerinvestor. Erzeugt das Übernahmephantasien – oder entsprechende Ängste?
Hoffmann: Ängste haben wir auf jeden Fall nicht. In der Tat liegt der Streubesitz bei 80 Prozent oder je nach Definition sogar noch höher. Wir sehen derzeit in unserem Aktionariat durch einen zunehmenden Anteil an Privatinvestoren oder Family Offices einen weiter wachsenden Anteil an Aktionären mit einem Commitment zu unserer Unternehmensentwicklung und einer längerfristigen Investitionsstrategie. Die Aufnahme eines Ankerinvestors wollen wir heute nicht ausschließen. Die Frage, ob das Übernahmephantasien erzeugt, müssen andere beantworten.