Commerzbank: Schwellenländer überholen Industriestaaten
Die Weltbank hat ihre Studie zum Vergleich der Volkswirtschaften anhand von Kaufkraftparitäten aktualisiert. Für das neue Basisjahr 2011 (zuvor 2005) ergibt sich ein Welt-BIP in Höhe von 90 Billionen USD. Im Vergleich dazu lag es 2011 basierend auf Wechselkursen nur bei 70 Billionen USD. Der Unterschied kommt vor allem dadurch zustande, dass in den Schwellenländern die Preise niedriger sind: man bekommt für einen USD mehr „Big Mac“ als in den USA oder Deutschland. Der Ansatz der Weltbank zeichnet also durchaus ein realistischeres Bild der Verhältnisse. 2011 lag der Anteil der Schwellenländer mit 48,0% (2005 32,0%) am Welt-BIP, fast so hoch wie der Anteil der Industrienationen mit 50,5% (2005 61,0%). Die „armen Länder“ hatten einen Anteil von 1,5% (2005 7,0%). Unter den 12 größten Volkswirtschaften, die für zwei Drittel des Welt-BIP standen, spiegelt sich ebenfalls die nahezu paritätische Verteilung zwischen Industrie- und Schwellenländern wider: China, Indien, Russland, Brasilien, Indonesien und Mexico standen 2011 für 32,3% des Welt-BIP und die USA, Japan, Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien für 32,9%. Inzwischen dürfte das wirtschaftliche Gewicht der Schwellenländer das der Industriestaaten übersteigen und China wird voraussichtlich in diesem Jahr die USA nach 142 Jahren (zuvor Großbritannien) als größte Volkswirtschaft ablösen. Auch wenn sich die Wachstumsdynamik der Schwellenländer basisbedingt abschwächt, so dürften sie in den kommenden Jahren ihr Gewicht weiter vergrößern. Die Kaufkraftparitäten sind zwar nur bedingt ein Indikator für eine unter- oder überbewertete Währung. Aber hier gilt: je geringer das Produktivitätsgefälle zu den Industriestaaten wird, desto geringer wird auch der Abschlag der Währungen zur Kaufkraftparität: Der chinesische Renminbi besaß 2011 einen Abschlag von rund 40% zur Kaufkraftparität, was bei höheren Produktivitätszuwächsen für ein signifikantes Aufwertungspotential spricht.
Zinsen und Anleihen
Nachdem der Einkaufsmanagerindex von HSBC für das verarbeitende Gewerbe in China im April von 48,3 auf 48,1 Punkte überraschend gesunken ist und sich die Ukrainekrise weiter verschärft hat, tendierten die Staatsanleihen zum Wochenauftakt überwiegend freundlich. Bereits am Freitag gingen die Renditen mittlerer und längerer erstklassiger Staatsanleihen - trotz deutlich besser als erwarteter US-Arbeitsmarktdaten für April - kräftig zurück. Die Suche nach Sicherheit aufgrund bürgerkriegsähnlicher Zustände in der Ukraine drückte die Rendite 10-jähriger Bundesanleihen auf ein neues Jahrestief von 1,44%. Die Rendite 10-jähriger US-Treasuries sank auf 2,57% und erreichte damit das Jahrestief vom 3. Februar. Im Tagesablauf drehte der Trend jedoch und die Renditen stiegen - unterstützt durch besser als erwartete US-Daten - wieder leicht an. In der EWU-Peripherie stach gestern Portugal hervor. Die Bekanntgabe der portugiesischen Regierung, den EWU-Rettungsschirm ohne die Beantragung einer vorsorglichen Kreditlinie zu verlassen, überraschte positiv. Portugal kann bei der Haushaltssanierung gute Ergebnisse vorweisen und hat die Anforderungen der Troika immer erfüllt. Im April stockte Portugal eine 10-jährige Anleihe mit einem Volumen von 750 Mio. EUR erfolgreich auf. Eine erneute Spreadausweitung wiesen dagegen slowenische Staatstitel auf, wo die Ministerpräsidentin Alenka Bratusek zurücktrat, die erst 15 Monate im Amt war. Sie hatte im vergangenen Jahr mit einer Bankensanierung dem Land ein internationales Rettungspaket erspart. Für dieses Jahr plante sie eine Reduzierung des Haushaltsdefizits von 15% auf 4,1% des BIP. Neuwahlen werden bereits für den 22. Juni ins Auge gefasst.
Aktien
Die europäischen Aktienmärkte tendierten bei recht geringen Umsätzen (Feiertag in England) zumeist schwächer, holten aber einen Teil der zwischenzeitlichen Verluste wieder auf. Belastend wirkten sich v.a. die Krise in der Ukraine sowie vergleichsweise schwache Konjunkturdaten aus China (HSBC Einkaufsmanagerindex) aus. Der Dax verlor in diesem Umfeld rd. 0,3%. Die Aktie von SAP büßte nach dem Rücktritt eines Vorstandes 1,8% ein. In der zweiten Reihe verlor die Aktie von Wacker Chemie nach Vorlage der Geschäftszahlen rd. 3%. Auf europäischer Sektorebene erzielte der Bereich Telekom als Tagesgewinner durchschnittliche Gewinne von 0,3%. Aktien aus den Bereichen Chemie (-0,7%) sowie Technologie (-0,8%) wiesen die größten Abschläge auf. Die US-Börsen zeigten Widerstandskraft und notierten nach schwächerem Start leicht im Plus (Dow Jones-Index: +0,1%). Für Rückenwind sorgte u.a. der stärker als erwartet gestiegene ISM-Index für Dienstleistungen. Die Aktie von Pfizer fiel nach Präsentation der Quartalszahlen um 2,6%. Auf Sektorebene waren Versorgerwerte (+0,8%) am stärksten gesucht (Finanzen: -0,4%). In Asien haben heute die Börsen in Japan, Südkorea und Hongkong feiertagsbedingt geschlossen. Die restlichen Aktienmärkte notierten in einem recht impulslosen Handel zumeist mit leichten Aufschlägen.