Gigaset: Ab 2014 will man Apple und Samsung bei Smartphones Konkurrenz machen
Bei Gigaset ist die Neuausrichtung in vollem Gange. Noch in diesem Jahr will man Apple und Samsung mit einem neuen Smartphone Konkurrenz machen. Man wolle „ ein signifikanter Spieler“ in diesem Segment werden, sagt Alexander Blum, Finanzchef von Gigaset, im Interview mit www.4investors.de. Das laufende Jahr wird noch einmal durch rote Zahlen und weitere Finanzierungsaktivitäten unter anderem aufgrund auslaufender Kredite geprägt sein – auch eine Kapitalerhöhung ist möglich. Hierüber denke man nach, so Blum, der im starken Euro derzeit Vorteile für Gigaset sieht.
www.4investors.de: Der Markt für Schnurlostelefone geht immer weiter zurück. Steht die Sparte zur Disposition?
Blum: Nein. Das Geschäft mit Schnurlostelefonen wird auch in Zukunft ein tragender und wesentlicher Baustein unseres Portfolios bleiben.
www.4investors.de: Sie wollen stärker in den Markt für Smartphones gehen. Wie sieht dort ihre Strategie aus, um sich gegen Apple und Samsung durchzusetzen? Werden Vodafone, die Deutsche Telekom und Co. künftig Smartphones von Gigaset anbieten?
Blum: Wir arbeiten derzeit mit unserem strategischen Partner, der Goldin-Gruppe, daran, noch im laufenden Jahr mit einem Smartphone an den Markt zu gehen. Auch wenn wir zusammen sehr ambitionierte Ziele verfolgen, so wäre es sicher vermessen, sich gleich mit den Platzhirschen zu messen. Aber wir wollen ein signifikanter Spieler in diesem Markt werden. Dass die Netzbetreiber in diesem Geschäft ein sehr wichtiger Vertriebspartner sind, wissen wir. Wir hoffen, dass unsere bereits existierenden Beziehungen zu ihnen hilfreich sind.
www.4investors.de: Wie sieht ihr erstes Fazit bei den Tablet-Computern aus? Wie viele Geräte wollen sie 2014 absetzen?
Blum: Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich mich aus Wettbewerbsgründen nicht öffentlich zu Vertriebszielen einzelner Produkte äußern möchte.
www.4investors.de: Wo liegen die „unique selling points“ ihrer Smartphones und Tablets gegenüber den Etablierten?
Blum: Gigaset hat ein starkes Erbe im Bereich des Zuhauses. Wir arbeiten an einem Ecosystem, das alle unsere Produkte, Schnurlostelefone, Tablets, Smart-Home-System und künftig auch das Handy, miteinander vernetzt und diese einzigartige Markenpositionierung mitnimmt. Denken Sie zum Beispiel daran, dass abends der Akku des Smartphones meist leer ist. Warum den dort ankommenden Anruf dann nicht einfach am Schnurlostelefon annehmen oder das Online-Spiel auf dem Festnetztelefon oder am Gigaset-Tablet weiter spielen? Um das zu vereinfachen, brauchen Sie eine Cloud-Lösung, die wir nun dank Gigaset elements besitzen und kontinuierlich weiter ausbauen.
www.4investors.de: Welche Erkenntnisse haben sie von der CEBIT mitgebracht?
Blum: Die CeBIT hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Der Schwerpunkt liegt nun sehr auf dem B2B-Segment. Wir haben daher auch einen starken Fokus auf den neuen Maxwell gelegt, unser neues android-basiertes high-end Business Telefon, das Videotelefonate erheblich vereinfacht und mit einem besonderen Design aufwartet.
www.4investors.de: Was können sie zum Auftragseingang nach der Messe sagen?
Blum: Spontane Verträge schließen Sie auf Messen selten ab. Wir haben aber eine große Anzahl an sogenannter „Leads“ generiert, von denen wir hoffen, dass wir sie alsbald in Geschäft umsetzen zu können.
www.4investors.de: Viele Unternehmen klagen über Währungsschwankungen. Sie produzieren unter anderem in China. Stimmen sie in das Klagelied des starken Euro mit ein?
Blum: Nach wie vor macht das Geschäft mit Schnurlostelefonen den Löwenanteil unseres Geschäfts aus. Diese produzieren wir in Deutschland. Hierfür kaufen wir allerdings das Material in US-Dollar ein, während unser Hauptabsatzmarkt im Euro-Raum liegt. Daher ist ein starker Euro aktuell für uns noch von Vorteil.
www.4investors.de: Ab 2015 wollen sie profitabel arbeiten. Für 2014 ist demnach erneut mit roten Zahlen zu rechnen. Wie ist ihr Ausblick?
Blum: Die notwendigen Maßnahmen für langfristiges Wachstum wurden im Jahr 2012 eingeleitet. Um der anhaltend schwierigen Entwicklung des Kernmarktes zu begegnen, sind auch weiterhin Investitionen in den Aufbau neuer zukunftsträchtiger Geschäftsfelder und Produktgruppen nötig. 2014 werden die neuen Geschäftsfelder zusätzliche Umsatzbeiträge liefern, die jedoch den marktbedingten Rückgang bei Schnurlostelefonen noch nicht vollständig kompensieren können. Wir erwarten daher für das laufende Geschäftsjahr in den Geschäftsfeldern Consumer Products, Business Customers und Home Networks einen rückläufigen Umsatz im hohen einstelligen bis niedrigen zweistelligen Prozentbereich. Zudem rechnen wir mit einem gegenüber dem Vorjahr erneut deutlich verbesserten positiven EBITDA und einer EBITDA-Marge im oberen einstelligen Prozentbereich aufgrund der zu erwartenden positiven Einflüsse der Effizienzprogramme. Der Free Cash Flow wird wohl im niedrigen zweistelligen Millionenbereich liegen. Das ist unter anderem durch die notwendigen Investitionen in den weiteren Aufbau der neuen Geschäftsfelder und den Umbau der Gesellschaft begründet. Darüber hinaus erwarten wir zusätzliche Umsätze aus dem Tablet- und Smartphone-Geschäft, die sich jedoch schwer prognostizieren lassen. Das liegt an der frühen Phase, in der sich die gemeinsamen Aktivitäten mit Goldin derzeit noch befinden.
www.4investors.de: Sie müssen bis Ende April rund 33 Millionen Euro an Krediten zurückzahlen. Wie werden sie dies bewerkstelligen?
Blum: Die Rückforderung der Konsortialkreditlinie war aufgrund der vertraglichen Bedingungen abzusehen und ist daher keine Überraschung. Die Kapitalausstattung der Firma hat sich durch die Kapitalmaßnahmen aus 2013 wesentlich verbessert. Wir sprechen derzeit sehr konstruktiv mit den Banken und Goldin, wie der weitere Weg aussehen kann.
www.4investors.de: Wie sieht die künftige Finanzierungsstrategie von Gigaset aus? Es werden wohl weitere Kapitalmaßnahmen anstehen?!
Blum: Die Finanzierungstätigkeit wird auch im laufenden Jahr weiter gehen. Allerdings haben sich die Voraussetzungen dafür in der Zwischenzeit durch den Eintritt unseres strategischen Partners deutlich verbessert. Zudem haben wir wesentliche strategische Milestones im vergangenen Jahr umgesetzt und uns aus dem reinen DECT-Geschäft heraus entwickelt. Wir denken in der Tat darüber nach, inwieweit das genehmigte Eigenkapital genutzt werden kann.
www.4investors.de: Wird ihr neuer Großaktionär Goldin seinen Anteil noch einmal erhöhen?
Blum: Das kann dann ein mögliches Resultat sein, wenn wir uns zu Eigenkapitalmaßnahmen entschließen sollten und nicht alle Aktionäre ihre Bezugsrechte wahrnehmen.
www.4investors.de: Bis September wollen sie 17 Millionen Euro einsparen, vor allem bei der Vermarktung. Was für Auswirkungen hat das auf den Umsatz? Und kann man dieses Ziel wirklich ohne Personalentlassungen schaffen?
Blum: Im letzten Jahr haben wir eine Saisonlinie benötigt, die uns durch die traditionell umsatzschwachen Sommermonate gebracht hat. Das Effizienzprogramm soll uns in diesem Jahr ohne eine solche Linie auskommen lassen. Viele der Potentiale sind nicht umsatzrelevant. So muss zum Beispiel weniger Material beschafft werden, wenn weniger abgesetzt wird. Klar ist aber auch, dass wir auch weiterhin unsere wesentlichen Kennzahlen im Blick behalten und uns gegebenenfalls danach neu ausrichten müssen.