Commerzbank: Inflationsrate im Euroraum sinkt unerwartet stark
Der Verbraucherpreisanstieg ging im Euroraum im März stärker als erwartet von 0,7% auf 0,5% J/J zurück. Damit schwächt sich der Preisanstieg weiter ab. Die EZB strebt mittelfristig eine Inflationsrate von knapp 2% an. Deshalb hat eine Debatte über Deflationsrisiken eingesetzt. Zudem ist das Kreditwachstum im Euroraum nach wie vor rückläufig. Vergangene Woche wurde gemeldet, dass die Kreditvergabe an Private im Februar 2,2% unter dem Vorjahresniveau lag. Aufgrund des rückläufigen Kreditwachstums und der niedrigen Inflationsrate kam wieder Lockerungsfantasie für die EZB auf. Bundesbankpräsident Jens Weidmann deutete in einem Interview an, dass er mittlerweile auch einem negativen Einlagenzinssatz zustimmen würde; auch der Ankauf privater Kredite durch die EZB sei für einen gewissen Zeitraum eine Option. Am Wochenende sagte Weidmann jedoch, dass die Disinflation zu zwei Drittel auf die Lebensmittel- und Energiepreise zurückzuführen sei. Tatsächlich stiegen nach den gestrigen Daten die Preise für Nahrungsmittel, Alkohol und Tabak im Euroraum lediglich um 1,0% J/J (Februar 1,5% J/J); im März 2013 betrug der Anstieg noch 2,7% J/J. Die Preise für Energie gingen sogar um 2,1% J/J zurück. Klammert man die schwankungsanfälligen Größen Energie und Nahrungsmittel aus, ging der Preisanstieg (sog. Kernrate) auch von 1,0% auf 0,8% J/J zurück. Der Rückgang der Inflationsrate (Disinflation) ist auch darauf zurückzuführen, dass Ostern in diesem Jahr erst in den April fällt. Dazu kommt, dass der Preisanstieg in den EWU-Peripherieländern - als Folge der Reformen - sehr niedrig oder sogar negativ ist (z.B. Spanien: -0,2% J/J). Im Zuge der konjunkturellen Erholung rechnen wir damit, dass die Inflationsrate im März ihren Tiefpunkt erreicht hat. Deflationsrisiken stufen wir als gering ein. Wir rechnen deshalb nicht mehr mit einer Zinssenkung der EZB. Dennoch bleibt es offen, ob die EZB am Donnerstag unkonventionelle Maßnahmen beschließen wird.
Zinsen und Anleihen
Mit der Rückkehr des Konjunkturoptimismus verlöschen langsam die Erwartungen, dass die Europäische Zentralbank (EZB) die Zinsen erneut senken wird. Dies mag zum Ende der Kursrallye bei den Bundesanleihen beigetragen haben. Die Preisentwicklung im Euroraum lässt der EZB allerdings Spielraum z.B. für „unkonventionelle Maßnahmen“: In der Eurozone lagen – wie gestern Vormittag gemeldet wurde – die Verbraucherpreise im März nur 0,5% über dem Vorjahresniveau (vgl. „Im Blickpunkt“). Die nur langsam steigenden Preise und die Hoffnungen auf Lohnerhöhungen stützen den Konsum in Deutschland. Nach einem realen Anstieg der Einzelhandelsumsätze von 1,8% gegenüber dem Vormonat im Januar legten die Umsätze im Februar erneut kräftig zu (+1,3%). Die Zuwächse decken sich mit der sehr guten Verbraucherstimmung gemessen am GfK-Verbraucherindex. Einen Dämpfer erhielt der Optimismus gestern Nachmittag dann aber aus den USA. Der Einkaufsmanagerindex aus der Region Chicago enttäuschte mit einem unerwartet kräftigen Rückgang. Für mehr Klarheit wird aber heute der nationale ISM-Index für das Verarbeitende Gewerbe sorgen. Aus Japan wurde heute Morgen ein leichter Anstieg des Tankanindex gemeldet, der den derzeitigen Aufschwung reflektiert. Japan braucht aber neben der expansiven Nachfragesteuerung Reformen, sonst bleibt der Aufschwung ein Strohfeuer. Auch dies spiegelt die Umfrage wider, denn die Unternehmen erwarten, dass die Konjunktur im zweiten Quartal an Schwung verlieren wird.
Aktien
Während sich die Hoffnungen auf weitere Konjunkturanreize der EZB an den europäischen Aktienmärkten im gestrigen Handel nicht halten konnten, sorgte die neue Fed-Präsidentin Janet Yellen durch eine Rede - in der sie feststellte, dass die US-Wirtschaft noch für einige Zeit eine außergewöhnliche Unterstützung der Notenbank benötige – für eine gegenläufige Entwicklung im US-Handel. Die europäischen Aktienbörsen verzeichneten rückläufige Aktienkurse im späten Handel und schlossen mit einem leichten Minus. Im deutschen Dax 30 konnten vor allem HeidelbergCement (+1,8%) und Lanxess (+1,2%) nach positiven Analystenkommentaren zulegen, während dagegen die Deutsche Post (-2,1%) Gewinnmitnahmen verzeichnete. Im Leitindex des Euroraums, dem EUROSTOXX 50, konnten sich vor allem Banken (+1%) und Grundstoffe (+0,9%) positiv präsentieren. Schwach war vor allem die Entwicklung bei Nahrungsmitteln (-1%), die allerdings auch in den Vorwochen deutlich outperformt hatten. An der Wall Street konnten hingegen die frühen Kursgewinne über den gesamten Handelsverlauf gehalten werden. Alle Branchen legten meist deutlicher zu, besonders stark präsentierte sich nach positiven Testergebnissen und Zulassungsbestätigungen für Medikamente der Gesundheitsbereich (+1,3%). Unter Druck gerieten dagegen die Aktien von General Motors (-0,9%) wegen einer weltweiten Rückrufaktion. Die asiatischen Märkte präsentieren sich heute Morgen in der Breite stabil. Vor allem die Aktien in Hongkong können etwas stärker zulegen. Mit diesen Vorgaben dürften auch die europäischen Börsen etwas fester eröffnen. Im Tagesverlauf wer-den sich die Anleger besonders auf den ISM-Index für das verarbeitende Gewerbe in den USA konzentrieren.