Commerzbank Märkte im Überblick: EZB lässt Leitzinsen unverändert
Die EZB hat bei ihrer Ratssitzung die Leitzinsen unverändert gelassen und auch darüber hinaus keine neuen geldpolitischen Beschlüsse gefasst. Vielfach war als „Kompromiss“ eine Aussetzung der Sterilisierungstender für die Anleihekäufe, die die EZB in der ersten Phase der Finanzmarktkrise getätigt hatte, erwartet worden. Mit einer Zinssenkung hatten indes nur noch wenige gerechnet, nachdem die Inflation im Euroraum die Markterwartungen überboten und auch die Konjunkturdaten in der Summe eher positiv überrascht hatten. Und in der Tat nannte EZB-Chef Draghi vor allem die Konjunkturentwicklung als Argument. Dazu passend hob die EZB ihre Projektion für das reale BIP-Wachstum leicht auf 1,2% (2014) bzw. 1,5% (2015) und 1,8% (2016) an. Ihre Inflationsprojektion für diese Jahre senkte sie indes auf 1,0% bzw. 1,3% und 1,5%. Die EZB sieht keine greifbare Deflationsgefahr; vielmehr betonte der EZB-Chef, dass der seit zwei Jahren zu beobachtende Rückgang der Inflationsrate zu zwei Dritteln auf die gesunkenen Energiepreise zurückzuführen sei - was im Übrigen der Kaufkraft der Verbraucher zugute komme.
Ihre „zukunftsgerichteten Hinweise“ ließ die EZB ebenfalls unverändert: sie sieht also weiterhin für einen ausgedehnten Zeitraum ein Leitzinsniveau wie derzeit oder ein noch niedrigeres gerechtfertigt. Dabei verwies Mario Draghi darauf, dass der Akkommodierungsgrad der Geldpolitik im von der EZB unterstellten Inflationsszenario immer stärker werde. Was heißt das für den weiteren geldpolitischen Ausblick? Das Thema Leitzinssenkung ist wohl erst einmal abgehakt. Um es wiederzubeleben, bedarf es eines gravierenden Unterschießens der aktuellen Inflationsprojektion der EZB oder/und eines Entgleisens des Aufschwungs im Euroraum; beides ist derzeit freilich nicht zu sehen. Klar ist aber auch: An eine Leitzinswende ist gleichfalls noch lange nicht zu denken. Sie liegt in fernerer Zukunft als die der Fed, die als vagen Termin dafür Mitte 2015 ins Auge gefasst hat.
Zinsen und Anleihen
Im Vorfeld der geldpolitischen Sitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) hatte einiges daraufhin gedeutet, dass die EZB den Expansionsgrad ihrer Politik noch einmal verstärken könnte. So hatte EZB-Präsident Mario Draghi das Stillhalten der Notenbank vor einem Monat damit begründet, dass man die nächsten Konjunkturdaten abwarten wolle und dann auf Basis neuer Inflations- und Wachstumsprognosen über weitere Schritte entscheiden werde. Obwohl die Inflation sinkt und immer weniger Kredite von den Banken vergeben werden, entschied sich die EZB gegen expansive Maßnahmen (vgl. Topthema). Der Euro wertete infolge der Entscheidung gegenüber dem US-Dollar auf und die Kurse von Bundesanleihen gaben deutlich nach. Schon am Mittag hatten überraschend gute Auftragsgänge in Deutschland die Anleihenkurse unter Druck gebracht. Insgesamt wurden in Deutschland im Januar 1,2% mehr Industriegüter als im Vormonat bestellt. Vor allem Konsumgüter (+6,3%) waren gefragt. Damit verbindet sich die Hoffnung, dass auch die Inlandsnachfrage endlich stärker anzieht. Eine erste Indikation darüber mit wie viel Schwung die deutsche Industrie tatsächlich ins Jahr gestartet ist, liefern heute deren Produktionsdaten. Da gute Auftragseingänge häufig schon im selben Monat mit Outputzuwächsen einhergehen, dürften auch die Produktionsdaten heute positiv ausfallen. An den US-Arbeitsmarktbericht, der heute veröffentlicht wird, werden keine allzu hohen Erwartungen geknüpft. Die Zahlen, so die eingespielte Meinung, werden den Trend nicht widerspiegeln sondern wetterbedingt schwächer ausfallen.
Aktien
Nach anfänglichen Kursgewinnen schlossen die europäischen Märkte gestern nur wenig verändert. Die Krim-Krise drückte noch ein wenig auf die Stimmung und die EZB, die die Leitzinsen unverändert gelassen hatte, fiel als positiver Treiber aus. So sorgten auf der Einzelwertebene im Wesentlichen Analystenkommentare und Unternehmensmeldungen für größere Kursbewegungen. An die Dax-Spitze schaffte es dabei Continental (+5,7%) die mit ihren Zahlen überzeugen konnten, während dies u.a. Merck KGaA (-4,4%), Axel Springer (-4,4%) und der Deutschen Telekom (-3,6%) nicht gelang. Überhaupt standen Telekomtitel gestern im Fokus. So ging es für Orange (vorm. France Telecom) nach einem positiven Ausblick für das laufende Jahr um 10,5% nach oben. Des Weiteren trieben Übernahmeaktivitäten den Sektor, so profitierte der franz. Mischkonzern Bouygues (+6,6%) von seinem Übernahmeangebot für SFR, der Telekomsparte von Vivendi (+0,9%). Auf Branchenseite führten der Bausektor (+1,2%, hier ist Bouygues eingeordnet) und Autos (+1,1%) die Gewinner an, während der Healthcaresektor (-0,5%) und einmal mehr die Versorger (-0,4%) am unteren Ende der Performancetabelle zu finden waren. An den US-Märkten ließen sich die Investoren von der Krim-Krise kaum noch beeindrucken und erfreuten sich stattdessen lieber an den positiven wöchentlichen Arbeitsmarktdaten. Am Ende verzeichnete der S&P 500 ein neues historisches Schlusskurshoch. Zyklische Sektoren wie Finanzwerte (+0,7%) und Industriewerte (+0,6%) führten die Gewinner an. Wie schon in Europa war Healthcare der schwächste Sektor. In Asien zeigen sich die Märkte, mit der Ausnahme von China, freundlich. Heute steht der US-Arbeitsmarktbericht im Fokus.