Commerzbank Börsencompass: Konjunkturerholung im Euroraum
Das Europäische Statistikamt Eurostat gab gestern die Details zum realen BIP des Euroraums bekannt und bestätigte die Erstschätzung von +0,3% Q/Q bzw. +0,5% J/J (Gesamtjahr 2014: -0,4%). Erfreulich ist, dass die gebeutelten Peripherieländer ihre lange und tiefe Rezession überwunden und sich die zarten Erholungsansätze in Italien, Spanien und mehr noch in Portugal verfestigt haben. Doch wäre es verfrüht, schon das Ende der Krise im Euroraum auszurufen. Zutreffend scheint uns eher dieser Befund: Der Krisenhöhepunkt ist überwunden, doch der Weg zum neuen realwirtschaftlichen Gleichgewicht ist noch lang. Dazu diese Fakten: Noch immer liegt das Niveau des realen BIP im Euroraum mehr als 2,5% unter seinem Vorkrisenhoch vom 1. Quartal 2008. Dabei ist die regionale Streuung groß: In Deutschland übertrifft das BIP mittlerweile sein Vorkrisenhoch um 3%, in Italien liegt es satte 9%, in Spanien und Portugal rund 7% darunter. Auch wenn zumindest die Wende am spanischen und portugiesischen Arbeitsmarkt erreicht scheint, so wird auch dort die Arbeitslosenquote lange auf einem Niveau bleiben, das den Lohn- und Preisauftrieb dämpft und hilft, die preisliche Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Das strahlt auf die Inflation im Euroraum aus – und ist ein Grund für die EZB, die Leitzinsen noch lange niedrig zu lassen. Getragen wurde das Wachstum zuletzt vor allem vom Außenhandel, der 0,4%-Punkte zum Quartalszuwachs beitrug. Der Rückgewinn an Wettbewerbsfähigkeit in der Peripherie trägt also erste Früchte. Ein positiver Beitrag von 0,2%-Punkten kam auch von den Investitionen, die ihren Erholungskurs fortsetzten, während der private Verbrauch (+0,1%-Punkte) enttäuschte. Negative Beiträge kamen von den Staatsausgaben und der Lagerveränderung. Nachholbedarf hat der private Verbrauch, doch lässt die Verbraucherstimmung auf bessere Zeiten hoffen. In 2014 rechnen wir mit einem realen BIP-Zuwachs von rund 1%.
Zinsen und Anleihen
Auch gestern setzte sich die fortlaufende Korrektur nach dem Unsicherheitsschock vom Wochenende (Krim-Krise) fort. Die Kurse der als sicherer Hafen genutzten Bundesanleihen und US-Treasuries gaben zunächst nach, die Renditen stiegen. Italienische und spanische Staatsanleihen waren hingegen weiterhin gefragt. Dies ist insofern erstaunlich, als dass auch sie als sicherer Hafen gesucht waren, nun aber nicht verlassen werden. 10-jährige italienische Staatsanleihen rentierten gestern mit rund 3,36% nah an einem 9 Jahrestief. Auch 10-jährige spanische Anleihen rentierten mit 3,35% dicht an den Niveaus des Jahres 2005. Die Spreads der Euro-Peripherieanleihen zu Bundesanleihen engten sich in den letzten Wochen deutlich ein. Zwar war nach den zuletzt verbesserten Konjunkturdaten von einer weiteren Einengung auszugehen, jedoch – im Zuge der aktuellen Unsicherheit bezüglich der Ukraine – nicht in dieser Deutlichkeit. Am Nachmittag fanden Bunds und US-Treasuries allerdings wieder Unterstützung; der ISM-Index für das Dienstleistungsgewerbe fiel mit 51,6 Punkten (-2,4 Punkte) deutlich schwächer aus als erwartet. Besonders die Unterkomponente für die Beschäftigung fiel im Februar deutlich von 56,4 auf 47,5 Punkte zurück. Auch der ADP-Beschäftigungsindex blieb mit 139.000 geschaffenen Stellen hinter den Erwartungen. Die wetterbedingten Wachstumshemmnisse fanden indes auch Einzug in den Konjunkturbericht der Fed (Beige Book) und haben das Potenzial den Tapering Zeitplan zu beeinflussen. Heute werden Daten zur Industrieproduktion in Deutschland und den USA veröffentlicht. Zudem steht mit der EZB Zinsentscheidung der Wochenhöhepunkt an.
Aktien
Nachdem die Entspannungssignale in der Krim-Krise am Vortag für eine deutliche Erholungstendenz an den europäischen Aktienmärkten gesorgt hatten, gelangten die internationalen Börsen zur Wochenmitte wieder in ruhigeres Fahrwasser. Mit der Erleichterung wegen des doch diplomatischeren Vorgehens Russlands konzentrierten sich die Marktteilnehmer dann auch wieder stärker auf Makrodaten und Unternehmensberichte. So belasteten den deutschen Leitindex Dax 30 die Jahresvorlage und der Ausblick von adidas (-3%). Ähnlich schwach tendierte Beiersdorf (-2,9%). Der Konsumgüterproduzent hatte seine Jahreszahlen am Vortag veröffentlicht und litt jetzt unter Kurszielsenkungen von Analysten. An der Spitze des Kurstableaus konnte sich hingegen Infineon (+2,5%) positionieren. Stärkster Titel im europäischen Leitindex EURO-STOXX 50 war Carrefour (+4,4%). Der französische Handelskonzern konnte 2013 vor allem in Übersee seine Umsätze steigern und erhöht seine Dividende. Auf Branchenebene konnte vor allem der Bankensektor (+1,4%) seine Erholungsbewegung weiter fortsetzen. Schwächer entwickelten sich dagegen die Segmente Gesundheit und Chemie (je -0,7%). An der Wall Street fehlten angesichts der doch enttäuschenden Konjunkturdaten die Kurstreiber. Den-noch erreichte der S&P 500 im Tagesverlauf ein neues Rekordhoch. Auch hier konnte vor allem die Finanzbranche zulegen. Schwach entwickelte sich dagegen unter Führung von Exxon (-2,8%) der Energiesektor (-1,1%). An den asiatischen Börsen setzt sich heute Morgen die positive Stimmung in der Breite weiter fort. Auch die europäischen Märkte sollten somit leicht fester eröffnen. Im Tagesverlauf steht vor allem der Zinsentscheid der EZB im Fokus der Anleger.