Commerzbank Börsencompass: Weitere Lockerung der EZB oder nicht?
Nach den bisherigen Daten steht die Entscheidung über weitere expansive Maßnahmen auf des Messers Schneide. Die Daten, welche seit der letzten EZB-Ratsitzung vom 6. Februar veröffentlicht wurden, haben bisher keine wirkliche Klarheit geschaffen. So sind auf der einen Seite etwas positivere Konjunkturdaten veröffentlicht worden (Bruttoinlandsprodukt im 4. Quartal 2013 etwas besser als erwartet, höheres EU-Wirtschaftsvertrauen). Dabei zeichnet sich ab, dass die Konjunktur der Peripherie-Länder langsam Fuß fasst – jedoch Kernländer wie Frankreich zunehmend den Anschluss verlieren - wie auch der leicht rückläufige Einkaufsmanagerindex für die Industrie im Februar deutlich zeigte. Auf der anderen Seite sind die Daten zur Inflation weiterhin schwach. Zwar wurde der Wert für Januar um 0,1% auf 0,8% J/J nach oben revidiert, doch er liegt weiter deutlich unter der Zielmarke der EZB von 2%. Nach den gestrigen Daten zur Inflation in Deutschland sollte auch für heute bei der Schnellschätzung der Inflationsrate für den Euroraum im Februar ein sehr niedriger Wert gemeldet werden. Für eine Lockerung spricht auch die anhaltend schwache Kreditvergabe speziell an Unternehmen (-2,9% J/J), aber auch an die privaten Haushalte deren Kredite 0,2% unter dem Niveau des Vorjahres lagen. Die EZB wird wohl auf der nächsten Sitzung am 6. März nochmals zur Tat schreiten: Durch eine Zinssenkung oder alternative liquiditätsfördernde Maßnahmen. Ob dies mehr als ein Placebo ist bleibt abzuwarten, denn an Liquidität fehlte es den Kreditinstituten aufgrund der Vollzuteilung auch bisher nicht.
Zinsen und Anleihen
Trotz überwiegend guter Konjunkturdaten aus dem Euroraum und den USA legten die Kurse von Bundesanleihen gestern kräftig zu. Üblicherweise steigen die Kurse von Bundesanleihen, wenn die Anleger vorsichtiger werden und Risiken stärker scheuen. Doch von Risikoscheu ist derzeit wenig zu spüren, bspw. stiegen die Kurse von griechischen Staatsanleihen ebenfalls. Somit dürften v.a. Spekulationen darüber, dass die Europäische Zentralbank (EZB) nächsten Donnerstag ihre Geldpolitik erneut lockert, die Renditen drücken und den Kursen am Rentenmarkt Auftrieb geben (vgl. Topthema). Zwar überraschten gestern die EU-Stimmungsindikatoren für den Euroraum positiv, aber andere – für die EZB ebenfalls wichtige Daten – enttäuschten: So geht die Kreditvergabe weiter zurück und der Disinflationstrend setzt sich in Deutschland fort. Für den Euroraum insgesamt ist ähnliches zu erwarten – entsprechende Verbraucherpreisdaten werden heute veröffentlicht. Aus Deutschland wurde heute Morgen ein kräftiger Anstieg (+2,5% M/M) der Einzelhandelsumsätze im Januar gemeldet. Die Schwäche im Dezember wurde damit ausgeglichen. Konjunkturdaten aus den USA werden derzeit vorsichtig bewertet – man weiß ja, dass der strenge Winter in einigen Regionen die Produktion gelähmt hat. Die Bestellungen für langlebige Güter im Januar fielen aber recht solide aus. Vor allem Bereiche mit schwachen Bestellungen im Dezember erholten sich. Zudem zeigten die Daten, dass die Ausrüstungsinvestitionen wieder anziehen.
Aktien
Sorgen um die weitere Entwicklung in der Ukraine angesichts der Eskalation auf der Halbinsel Krim und der Drohgebärden aus Moskau trübten am gestrigen Handelstag die Stimmung an den europäischen Aktienbörsen. Nachdem die Märkte über eine Woche seitwärts tendiert hatten, führte nun die Intensivierung der geopolitischen Spannungen zu stärkeren Kurseinbußen, die sich allerdings mit dem Rückenwind einer positiv einsetzenden Wall Street wieder zurückbildeten. Am deutschen Aktienmarkt standen die Aktien der Allianz (-2,3%) nach Vorlage der Jahreszahlen im Fokus. Während der operative Gewinn und die Dividende die Erwartungen noch erfüllen konnten, enttäuschte die Ergebnisqualität. Fester präsentierten sich dagegen nach den Kurseinbußen des Vortags Lanxess (+1,5%) und E.ON (+0,8%). Mit Abstand stärkster Wert im EUROSTOXX 50 war GDF Suez (+6%). Hier überzeugte trotz Milliardenabschreibungen und hoher Verluste die vorgelegte Investitionsplanung. Mit dieser Entwicklung waren Versorger (+1,5%) die beste Branche im Euroraum, wogegen vor allem der Telekomsektor (-1,4%) unter Druck stand. In den USA sorgten unter anderem die Aussagen der neuen FOMC-Vorsitzenden Yellen für eine wesentlich positivere Stimmung. Fast alle Branchen konnten zulegen, hier stachen im Gegensatz zu Europa die Telekomtitel (+1,7%) unter der Führung von Verizon (+2,5%) deutlich positiv hervor. Im Fokus standen hier die positiven Quartalsbilanzen der Einzelhändler (J.C. Penney +25,3%). An den asiatischen Märkten konnten vor allem die chinesischen Indizes zuletzt ins Plus drehen. Mit diesen Vorgaben dürften auch die europäischen Börsen heute Morgen etwas fester eröffnen.