Commerzbank Börsencompass - Auftragslage in den USA nicht ganz so gut wie gedacht
Die US-Firmen haben im Dezember saisonbereinigt 4,3% weniger Bestellungen für langlebige Güter als im November erhalten. Der Rückgang kommt überraschend. Da auch die Novemberbestellungen vom nach unten revidiert wurden, scheint das Tempo der Erholung im Verarbeitenden Gewerbe etwas langsamer zu sein, als bislang vermutet wurde. Die schwachen Daten lösten aber keine starken Kursbewegungen aus – vermutlich wohl auch deshalb, weil damit die Chancen steigen, dass die US-Notenbank den Expansionsgrad ihrer Geldpolitik in den kommenden Monaten nur graduell zurücknimmt. Doch auch grundsätzlich spricht vieles dafür, monatliche Veränderungen bei den insgesamt sehr volatilen Bestellungen nicht überzubewerten. Einen starken negativen Einfluss hatten z.B. die stark schwankenden Aufträge im Flugzeugbau. Boeing erhielt zwar knapp drei Mal so viele Bestellungen wie im November. Doch da die Aufträge zum Jahresende hin gewöhnlich noch kräftiger ansteigen, wird saisonbereinigt statt eines Zuwachses sogar ein Rückgang von 17,5% ausgewiesen. Ohne Fahrzeuge betrug der Rückgang zwar immer noch 1,6% – nach drei sehr guten Monaten kann dies aber als Normalisierung betrachtet werden. Zudem ist unklar, welche Rolle das in einigen Regionen sehr schlechte Wetter gespielt hat. Und schließlich beruhigt es uns, dass die Einkaufsmanagerindizes keine Stimmungseintrübung im Verarbeitenden Gewerbe erkennen lassen. Wir rechnen somit weiterhin mit einem soliden gesamtwirtschaftlichen Wachstum im Schlussquartal von annualisiert gut 2%.
Konjunktur und Rentenmärkte
Nach dem deutlichen Rückgang der Renditen in der vergangenen Woche hielt gestern die Konsolidierung bei Bundesanleihen und US-Treasuries an. Die Risikoaversion ließ nach, der Markt lenkte sein Augenmerk wieder stärker auf die USA statt auf China, das für den - jetzt abflauenden - Anflug von globaler Konjunkturskepsis gesorgt hatte. Beruhigungszeichen in den Emerging Markets, wo die türkische Notenbank ihren Leitzins mehr als verdoppelte, taten ein Übriges. Der Markt stellt sich berechtigterweise darauf ein, dass die Fed bei ihrer heutigen FOMC-Sitzung ihre Anleihekäufe um weitere 10 Mrd. USD reduziert. Die Summe zwischen den beiden Sitzungsterminen bekanntgegebenen Daten weist nach unserer Einschätzung klar in diese Richtung, auch wenn der Beschäftigungszuwachs im Dezember (wetterbedingt) ebenso enttäuschte wie die Auftragseingänge (s.Topthema). Dem steht aber ein Rückgang der Arbeitslosenquote gegenüber, der wie die Daten aus der Industrie eine sinkende Unterauslastung der Ressourcen anzeigt. Wir gehen davon aus, dass nur gravierende Abweichungen von ihrem konjunkturellen Basisszenario die Fed von der stetigen Drosselung ihrer Anleihekäufe abhalten können – doch hat es diese zumindest in der Gesamtschau nicht gegeben. Mit Blick auf den weiteren Kurs der EZB sind heute die Geldmengen- und Kreditdaten von Interesse. Eine weitere Abschwächung der Kreditvergabe dürfte den Druck auf die EZB zu einer abermaligen geldpolitischen Lockerung verstärken.
Aktienmärkte
Stabilisierungsansätze an den Übersee-Aktienbörsen und letztendlich positiv interpretierte US-Konjunkturdaten verhalfen den europäischen Märkten nach vier Verlusttagen zu einer ersten Erholung. Nur kurz nach Veröffentlichung der enttäuschenden Auftragseingänge für langlebige Güter in den USA hatte es kurz so ausgesehen, als würde diese positive Entwicklung nicht durchgehalten werden können. Doch dann setzte sich die Erkenntnis durch, dass diese Zahlen die anstehende Entscheidung der Fed positiv beeinflussen könnten und die danach folgenden Häuserpreise und das Verbrauchervertrauen entspannten die Marktteilnehmer zusätzlich. Im deutschen Leitindex Dax 30 konnte Siemens (+1,6%) nach heftigen Kursschwankungen letztendlich positiv auf die Zahlen zum abgelaufenen Quartal reagieren. Schwach entwickelten sich dagegen vor allem die zuletzt stark erholten Versorger E.ON (-1,3%) und RWE (-0,9%). Im EUROSTOXX 50 konnten unter der Führung von AXA (+4%) vor allem Versicherungen (+2,2%) deutlicher zulegen. Stärkere Abgaben verzeichnete nur der Nahrungsmittelbereich (-0,5%). An der Wall Street konnten auf der einen Seite gute Quartalsberichte wie von Pfizer (+2,6%) die Stabilisierung weiter vorantreiben. Andererseits belastete das Zahlenwerk von Apple, das am Vortag nach Börsenschluss vorgelegt worden war. So war der IT-Sektor (-0,7%) die einzige schwächer tendierende Branche, während vor allem Pharma und Finanzen (je +1,3%) zulegen konnten. Die deutliche Zinsanhebung der türkischen Notenbank stützt heute Morgen den Erholungstrend an den asiatischen Börsen. Auch die europäischen Märkte werden fester eröffnen. Im Fokus der Märkte steht das FOMC-Meeting.