Evotec - Interview: Deutschland soll für Wagniskapitalgeber attraktiver werden
In den USA gibt es derzeit einen Biotechboom. Diese positive Stimmung soll sich auch in Deutschland niederschlagen, glaubt Werner Lanthaler, Vorstandschef von Evotec. Bei seinem Unternehmen stehen 2014 eine Reihe von Entwicklungen an, die Lanthaler im Gespräch mit www.4investors.de näher erläutert. Er spricht über die Prognose für 2013 sowie über die Zukunft der Produktreihe EVT-100. Auch der „Aktionsplan 2016“ ist Thema des Interviews mit dem CEO von Evotec.
"/medienpool/unternehmen/evotec/lanthaler.jpg" alt="Werner Lanthaler, Vorstandschef von Evotec, im 4investors-Interview. Bild und Copyright: Evotec." title="Werner Lanthaler, Vorstandschef von Evotec, im 4investors-Interview. Bild und Copyright: Evotec." class="textbild" />www.4investors.de: Die deutsche Biotechbranche sorgt nach dem Eindruck vieler Anleger zumindest gefühlt übermäßig häufig für Negativschlagzeilen mit fehlschlagenden Projekten. Stimmt dies, oder würden sie dem widersprechen?
Lanthaler: Also gerade in 2013 haben auch deutsche Unternehmen Top-Nachrichten gebracht. Ich denke hier z.B. an Morphosys. Aber natürlich gibt es immer wieder Fehlschläge bei Projekten in der Medikamentenentwicklung und nur ein geringer Prozentsatz aller Projekte schafft es tatsächlich bis zur Zulassung. Aufgrund der relativ wenigen Unternehmen der Biotechbranche in Deutschland erregen Fehlschläge natürlich erheblich mehr Aufsehen, als dies z.B. in den USA der Fall ist. In den USA hat sich beispielsweise im Jahr 2013 ein regelrechter Biotechboom entwickelt, mit über 30 Börsengängen und einer Rekordzahl an Projekten in den klinischen Studien. Ich bin mir sicher, dass diese positive Stimmung sich auch in Deutschland niederschlagen wird.
www.4investors.de: Aus den verschiedenen High-Risk-Branchen hört man immer wieder über Schwierigkeiten bei der Finanzierung von Projekten. Auch wenn dies Evotec mit der hohen Cash-Ausstattung wahrscheinlich derzeit weniger Probleme bereitet: Sind private und institutionelle Investoren und Finanziers in Deutschland, auch am Aktienmarkt, zu risikoavers?
Lanthaler: Für den Bereich institutionelle Investoren ist es grundsätzlich richtig, dass die Risikobereitschaft in anderen Ländern, insbesondere den USA, Finanzmittel für High-Risk-Branchen wie z.B. Biotechnologie zur Verfügung zu stellen höher ist, als in Deutschland. Gerade die letzten Biotechreports von Ernst+Young haben die Unterfinanzierung in Deutschland durch Venture Capitalgeber sehr klar beleuchtet. Jedoch gibt es auch in Deutschland immer wieder Beispiele, dass es möglich ist, institutionelle Finanziers zu finden. Dietmar Hopp und die Strüngmann-Brüder sind ein tolles Beispiel dafür, dass auch hierzulande die Bereitschaft vorhanden ist, hohe Millionenbeträge in die deutsche Biotechnologie zu investieren. Dennoch bleibt die mangelnde finanzielle Förderung innovativer kleinerer und mittlerer Unternehmen in Deutschland weiterhin ein großes Problem. Ich wäre hier gerne optimistischer, doch leider glaube ich nicht, dass sich das rasch ändern wird.
www.4investors.de: Wo sehen sie Verbesserungspotenziale für die deutsche Biotechbranche, sei es beim Gesetzgeber, sei es beim Personal oder auch bei den Finanzen?
Lanthaler: Hinsichtlich des Personals kann ich nur sagen, dass es in Deutschland eine große Anzahl exzellenter Wissenschaftler gibt, auf die sich die Biotechbranche stützen kann. Ohne die hervorragende Expertise und dem großen Engagement ihrer Wissenschaftler, wären die Fortschritte bei einer Vielzahl von Projekten in den letzten Jahren auch für Evotec nicht möglich gewesen.
Die Bereitschaft von Kapitalgebern, in die Aussichten der Biotechbranche zu investieren, ist ungemein wichtig und die Politik hat bereits angekündigt, dass Deutschland für Wagniskapitalgeber attraktiver gemacht werden solle. Dies, denke ich, ist bereits ein Schritt in die richtige Richtung, aber das darf halt nicht nur bei Absichtserklärungen bleiben.
www.4investors.de: Auch Evotec war vor Rückschlägen bisher nicht gefeit. 2012 hatten sie Probleme mit einem Pfizer-Projekt, 2013 bei einem Projekt im Rahmen einer Kooperation mit Janssen. Welche Risiken für weitere Enttäuschungen schlummern in der Evotec-Pipeline, was sind die besonders schwierigen Projekte?
Lanthaler: Rückschläge in der Wirkstoffforschungsentwicklung sind Risiken, mit denen man immer rechnen muss. Es bestätigt uns deutlich in unserer Strategie, ein Projektportfolio aufzubauen, ohne jedoch das große finanzielle Risiko in der klinischen Entwicklung alleine einzugehen. Viele unserer Target X/Cure X-Initiativen sind darauf ausgerichtet, first-in-class Medikamente voranzutreiben. Natürlich sind solche Projekte immer extrem risikobehaftet, zeichnen sich aber auch durch ihr enormes Potential aus. Um das finanzielle Risiko möglichst gering zu halten, ist Evotec in vielen Fällen bestrebt, zu einem frühen Zeitpunkt Partnerschaften mit finanzstarken Pharmaunternehmen einzugehen, was uns in den Bereichen Diabetes, Nierenerkrankungen und Alzheimer auch schon gelungen ist. Darüber hinaus ist es unser Ziel, die Pipeline stetig zu verbreitern, um die Auswirkungen eines Scheiterns einzelner Projekte möglichst gering zu halten.
"/medienpool/unternehmen/evotec/logo.jpg" alt="Evotec-Firmenlogo. Bild und Copyright: Evotec." title="Evotec-Firmenlogo. Bild und Copyright: Evotec." class="textbild" />www.4investors.de: War der zwischenzeitliche Wertverfall der Evotec-Aktie nach der Hiobsbotschaft aus der Janssen-Kooperation für sie nachvollziehbar, oder hatte der Markt übertrieben?
Lanthaler: Bitte entschuldigen sie, aber Aktienkurse kommentiere ich nicht.
www.4investors.de: Der Ausfall einer Meilensteinzahlung durch Janssen Pharma im Rahmen der nicht wie geplant laufenden Forschungen mit einem NMDA-Antagonisten hat den Evotec-Aktienkurs jüngst massiv belastet. Ist dieses Antidepressivum-Projekt nun als komplett gescheitert anzusehen, oder bestehen Optionen, die Entwicklungsarbeiten präklinisch und später auch klinisch fortzuführen?
Lanthaler: Unser Partner Janssen führt derzeit eine Evaluierung des Projektes durch und über die Chancen einer Fortführung können wir zum jetzigen Zeitpunkt keine Aussage treffen. Im besten Fall gibt es nur eine signifikante Verzögerung. Evotec selbst überprüft daher eine Wertberichtigung immaterieller Vermögenswerte von bis zu 22 Millionen Euro in der Bilanz in Bezug auf die EVT-100 Produktreihe.
www.4investors.de: Bereinigt um Sondereffekte haben sie trotz der ausbleibenden Meilensteinzahlung weiter schwarze Zahlen für 2013 in Aussicht gestellt. Das Jahr ist nun zu Ende, können sie diese Prognose bestätigen und eventuell auch konkretisieren?
Lanthaler: Ja, die in der Pressemitteilung vom 13. Dezember 2013 ausgegebene Prognose können wir bestätigen. Konkrete Zahlen werden bei Veröffentlichung der Jahreszahlen am 25. März 2014 bekannt gegeben.
www.4investors.de: Kommen wir zum Ausblick: Können sie schon einen Ausblick auf Umsatz und Ertrag, der in diesem Jahr anfallen sollte, abgeben?
Lanthaler: Einen Ausblick auf 2014 werden wir am 25.März 2014 präsentieren.
www.4investors.de: Mit welchen konkreten Meilensteinen und Entwicklungen im Evotec-Konzern können Anleger für das Jahr 2014 rechnen?
Lanthaler: Im Bereich der klinischen Daten steht 2014 ganz sicher im Zeichen von DiaPep277. Hier erwarten wir gegen Ende des Jahres erste Daten aus der zweiten Phase-3-Studie, die von unseren Partnern Teva und Andromeda durchgeführt wird. Weiterhin erwarten wir ein bis zwei Starts von klinischen Studien unserer Partner, eine Expansion der erfolgreich bestehenden Allianzen sowie die Erweiterung des Netzwerks akademischer Allianzen und die Verpartnerung von mindestens einer Cure X / Target X-Initiative.
www.4investors.de: Evotec verfolgt einen „Aktionsplan 2016“, blicken wir also einmal ins Jahr 2017: Wo wird Evotec dann stehen, wenn alles einigermaßen nach Plan verläuft?
Lanthaler: Zunächst einmal wird es wichtig sein, die Ziele, die wir uns mit dem „Aktionsplan 2016“ gesetzt haben, zu erreichen. Auf diese Ziele bündeln wir auch alle unsere Ressourcen und Kräfte. Wir werden weiterhin ein hochattraktives langfristiges Produktportfolio aufbauen, insbesondere mit Therapien gegen Alzheimer, Diabetes und Diabetes-Folgeerkrankungen. Auf der Basis der Einkünfte eines erstklassigen Outsourcing-Servicegeschäfts können wir unsere Innovationen mit eigenen finanziellen Ressourcen finanzieren und haben hier mit den besten akademischen Anknüpfungen eine breite Pipeline. Bis 2017 stehen viele wichtige Datenpunkte an, über deren Ausgang man zum jetzigen Zeitpunkt nichts sagen kann. Das hängt stark von der Biologie ab, daher ist es umso wichtiger ein breites Projektportfolio aufzubauen, um rückschlagssicher zu sein.