Commerzbank Börsencompass: Deutschland bleibt Konjunkturlokomotive
Im vergangenen Jahr ist das reale BIP in Deutschland nur moderat um 0,4% gewachsen, nach 0,7% in 2012. Gebremst wurde das Wirtschaftswachstum insbesondere von der Rezession in vielen Euro-Ländern als Folge der Schuldenkrise sowie der mäßigen weltwirtschaftlichen Entwicklung. Aufgrund der Schwäche in den deutschen Abnehmerländern stiegen die Ausfuhren um 0,6% nur sehr verhalten an, die Importe legten aufgrund der starken Binnennachfrage um 1,3% deutlich kräftiger zu. Dadurch senkte der Außenbeitrag das BIP-Wachstum um 0,3 Prozentpunkte. Getragen war die Binnen-nachfrage durch den privaten Konsum, dessen Zunahme erfreulicherweise auf +0,9% anstieg, die Ausrüstungsinvestitionen gingen dagegen um 2,2% stark zurück. Dies ist offenbar auch eine Folge der Staatsschuldenkrise, die viele Unternehmen vor allem in der ersten Jahreshälfte verunsicherte und von Investitionen abhielt. Den Berechnungen für das Gesamtjahr zufolge ist das reale BIP im 4. Quartal um 0,25% Q/Q gestiegen. Nach dem Anstieg der Stimmungsindikatoren (z.B. Ifo-Index, Einkaufsmanagerindizes) rechnen wir damit, dass sich das Wachstum beschleunigen wird. Die Erholung der Konjunktur im Euroraum, in den immer noch mehr als die Hälfte der Exporte fließen, verbessert die Absatzaussichten. Zudem dürfte das weitere Abklingen der Schuldenkrise Zuversicht in den Unternehmen erhöhen und zu einer stärkeren Investitionstätigkeit führen, die zudem durch den für Deutschland zu niedrigen Leitzins von 0,25% unterstützt wird. Wir rechnen in diesem Jahr mit einer Wachstumsbeschleunigung auf 1,7%.
Konjunktur und Rentenmärkte
In der Europeripherie hielt die zuversichtliche Grundstimmung an, die Renditen sanken dort weiter: 10-jährige spanische Staatstitel rentieren mittlerweile so niedrig wie zuletzt im April 2010, als die Krise im Euroraum noch ganz am Anfang stand. Die Markt sah sich gestern in seiner optimistischen Einschätzung der weiteren Perspektiven der Peripherieländer durch die Nachricht bestärkt, dass Portugal noch im ersten Halbjahr dieses Jahres – also vor dem offiziellen Ende des aktuell laufenden Rettungsprogramms – wieder an den Kapitalmarkt zurück-kehren und Versteigerungen von Staatsanleihen durchführen will. Die Märkte stehen diesem Test der Kapitalmarktfähigkeit offenbar aufgeschlossen gegenüber. Bundesanleihen gerieten dagegen in den Sog des US-Bondmarktes. Dort zogen die Renditen an, nachdem der New York Fed Index im Januar - gestützt von den wichtige Einzelkomponenten wie Auftragseingang und Produktion - deutlich stärker als erwartet auf den höchsten Stand seit gut anderthalb Jahren anstieg (12,5 Punkte nach 1,0). Die US-Produzentenpreise sind im Dezember – nicht zuletzt unter dem Einfluss höherer Kraftstoffpreise – um 0,4% M/M bzw. 1,2% J/J (November: -0, 1% M/M und +0,7% J/J) gestiegen. Dieser Datenmix spricht dafür, dass die Fed bei ihrer FOMC-Sitzung Ende Januar ihre Anleihekäufe – wie in ihrem Basisszenario vorgesehen – weiter reduziert.
Aktienmärkte
Die europäischen Aktienmärkte verzeichneten gestern deutliche Kursgewinne. Zum Handelsschluss verzeichneten DAX und MDAX neue Rekordhochs. Der Eurostoxx schloss auf einem 5-Jahreshoch. Eine positive Studie der Weltbank zum globalen Wirtschaftswachstum verstärkte dabei die Hoffnungen der Investoren auf eine stärkere konjunkturelle Dynamik. Dies zeigte sich auch auf Branchenseite (Stoxx), wo Autos (+2,1%), Banken (+1,8%) und Rohstoffwerte (+1,8%) die Gewinner anführten, während defensive Sektoren auf den hinteren Plätzen landeten. Der Nahrungsmittelsektor (-0,1%) schloss dabei als einzige Branche im Minus. U.a. sorgten Analystenherabstufungen für Kursverluste bei Unilever (-0,8%) oder auch Diageo (-1,1%). Am deutschen Markt profitierten Lufthansa und Fraport (+4,4% bzw. +3,2%) von Hoffnungen auf eine Lockerung der Nachtflugverbote an deutschen Flughäfen. Ein Rekordhoch gab es auch beim S&P500 am US-Markt. Auch hier wurden die Weltbank-Studie, Konjunkturfrühindiktoren und die gut startende Berichtssaison (u.a. Bank of America +2,3%) als Gründe genannt. Das im späteren Verlauf veröffentlichte Beige Book hatte zwar einen positiveren Ton als im Monat zuvor, sorgte aber nicht für Bewegung am Markt. Auf Branchenseite gehörten zyklische Sektoren wie Finanzwerte (+1,2%) oder IT (+1,2%) zu den größten Gewinnern. Am stärksten ging es aber für den Telekomsektor (+1,5%) nach oben, der von einem telekomanbieterfreundlichen Gerichtsurteil zur Netzneutralität profitierte. In Asien notieren die Indizes heute Morgen uneinheitlich und überwiegend unter den Tageshochs. Auch beim Nikkei reichen gute Maschinenbauauftragsdaten nicht für ein Indexplus.