ElringKlinger: Asien bietet größtes Wachstumspotenzial
Wenig Begeisterung zeigt Stefan Wolf, Vorstandschef von ElringKlinger, für die angedachte Pkw-Maut in Deutschland. Er fordert von der Politik die richtigen Rahmenbedingungen, damit die Autokonjunktur in Europa anzieht. Für sein Unternehmen wird Asien 2014 von besonderer Bedeutung sein. Das macht er im Interview mit der Redaktion von www.4investors.de klar. In dem Gespräch gibt Wolf Details zum vielleicht größten Auftrag in der Firmenhistorie von ElringKlinger bekannt. Er spricht über die aktuelle Bestellsituation und über die großen Chancen im Bereich E-Mobility. Das Thema Akquisitionen scheint für Wolf nicht uninteressant zu sein.
"/medienpool/unternehmen/elringklinger/wolf.jpg" alt="ElringKlinger-Vorstandschef Stefan Wolf im Interview mit der 4investors.de-Redaktion. Bild und Copyright: ElringKlinger." title="ElringKlinger-Vorstandschef Stefan Wolf im Interview mit der 4investors.de-Redaktion. Bild und Copyright: ElringKlinger." class="textbild" />www.4investors.de: Was muss geschehen, um die Autokonjunktur in Europa klar anzukurbeln?
Wolf: Voraussetzung ist ein Anziehen der Konjunktur und der Beschäftigung vor allem in den süd- und westeuropäischen Staaten. Auch die Politik muss dazu beitragen, die richtigen Rahmenbedingungen zu setzen. Signale wie die Pkw-Maut in Deutschland werden nicht unbedingt zu einem Nachfrageschub beitragen. Seit September sehen wir eine leichte Belebung am europäischen Automarkt, allerdings auf historisch niedriger Basis. Ein schnelles Anziehen wie in den USA wird es meiner Meinung nach nicht geben. Außerdem muss man bedenken, dass die Hersteller zunehmend Fahrzeuge in den Wachstumsmärkten Asien und Südamerika vor Ort produzieren. Es ist also sehr unwahrscheinlich, dass wir die Spitzenniveaus in der Fahrzeugproduktion von mehr als 16 Millionen Einheiten in Europa überhaupt wieder erreichen.
www.4investors.de: Mit welchen Erwartungen gehen sie in das neue Jahr?
Wolf: Bei ElringKlinger sind wird relativ zuversichtlich für das kommende Jahr. Die Weltfahrzeugproduktion dürfte 2014 um 2 Prozent bis 3 Prozent wachsen. Außerdem haben wir eine Reihe neuer Produkte in der Pipeline. Spätestens ab dem zweiten Quartal 2014 sollte die Nachfrage nach EURO-VI-Lkw anziehen, bei denen unser Lieferanteil deutlich höher ausfällt. Wir liefern zusätzlich Leichtbauteile aus Kunststoff wie Ventilhauben, Ölwannen oder Ladeluftrohre. Das Elektroauto eines deutschen Premiumanbieters wird richtig hochlaufen, in dem unsere Zellkontaktiersysteme für die Lithium-Ionen-Batterien verbaut sind. Bei unserer Schweizer Tochter Hug blicken wir gespannt auf eine völlig neue Filtertechnologie, mit der wir bei Schiffen auch Rußpartikel aus Schweröl filtern wollen. Ein enormes Potenzial. Bei vielen Produkten profitieren wir vom strukturellen Wachstum in vielen Bereichen: Bei Turboladern oder für die Abschirmtechnik beispielsweise werden immer mehr unserer Teile im Fahrzeug benötigt.
www.4investors.de: Wird 2014 für ElringKlinger ein Asien-Jahr oder ein Amerika-Jahr?
Wolf: Wir sind in Asien stark positioniert. In China, Japan und Indien sind wir schon viele Jahre präsent. In Südkorea bauen wir gerade ein neues Werk, nachdem wir dieses Jahr unser dortiges Joint Venture zu 100 Prozent übernommen haben. Auch in der ASEAN-Region sind wir bereits vor Ort aktiv: 2013 haben wir in Indonesien ein erstes Werk in Betrieb genommen. In Thailand haben wir eine Vertriebsgesellschaft gegründet. Diese Investitionsschwerpunkte zeigen klar, wo wir künftig das größte Wachstumspotenzial sehen. Aber auch Nordamerika dürfte sich positiv weiterentwickeln. Hier spielen bei der Fahrzeugnachfrage neben dem weiterhin vorhandenen Nachholbedarf auch die günstigen Finanzierungsmöglichkeiten eine Rolle. Wenn sie die Exporte mit einrechnen, machen wir mittlerweile im Konzern über 50 Prozent unserer Erstausrüstungsumsätze in Asien, den USA und Südamerika.
www.4investors.de: Sie sprachen zuletzt vom möglicherweise größten Auftrag in der Firmenhistorie. Gibt es dazu etwas Neues? Welche Investitionen sind dafür nötig?
Wolf: Es handelt sich dabei um ein völlig neues, hoch interessantes Strukturteil im Bereich Kunststoffmodule, das nach Hochlaufen 2016 in der Spitze 30 Millionen Euro bis 40 Millionen Euro zum Umsatz beitragen könnte. Wir erwägen derzeit, dafür unsere Kapazitäten in China weiter auszubauen. In Summe würden wir 15 Millionen Euro bis 20 Millionen Euro investieren.
"/medienpool/unternehmen/elringklinger/gehaeuse.jpg" alt="Leichtbau-Kunststoffmodule von ElringKlinger. Bild und Copyright: ElringKlinger." title="Leichtbau-Kunststoffmodule von ElringKlinger. Bild und Copyright: ElringKlinger." class="textbild" />www.4investors.de: Wie läuft es derzeit mit den Bestellungen der Kunden?
Wolf: Die Nachfrage nach Komponenten für EURO-V-Lkw ist derzeit sehr hoch. Hier kaufen viele unserer Kunden vor dem Start von EURO VI noch die günstigeren EURO-V-Modelle. Auch seitens der deutschen Premiumhersteller sind die Abrufe solide, hier zeichnen sich auch über die Weihnachtszeit nur kurze Betriebsferien ab. Insgesamt wird unser Ziel, den Umsatz jährlich organisch um 5 Prozent bis 7 Prozent zu steigern, von den Auftragseingängen gut untermauert. Zum Ende des dritten Quartals lagen die Bestellungen um 11 Prozent über dem Vorjahr.
www.4investors.de: Sie haben bei den jüngsten Zahlen den starken Euro beklagt, der hat ihnen den Gewinn etwas verhagelt. Mit welchem Wechselkurs könnten sie leben? Wo wird es für sie wirklich gefährlich?
Wolf: Der Euro hat im dritten Quartal nicht nur gegenüber dem US- Dollar sondern vor allem gegen die Währungen der asiatischen und südamerikanischen Schwellenmärkte schlagartig und ziemlich extrem aufgewertet. Während für den Euro zum Jahresanfang 2013 beispielsweise 2,7 brasilianische Real bezahlt wurden, waren es Ende September schon 3,0. Zu gleichen Währungskursen hätte unser Umsatzwachstum im dritten Quartal 2013 sogar bei knappen 9 Prozent statt der gezeigten 5 Prozent gelegen. Von einer Gefährdung lässt sich aber nicht sprechen. Die Gewinnschmälerung im 3. Quartal 2013 beim Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) lag bei weniger als 9 Prozent und war – und dies ist entscheidend –nicht cash-wirksam.
www.4investors.de: Deutsche Unternehmen wurden zuletzt kritisiert, dass sie sich nicht oder nicht richtig gegen Wechselkursrisiken abgesichert haben. Auch der Name ElringKlinger ist in diesem Zusammenhang gefallen. Was entgegnen sie dem?
Wolf: Die negativen Währungskurseffekte, die sich im dritten Quartal mit 3,5 Millionen Euro im EBIT bzw. im Finanzergebnis niedergeschlagen haben, sind kein operatives Thema, sondern resultieren zum ganz überwiegenden Teil aus Finanzierungsthemen zwischen der Muttergesellschaft und unseren Konzerntöchtern und sind wie gesagt nicht cash-wirksam. Auf operativer Ebene sichern wir uns weitgehend über natural hedging ab. Operativ haben wir mit 39 Millionen Euro eines unserer besten Quartale verzeichnet, obwohl der europäische Automobilmarkt auf 25-Jahrestief lag.
"/medienpool/unternehmen/elringklinger/zellkontaktiersysteme.jpg" alt="Zellkontaktiersysteme von ElringKlinger für den Einsatz in der E-Mobility. Bild und Copyright: ElringKlinger." title="Zellkontaktiersysteme von ElringKlinger für den Einsatz in der E-Mobility. Bild und Copyright: ElringKlinger." class="textbild" />www.4investors.de: Anlaufkosten im Bereich E-Mobility haben ihre Zahlen zuletzt belastet. Was kann man aus diesem Bereich für 2014 erwarten?
Wolf: Im Herbst dieses Jahres ist unser bisher größtes Serienprojekt im Bereich E-Mobility gestartet: Wir statten das erste Elektroauto eines deutschen Premiumanbieters vollumfänglich mit Zellkontaktiersystemen aus, die die einzelnen Batteriezellen in der Lithium-Ionen-Batterie verbinden. Das sollte diesem neuen Bereich 2014 zu einer deutlichen Umsatzsteigerung verhelfen. Die Vorlaufkosten und hohen Fixkosten werden zunehmend von steigenden Umsätzen kompensiert. Im nächsten Jahr könnten wir die 15 Millionen-Euro-Schwelle überschreiten, nach noch etwas weniger als 10 Millionen Euro in 2013. Mit dem Break-even rechnen wir abhängig vom Produktmix in 2015. Neben den Zellverbindern für die Batterien arbeiten wir zurzeit mit Hochdruck auch an Zellgehäusen.
www.4investors.de: Ist der Markt in Indien für sie von Interesse? Schließlich soll die Wirtschaft des Landes im kommenden Jahr um mehr als 5 Prozent wachsen.
Wolf: Wir sind seit 2007 mit einem eigenen Werk in Indien in der Nähe von Pune vertreten. Aber noch vielversprechender als Indien schätzen wir die Fahrzeugmärkte der ASEAN-Region wie Indonesien, Thailand, Vietnam oder Malaysia ein. Im letzten Jahr wurden in der ASEAN-Region mit 3,1 Millionen Pkw deutlich mehr Fahrzeuge verkauft als in Indien. Dort waren es 2,8 Millionen Fahrzeuge. Auch in den ASEAN-Ländern treibt die Orientierung an den anspruchsvollen europäischen Emissionsvorschriften wie Euro 5 die Nachfrage nach unseren Produkten. ElringKlinger bietet hier die passenden technologischen Lösungen.
www.4investors.de: Die letzten Zukäufe sollten langsam verdaut sein. Am Markt wird spekuliert, dass sie aufgrund ihrer Eigenkapitalquote von rund 50 Prozent sowie der Kassenbestände durchaus wieder intensiver über Akquisitionen nachdenken. Stimmt das?
Wolf: Wenn wir ein interessantes Angebot erhalten, schauen wir uns das natürlich an. Das könnte entweder eine neue komplementäre Technologie sein oder eine Übernahme, um einen schnelleren regionalen Markteintritt für einen unserer Geschäftsbereiche zu ermöglichen. Die industrielle Logik muss stimmen.