Commerzbank Börsencompass - Südafrika: Streikrisiko in Platinindustrie und Wahl
In Südafrika wird es nach Nelson Mandela, der als moralische Institution fungierte, nicht leichter. Das Land steht wirtschaftlich am Abgrund und lebt weiter über seine Verhältnisse: Im 3. Quartal stieg das Leistungsbilanzdefizit auf 6,8% zum BIP, von 5,9% im 2. Quartal. Hohe Kapitalzuflüsse sind demnach essentiell. Aber selbst in einem von uns relativ optimistisch eingeschätzten Makroumfeld mit einem sich belebenden Welthandel und steigenden Rohstoffpreisen dürfte diese Gratwanderung kaum gelingen. Die 2014 anstehende Wahl ist eine lähmende und kritische Angelegenheit. Der seit 20 Jahren regierende ANC verliert besonders bei seiner Klientel in der Unterschicht immer stärker an Rückhalt. Radikalere Kräfte, vor allem die Economic Freedom Fighters (EFF) von Julius Malema, gewinnen an Gewicht. Ein Spiegelbild der politischen Landschaft sind die Gewerkschaften. Die radikale AMCU bereitet sich auf einen großen Streik bei den 3 großen Platinproduzenten vor. Da die Platinminenindustrie für Südafrika von großer Bedeutung ist, könnte ein langer Streik das Land destabilisieren, was mit Blick auf die Wahl besonders den radikalen Kräften nutzen könnte. Beim viertgrößten Platinproduzenten Northam versucht die ANC-nahe Gewerkschaft NUM Muskeln zu zeigen und streikt dort bereits in der 6. Woche (Produktionsausfall ca. 1000 Feinunzen /Tag). Die Preise für Platin und Palladium würden von einem großen Streik stark profitieren. Der ZAR, in unserem Universum mit einer negativen Performance von 17,5% bereits die schwächste Währung der letzten 12 Monate, könnte noch wesentlich stärker abrutschen. Wir empfehlen weiter den Verkauf.
Konjunktur und Rentenmärkte
Gestern tendierten Staatsanleihen während eines impulslosen Handels freundlich. Der EUR legte ggü. dem USD weiter, da viele Marktteilnehmer eine geringere Wahrscheinlichkeit weiterer geldpolitischer Lockerungsmaßnahmen der EZB sehen. Auf dem Treffen der europäischen Finanzminister (Ecofin-Treffen) am Montag und Dienstag wurden Fortschritte bezüglich der Abwicklung von Banken erzielt. Es wurde ein neues Treffen für den 18. Dezember vereinbart, damit ein Kompromiss bis zum EU-Gipfel am 19. und 20. Dezember getroffen werden kann. Für den 1. Januar 2016, also ein Jahr später als zunächst angestrebt, ist ein System zur Bankenabwicklung als zweite Säule der Bankenunion geplant, was die bereits vereinbarte Bankenaufsicht der EZB, die Anfang November 2014 starten soll, ergänzt. Die Bankenunion soll die Sicherung der Finanzstabilität und die Entlastung der Steuerzahler bei Bankenschieflagen gewährleisten. Die Staatsanleihen der EU-Peripherie verbuchten gestern Kursgewinne, insbesondere spanische und italienische. Die Rendite 10-jähriger italienischer Staatsanleihen fiel gestern um 6 Bp. auf 4,06%. Der Renditeabstand zu Bundesanleihen ging dadurch auf den tiefsten Stand seit Juli 2011 zurück. Gestützt wurden italienische Staatsanleihen durch besser als erwartete Konjunkturdaten. So stieg die italienische Produktion im Oktober um 0,5% M/M (-0,5% J/J). Das reale BIP stagnierte im 3. Quartal entgegen der bisherigen Meldung eines Rückgangs.
Aktienmärkte
Die Ungewissheit über den Zeitpunkt der geldpolitischen Wen-de hält die Aktienmärkte weiterhin im Griff und sorgte am gestrigen Handelstag für erneuten Kursdruck. Besonders die Aussagen des FOMC-Mitglieds Bullard, der sich eine Rückführung der Anleihekäufe bereits im Dezember vorstellen kann, wirkten belastend. Erfreuliche Konjunkturdaten sorgten dafür, dass sich die Verluste im italienischen FTSE MIB in Grenzen hielten, dagegen enttäuschten erneut die Makrodaten aus Frankreich. Der CAC 40 war dann auch Schlusslicht der europäischen Indizes. Im Dax 30 konnten die Aktien der Commerzbank (+2,7%) ihren Aufwärtstrend nach einem positiven Analystenkommentar fortsetzen. Schwach präsentierte sich dagegen erneut Merck KGaA (2%). Die schlechteste Kursperformance im EUROSTOXX 50 wiesen die Titel von EADS (-2,6%) auf, nachdem der Luftfahrt-Konzern Details zum geplanten Jobabbau bekanntgegeben hatte. Im Euroraum zeigten alle Branchen eine negative Kurstendenz auf. Am schlechtesten präsentierten sich dabei Automobile (-1,4%) und Grundstoffe (-1,3%), während sich vor allem Telekomtitel (-0,2%) etwas stabiler zeigten. An der Wall Street war der Kursdruck deutlich moderater. Hier galt die Aufmerksamkeit der Marktteilnehmer zusätzlich den laufenden Verhandlungen zum US-Haushalt. Als stärkste Branche erwiesen sich hier die Grundstoffe (+0,4%), während vor allem Versorger (-1%) und Nahrungsmittel (-0,9%) unter Druck gerieten. Trotz der erzielten Einigung in der US-Haushaltsdebatte entwickeln sich die Märkte in Fernost sehr schwach. Die europäischen Märkte dürften deshalb etwas schwächer eröffnen. Tagesthemen werden US-Haushalt und das kommende Tapering bleiben.