Commerzbank Börsencompass: Kaum Stimmungsänderung im Euroraum
Der Einkaufsmanagerindex (PMI) für das verarbeitende Gewerbe im Euroraum stieg im November leicht um 0,2 auf 51,5 Punkte. Der Index für den Dienstleistungssektor sank im gleichen Zeitraum um 0,7 auf 50,9 Punkte und somit den zweiten Monat in Folge. Auch der Stimmungszuwachs in der Industrie offenbart auf den zweiten Blick, dass dieser lediglich dem starken Anstieg des entsprechenden PMIs in Deutschland (+0,8 auf 52,2 Punkte) geschuldet ist. Dies deutet darauf hin, dass die Konjunktur europaweit noch nicht in Schwung kommt. Auch wenn das Schrumpfen vieler Ökonomien in Europa zu Ende geht – ein deutlicher Aufschwung ist noch nicht in Sicht. Ein Teufelskreis, da Neueinstellungen und Ausrüstungsinvestitionen von Unternehmen an Wachstumserwartungen gekoppelt sind. Zwei wichtige Stützen der Binnennachfrage bleiben somit schwach. Daraus lässt sich ein Szenario ableiten: Die Auslastung der Produktionsfaktoren wird weiter deutlich unter den Möglichkeiten verharren, die Unternehmensinvestitionen könnten darunter leiden. Die Inflation wird weiter auf niedrigem Niveau bleiben und die Arbeitslosigkeit besonders in Südeuropa nicht spürbar reduziert. Ein weiteres Eingreifen der EZB wird wahrscheinlicher – wenngleich ohne Aussicht auf eine bessere Wirkung. Entscheidend ist umso mehr, dass die Fragmentierung im Finanzsystem nachlässt und die Zinsimpulse in den Krisenländern auch tatsächlich ankommen. Genauso wichtig ist es, mit den strukturellen Reformen nicht nachzulassen. Dies wäre ein wirksames Mittel, um die Wachstumserwartungen und Investitionsbereitschaft der Unternehmen zu heben.
Konjunktur und Rentenmärkte
Die Rentenmärkte tendierten gestern schwächer. Dabei holten die Bundesanleihen die Kursverluste der US-Treasuries vom Mittwoch nach, die nach Veröffentlichung des Protokolls der Fed-Sitzung vom 29./30. Oktober eingetreten waren. In der Sitzung gingen die Fed-Mitglieder davon aus, dass sich die US-Wirtschaft und US-Arbeitsmarktsituation weiter verbessern werden, sodass die Anleihekäufe der Fed in den kommenden Monaten reduziert werden können. Außerdem wurde diskutiert, wie die kurzfristigen Zinsen auch lange nach der Beendigung des Kaufprogramms weiter niedrig gehalten werden können. Die insgesamt enttäuschenden Einkaufsmanagerindizes, insbesondere aus Frankreich (siehe Topthema) haben nur zwischenzeitlich die Stimmung aufgehellt. EZB-Chef Draghi verteidigte gestern erneut die jüngste Zinssenkung der EZB. In einer Rede betonte er, dass das Wachstum in der Eurozone schwach, uneinheitlich, fragil und die Risiken nach wie vor groß seien. Dabei müsse die EZB den optimalen Zins für die gesamt Eurozone finden. Die EWU-Peripherieländer hielten sich im Vergleich zu den Bundesanleihen gut. Die Renditen der Peripherieanleihen stiegen geringer an als die der Bundesanleihen, so dass sich die Spreads weiter zurückbilden konnten. Gestern platzierten Frankreich und Spanien ein Volumen von knapp 6,5 bzw. 3,5 Mrd. EUR. Die spanischen Anleihen waren 2,51-fach überzeichnet, also sehr gefragt.
Aktienmärkte
An den europäischen Aktienmärkten konnten die anfänglichen Verluste nach den schwachen Vorgaben aus den USA und Asien fast ausgeglichen werden. Da die Einkaufsmanagerindizes gemischt ausfielen, fiel die Rolle des positiven Treibers erneut den USA zu. Ein positiver Start der Wall Street angesichts guter Arbeitsmarktdaten und der Zustimmung des Bankenausschusses des US-Senats zur Nominierung von Janet Yellen als neue Fed-Chefin sorgten dann doch noch für eine positivere Stimmung in Europa. Die Verlierer des Vortages avancierten dabei zu den Tagesgewinnern. Der spanische IBEX und der italienische MIB konnten um 0,4% bzw. 0,6% zulegen. Auf Branchenebene (Stoxx) gaben Grundstoffwerte (-1,3%) am stärksten nach, während Versorger (+0,6%) und Telekoms (+0,5%) gefragt waren. Bei den Einzelwerten fielen u.a. Allianz (-1,3%, Brokerherabstufung), BAT (-2,4%, negative Branchenaussagen vom Konkurrenten Philip Morris), Lufthansa (+1,4%, Hoffnungen auf Abschaffung der Luftverkehrssteuer) und Südzucker (-9,2%, Rücknahme der Prognose) auf. An den US-Märkten konnten die Gewinne vom Handelsstart im Verlauf weiter ausgebaut werden. Als Haupttreiber wurden die guten Arbeitsmarktdaten genannt, während das Protokoll der jüngsten Fed-Sitzung, dessen Inhalt (Drosselung der Anleihekäufe rückt näher) normalerweise für eine schwache Börse gesorgt hätte, keine größere Beachtung mehr fand. In Asien hilft die neuerliche Yen-Schwäche den Exporteuren am japanischen Markt, auch wenn die Tageshochs nicht gehalten werden konnten. Im übrigen Asien überwiegen die Pluszeichen, mit der Ausnahme Chinas, wo Immobilienwerte unter Druck stehen.