VP Bank: EU-Kommission nimmt den deutschen Exportüberschuss unter die Lupe
Die EU-Kommission überprüft den deutschen Außenhandelsüberschuss. In Anbetracht der internationalen Kritik muss dies nicht weiter verwundern. Die Frage ist, ob in Deutschland ein übermäßiges wirtschaftliches Ungleichgewicht vorliegt. Ergibt die Überprüfung einen positiven Bescheid, muss das Land Strafzahlungen leisten (0,1% des Vorjahres-BIP). Aus unserer Sicht ist das Verfahren heikel. Die hohen Handelsbilanzüberschüsse zeugen von der Konkurrenzfähigkeit deutscher Produkte. An einer «künstlichen Schwächung» der Wettbewerbsfähigkeit mittels deutlicher Lohnsteigerungen kann auch die EU-Kommission kein Interesse haben. Letztlich lebt ganz Europa von der guten Bonität Deutschlands.
Bei genauerer Betrachtung leistet Deutschland bereits eine immens hohe Strafzahlung. Da in Höhe der Leistungsbilanzüberschüsse Ersparnisse ins Ausland abfließen, müsste die Nettoauslandsvermögensposition in gleichem Masse wachsen wie die aufaddierten Leistungsbilanzüberschüsse (die Leistungsbilanz reflektiert im Wesentlichen die Handelsbilanz). In Deutschland ist dies aber nicht der Fall. Konkret heißt dies: Seit dem Jahr 2004 beläuft sich der Verlust der Auslandsanlagen auf rund 370 Mrd. EUR. Das ist Strafe genug.
Wirksamstes Mittel zum Abbau der Außenhandelsüberschüsse wäre eine Investitionsinitiative in Bildung und Verkehrsinfrastruktur. Dies würde die Überschüsse reduzieren und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit stärken. Wünschenswert wäre, wenn dies bei den laufenden Koalitionsverhandlungen berücksichtigt würde.
Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank Gruppe