SAF-Holland: Investitionsstaus in Amerika und Europa bringen großen Nachholbedarf
Die internationalen Märkte sind für SAF-Holland von besonderer Bedeutung. Das hat sich erneut auf einer wichtigen Messe in Moskau gezeigt. Detlef Borghardt, der Vorstandsvorsitzende von SAF-Holland erläutert im Gespräch mit der Redaktion von www.4investors.de die Strategie seiner Gesellschaft in den BRIC-Staaten. Er spricht über die mittelfristige Planung und über Zukäufe. Auch der bisherige Jahresverlauf sowie mögliche Kapazitätsausweitungen sind Themen des Interviews mit Borghardt.
"/medienpool/unternehmen/safholland/borghardt.jpg" alt="Detlef Borghardt, Vorstandsvorsitzender von SAF-Holland, im Gespräch mit der Redaktion von www.4investors.de. Bild und Copyright: SAF-Holland" title="Detlef Borghardt, Vorstandsvorsitzender von SAF-Holland, im Gespräch mit der Redaktion von www.4investors.de. Bild und Copyright: SAF-Holland" class="textbild" />www.4investors.de: Die Absatzzahlen aus dem europäischen Nutzfahrzeugsektor waren im laufenden Jahr bisher noch nicht als gute Nachrichten einzustufen, sie selber haben sich aber im Halbjahresbericht optimistischer zur Wirtschaftsentwicklung geäußert. Wie tief steckt die Branche derzeit noch in der Krise? Welche Stimmungen nehmen sie mit von der jüngsten Nutzfahrzeugmesse in Russland?
Borghardt: Die SAF-Holland-Gruppe besteht aus drei Segmenten mit sehr unterschiedlichen Kundengruppen. Die Geschäftseinheit Trailer Systems bedient Trailer-OEM, d.h. Produzenten von Anhängern und Aufliegern. Dieser Bereich ist traditionell sehr umsatzstark auf dem europäischen Markt, unterscheidet sich hinsichtlich Markt- und Kundenstrukturen jedoch grundlegend von den klassischen LKW-Herstellern.
Die Kunden unserer Geschäftseinheit Powered Vehicle Systems hingegen sind diese großen LKW-Hersteller, hier besonders die Hersteller von schweren Sattelzugmaschinen. Traditionell haben wir auf dem nordamerikanischen Markt für diese schweren Zugmaschinen eine führende Marktposition. Erst nach der Übernahme des Sattelkupplungsgeschäftes der GF in 2008 haben wir begonnen, stärker den europäischen Truckmarkt zu erschließen. Der Umsatzanteil mit der europäischen LKW-Industrie ist daher eher gering, und wir sind relativ unabhängig von den Zyklen der europäischen LKW-Industrie.
Unsere Business Unit Aftermarket versorgt weltweit Ersatzteilkunden und ist nahezu unabhängig von den Zyklen der gesamten Nutzfahrzeugindustrie.
In Europa ist bei den Nutzfahrzeugherstellern sicher noch ein großes Stück Arbeit zu erledigen bis die Krise überwunden ist, wohingegen in Nordamerika durch namhafte Researchunternehmen eine deutliche Belebung des Marktes vorhergesagt wird.
Von der Messe in Moskau nehmen wir unter anderem mit, dass der Bedarf an modernen Sattelzugmaschinen und Aufliegern im russischen Markt weiterhin hoch ist. Diese Fahrzeuge werden in der Mehrzahl von diversen westeuropäischen Produzenten verkauft und wir versuchen in diesen Fahrzeugen unsere Systeme zu platzieren. Dies gelingt uns durch die direkte Beratung der russischen Flottenbetreiber, die dann mit ihren Aufträgen unsere Systeme und Komponenten spezifizieren. Zunehmend wichtig werden für uns aber auch die lokalen Hersteller in Russland. Zum einen gewinnen wir dort Lieferanteile, weil die lokalen Spieler technisch hochwertige Systeme einbauen müssen und diese aber nicht selber produzieren, aber auch nicht lokal einkaufen können. Zum anderen wachsen wir aber auch dadurch, dass wir unsere Produktpalette den dortigen Anforderungen angepasst haben und daher an die lokalen Hersteller die richtige Qualität zum richtigen Preis anbieten können. Der konsequente Ausbau unseres Ersatzteil- und Servicegeschäftes in Russland in den letzten Jahren trägt darüber hinaus einen weiteren wichtigen Anteil an unserem Wachstumskurs.
Interessante und vielversprechende Gespräche konnten wir auf der Messe auch mit vielen neuen potenziellen Kunden aus den sog. „stan“-Ländern führen. Diese Märkte werden durch den rasanten Ausbau der Infrastrukturen und durch zunehmendes Bruttosozialprodukt je Land einen hohen Transportbedarf von Waren aller Art haben.
www.4investors.de: Wie verläuft das Geschäft von SAF-Holland im dritten Quartal?
Borghardt: Sie werden sicher verstehen, dass ich Ihnen zum jetzigen Zeitpunkt keine konkreten Zahlen nennen kann, da das Quartal bereits beendet ist und wir gerade den Bericht erstellen. Über den Jahresverlauf bin ich allerdings mit der Entwicklung der Gruppe zufrieden.
www.4investors.de: Sie haben jüngst ihre Planung für 2015 mit einer Milliarde Euro Umsatz und 10 Prozent bereinigter EBIT-Gewinnmarge bestätigt. Wie weit können sie diese Planungen organisch erreichen, abgesehen von den angekündigten Maßnahmen in der Sparte Trailer Systems, und in welchem Maße müssen sie noch Umsatzvolumen zukaufen?
Borghardt: Diese Planung beruht auf organischem Wachstum.
"/medienpool/unternehmen/safholland/montage.jpg" alt="Montagehallen des LKW-Zulieferers SAF-Holland. Bild und Copyright: SAF-Holland" title="Montagehallen des LKW-Zulieferers SAF-Holland. Bild und Copyright: SAF-Holland" class="textbild" />www.4investors.de: Sie haben kürzlich in China einen kleineren Zukauf getätigt und kündigen einen Ausbau der Marktanteile in den BRIC-Länder an. Wird es eine Politik der kleinen Schritte geben, so wie in China mit dem jüngsten Zukauf, oder wie sehen hier ihre nächsten Schritte aus?
Borghardt: Wir haben aus den Erlösen einer kleinen Kapitalerhöhung im letzten Jahr und der Begebung der Anleihe zusammen rund 45 Millionen Euro für mögliche Akquisitionen zur Verfügung. Unser Ziel sind mehrere kleine Akquisitionen, die unser bestehendes Portfolio abrunden. Der Zukauf von Corpco Beijing war eine gute Möglichkeit, den Markt für Busfederungen in China für SAF-Holland zu erschließen und darauf aufbauend, weitere BRIC-Märkte mit diesen Systemen zu beliefern.
www.4investors.de: Welche Effekte spüren sie derzeit bei ihren Zahlen vom brasilianischen Markt, der mehr und mehr durch Investitionen im Vorfeld der Fußball-Weltmeisterschaft und der Olympischen Spiele geprägt sein dürfte?
Borghardt: In Brasilien arbeiten wir stetig daran, unsere Marktposition zu verbessern, und wir konnten erfreulicherweise bereits im zweiten Quartal veröffentlichen, dass wir unsere Verluste deutlich reduziert haben. Wir sind gut aufgestellt, um an einer positiven wirtschaftlichen Entwicklung zu partizipieren.
www.4investors.de: Wollen sie sich zukünftig auch verstärkt auf die Schwellenländer außerhalb der BRIC-Zone, wie zum Beispiel die Staatengruppen „Next Eleven“, fokussieren? Was sind hier ihre Pläne für die nächsten Jahre?
Borghardt: Für uns sind grundsätzlich alle Märkte interessant, die eine positive Prognose für ein wachsendes Transportvolumen aufweisen. Daher beobachten wir diese Entwicklungen genau und entscheiden dann von Fall zu Fall, ob wir in den jeweiligen Markt gehen. Ein erster Schritt war dazu beispielsweise für uns die Markteinführung unserer Ersatzteil-Zweitmarke „Sauer Quality Parts“ in bestimmten Ländern, wo die Nachfrage nach einem Originalersatzteil noch sehr verhalten ist.
Wir haben z.B. in den zu den „next eleven“ gehörigen Ländern Mexiko und Türkei bereits frühzeitig agiert. In der Türkei wurde vor zwei Jahren unsere eigene Tochtergesellschaft zur intensiven Bearbeitung dieses Wachstumsmarktes mit eigenen Leuten und Ersatzteillager gegründet. In Mexiko haben wir vor einem halben Jahr ein sehr großes Distributionscenter für Ersatzteile eröffnet, um von dort aus schnell und effizient Zentral- und Südamerika versorgen zu können. Weitere Schritte sind in Planung.
www.4investors.de: Auf dem US-Markt wollen sie ihre Marktanteile vergrößern und haben deshalb im Werk Warrenton die Kapazitäten ausgebaut. Wie stark können sie das erweiterte Werk auslasten? Wie weit hat sich der Investitionsstau bei nordamerikanischen Spediteuren und Flottenbetreibern abgebaut?
Borghardt: Die Erweiterung der Kapazität in Warrenton wurde erfolgreich abgeschlossen. Wir arbeiten, wie geplant, jetzt an der schrittweisen Vollauslastung dieser Kapazitäten und konnten dafür bereits erfolgreich Verträge mit diversen Kunden abschließen. Falls notwendig, könnten wir die Kapazität über Mehrschichtmodelle weiter erhöhen.
Im Geschäftsjahr 2012 haben wir bereits einen verstärkten Abbau des Nachholbedarfs in Nordamerika gesehen. Diese positive Entwicklung hat jedoch nach einigen Quartalen seine Dynamik verloren und so gibt es immer noch einen erheblichen Investitionsstau, sowohl in Nordamerika als auch in Europa. Im letztgenannten hat sich der Nachholbedarf der letzten fünf Jahre überhaupt noch nicht realisiert.