Commerzbank Börsencompass - Yellen: An den Märkten eine gern gesehene Taube
Am Mittwoch wurde Janet Yellen zur neuen US-Notenbankchefin nominiert. Die notwendige Bestätigung des Senats gilt als sicher. Sie wird die erste Frau an der Spitze der US-Notenbank sein und gilt als eine Garantin für eine sehr expansive Notenbankpolitik (Taube). Bei der Nominierung betonte sowohl US-Präsident Obama und Yellen als wichtigstes Ziel die Beschäftigung. Man darf daher sicher sein, dass Yellen versucht, weiterhin billiges Geld bereitzustellen, notfalls auch auf Kosten einer etwas höheren Geldentwertung. Nachdem die Fed die Reduzierung der monatlichen Anleihekäufe (tapering) im September überraschend verschoben hatte, ist es mit dem weiter schwelenden Haushaltskonflikt fraglich, ob die Notenbank überhaupt noch in diesem Jahr damit beginnt die Anleihekäufe einzuschränken. Aufgrund des Haushaltsstreits sowie der nötigen Anhebung der Schuldengrenze spekulieren immer mehr Marktteilnehmer darauf, dass die US-Notenbank erst nächstes Jahr den Expansionsgrad der Geldpolitik drosseln könnte. Sollte es tatsächlich zu einem Zahlungsausfall kommen, rechnen viele sogar damit, dass die Fed ihre Wertpapierkäufe noch einmal aufstocken könnte. Bereits die Ankündigung der Drosselung der Geldpolitik hatte mit einem rasanten Renditeanstieg sowie einen massiven Kapitalabzug aus den Emerging Markets große Auswirkungen. D.h. die Fed muss behutsam vorgehen. Egal wann die Fed mit dem Tapering beginnt, der Rückzug der Fed wird zum Großteil nicht mehr unter Ben Bernanke sondern unter Janet Yellen stattfinden und damit eher länger als kürzer dauern, was die Finanzmärkte gerne sehen.
Konjunktur und Rentenmärkte
Jeder Hinweis auf eine Lösung des Haushaltsstreits und auf eine Anhebung der Schuldenobergrenze wird derzeit von den Marktteilnehmern dankbar aufgenommen. Gestern sagte der Republikaner John Boehner, man könne die Schuldenobergrenze geringfügig anheben. Allerdings forderte er von den Demokraten größere Verhandlungsbereitschaft. Die Meldungen führten dazu, dass viele Marktteilnehmer wieder risikofreudiger wurden. Trotz der blockierten Behörden wurden gestern die Daten zu den Erstanträgen auf Arbeitslosenunterstützung in den USA gemeldet. Es zeigt sich ein Sprung in der Statistik von 308.000 in der Vorwoche auf jetzt 378.000. Zur Hälfte, so das Arbeitsministerium, sei dies durch die Probleme bei der Umstellung von Computersystemen in Kalifornien begründet. Die andere Hälfte dürfte vor allem auf die Folgen der Behördenblockade zurückzuführen sein, die auch Rückwirkungen auf eine Reihe von Betrieben in der Privatwirtschaft hat. Bereits am Morgen waren aus Japan sehr gute Konjunkturdaten gemeldet worden: Dort sind die Aufträge für den Maschinenbau im August um 5,4% gegenüber dem Vormonat angestiegen. Zudem wurden aus dem Dienstleistungssektor gute Produktionsdaten geliefert. Offenbar ist es der Bank von Japan gelungen, mit ihrer nochmaligen Ausweitung des Expansionsgrads ihrer Geldpolitik die Wirtschaft anzuschieben. Wobei die daraus resultierende Abwertung des Yen zum US-Dollar den Hauptbeitrag geliefert haben dürfte.
Aktienmärkte
Nachdem die europäischen Aktienmärkte in den vergangenen Tagen angesichts des US-Haushaltsstreits nahezu Tag für Tag bröckelten, ging es gestern sprunghaft aufwärts. Hoffnungen auf eine Lösung mit der die Zahlungsunfähigkeit der USA verhindert würde, sorgten für eine Erleichterungsrally und den größten Tagesgewinn seit Juli. Der Euro Stoxx 50 erreichte den höchsten Stand seit über 2 Jahren. Auch wenn die Makrodaten unter den Erwartungen lagen, führten zyklische Branchen wie Bauwerte (+2,9%), Versicherungen (+2,7%) und IT-Titel (+2,6%) die Aufwärtsbewegung an. Der defensive Healthcaresektor (+0,7%) zeigte entsprechend relative Schwäche. Aber auch Banken waren gefragt. So profitierten italienische Banken von sinkenden Renditen für italienische Staatsanleihen. Im Dax profitierte der Kurs der Commerzbank (+5,9%) von erneuten Übernahmespekulationen. Die Aussicht auf einen möglichen baldigen Kompromiss zur Erhöhung der Schuldengrenze sorgte an den US-Märkten ebenfalls für deutliche Kursgewinne, die auch von eher schwächeren Konjunkturdaten nicht getrübt wurde. So waren – wie bereits in Europa – zyklische Sektoren gefragt. Finanzwerte (+2,9%), Industrietitel (+2,7%) und Healthcare (+2,3%) waren die stärksten Sektoren, während die defensiven Versorger (+1,5%) und Telekoms (+1,4%) am Ende der Performancerangliste standen. Im Healthcaresektor half u.a. der Kurssprung bei Gilead Sciences (+6,5%, positive Medikamentenstudie). In Asien setzt sich heute Morgen die Erleichterungsrally weiter fort, wenngleich keine Euphorie zu erkennen ist. In China herrscht zudem eine gewisse Zurückhaltung, da am Wochenende diverse Makrodaten anstehen.