Commerzbank Börsencompass: Türkei, Indien und Brasilien werden heraufgestuft
Der überraschende Entscheid der US-Notenbank, das monatliche QE-Kaufvolumen nicht zu reduzieren und die Geldpolitik somit unverändert sehr expansiv auszurichten, hat an den Kapitalmärkten für große Verwunderung gesorgt. Einer der Hauptprofiteure von dem Fed-Entschluss sind Aktien und Währungen vor allem in solchen Schwellenländern, die in den vergangenen Monaten mit steigenden Haushalts,- Handels- und/oder Leistungsbilanzdefiziten sowie mit strukturellen Defiziten zu kämpfen hatten. Mit der Beschlussfassung der US-Notenbank ist zumindest kurzfristig ein großer Belastungsfaktor in den Hintergrund gedrängt worden, wie die gestrige Performance einiger Schwellenländermärkte eindrucksvoll zeigt (Indien: +3,4%; Indonesien: +4,7%; Philippinen: +2,8%; Türkei: +6,4%). Auch die Währungen der genannten Länder konnten zwischen 1 und 3% zulegen. Wir stufen daher die Ländervoten für die Türkei, Indien und Brasilien von Untergewichten auf Neutral herauf. Da die Fed aber irgendwann ihre radikal expansive Geldpolitik sukzessive zurückführen muss, wird es u.E. voraussichtlich in 2014 zu erneuten Turbulenzen v.a. in den Märkten kommen, die stark vom Zustrom ausländischen Geldes abhängig sind (wie bspw. die Türkei) und zudem mit einer Reihe von strukturellen Problemen zu kämpfen haben (wie u.a. Brasilien, Indien). Von den jüngsten Turbulenzen relativ unbeeindruckt zeigte sich der Aktienmarkt in Südkorea. Der Leitindex KOSPI legte seit dem Jahrestief am 25. Juni (1.770 Punkte) um rd. 13% zu. Zudem wertete der Won ggü. dem USD seit dem 24. Juni um fast 7% auf. Neben China zählt Südkorea in Asien zu unseren Favoriten.
Konjunktur und Rentenmärkte
Die überraschende Beibehaltung der monatlichen Wertpapierkäufe der Fed in Höhe von 85 Mrd. USD löste gestern eine Euphorie an den Kapitalmärkten aus. Der Beginn der Reduzierung der Wertpapierkäufe (Tapering) dürfte damit noch länger auf sich warten lassen, denn die Fed möchte erst mehr Evidenz über die Nachhaltigkeit der Erholung am Arbeitsmarkt gewinnen. Möglicherweise beginnt sie mit dem Tapering erst im nächsten Jahr. Zudem signalisierte sie eine spätere Erhöhung der Leitzinsen, denn sie möchte nicht damit beginnen, bis die Arbeitslosenquote deutlich unter 6,5% gesunken ist. Die Renditen erstklassiger Staatsanleihen eröffneten bis zu 20 Bp. niedriger als am Vortag (10-jährige Bundesanleihen eröffneten mit 1,85%). Da die anhaltend lockere US-Geldpolitik weltweit eine großzügige Liquiditätsversorgung der Kapitalmärkte gewährt, profitierten die Emerging Markets davon, insbesondere diejenigen mit einem großen Leistungsbilanzdefizit. Diese Währungen werteten sich kräftig ggü. dem USD auf. Zugelegt hat auch der Euro, der auf über 1,355 USD anstieg. Gestern wurden über Erwarten gute US-Arbeitsmarktdaten gemeldet. Die Erstanträge für Arbeitslosenhilfe blieben mit 309.000 (nach 294.000) auf sehr niedrigem Niveau. Auch die EWU-Peripherie profitierte vom Renditerückgang. So konnte sich Spanien gestern 3,08 Mrd. EUR günstiger am Kapitalmarkt refinanzieren. Frankreich begab Anleihen mit einem Volumen von knapp 9 Mrd. EUR.
Aktienmärkte
An den europäischen Aktienmärkten sorgte die Fed mit ihrer Entscheidung, das Ankaufprogramm für Staats- und Unternehmensanleihen nicht zu drosseln, für eine Fortsetzung der jüngsten Rally. Unter hohen Umsätzen ging es zunächst deutlich aufwärts, bevor sich die Euphorie legte und die Kurse unter den Tageshochs schlossen. Sinkende Anleiherenditen und steigende Rohstoffpreise sorgten dafür, dass auf der Branchenebene (Stoxx) zinssensitive Sektoren wie Real Estate (+2,2%) und Grundstofftitel (+1,4%) gefragt waren. Aber auch die defensiven Dividendentitel aus der Nahrungsmittelbranche (+1,5%) zogen an. Die Aussicht auf länger niedrige Zinsen als bisher gedacht, belastete die Versicherer (-0,5%), die am stärksten nachgaben. Nachdem die US-Märkte ja bereits am vorherigen Handelstag auf die Fed-Entscheidung reagieren konnten, beruhigten sich Kurse und Anleger gestern wieder. Die Indizes schlossen leicht im Minus, wobei die gestrigen überwiegend gut ausgefallenen Makrodaten keine erkennbaren Auswirkungen am Markt hatten. Auf der Branchenebene (S&P500) führte der IT-Sektor (+0,2%) die Gewinner an. Apple (+1,2%) konnte weiter zulegen und auch Oracle (+0,1%) schaffte es trotz eines schwächeren Ausblicks ins Plus. Die asiatischen Märkte tendieren heute ebenfalls etwas leichter. Zudem haben u.a. Schanghai, Südkorea und Hongkong heute feiertagsbedingt geschlossen. Im Fokus stand heute Indien (-2,7%), wo die überraschende Leitzinserhöhung die Kurse deutlich drückte. In Japan ist am Montag Feiertag, so dass die Umsätze heute gering ausfielen. Heute: Während wichtige Makrodaten fehlen, könnte der große Verfallstag (Future, Index- und Aktienoptionen) für Bewegung sorgen.