Commerzbank Börsencompass - Rohöl: Markt hat sich deutlich verengt
Die Rohölpreise haben sich nach der saisonalen Schwäche im 2. Quartal erholt. Die seit drei Jahren bestehende enge Bandbreite zwischen rund 100 und 120 USD/Fass hat aber weiter Bestand - also eigentlich nichts Bemerkenswertes. Allerdings hat sich der Markt zuletzt deutlich verengt. Nach 7 Quartalen mit Angebotsüberschüssen steuert der Ölmarkt wieder auf ein Defizit zu und das nicht wegen Syrien. Gründe sind vielmehr die anderen politischen Brennpunkte im Iran, Libyen, Irak und Nigeria sowie sich häufende Produktionsunterbrechungen in der Nordsee, wo das Alter der Anlagen und Felder seinen Tribut fordert. Allein im August ist das Angebot laut IEA um 770 tsd. Fass/Tag gegenüber Juli gefallen und der Markt näherte sich, trotz der hohen Produktionssteigerungen in Nordamerika, bereits der Schwelle zum Defizit. Dabei zieht die Nachfrage derzeit saisonal bedingt noch weiter an und demnächst kommt wohl auch ein konjunkturzyklischer Auftrieb hinzu, wie die Indikatoren in Asien und Europa andeuten. Bei anhaltenden Produktionsausfällen ist der Ölmarkt also schnell im Defizit. Die Situation wird durch die global bestehenden Ungleichgewichte in der Ölversorgung aber noch verschärft. In Europa besteht seit geraumer Zeit ein Angebotsdefizit und in Asien ist der Markt ausgeglichen. Gerade hier bestehen aber die Angebotsrisiken und hier konzentriert sich das Nachfragewachstum. Der enge und sich wohl weiter verengende Markt sowie das Risiko weiterer Angebotsausfälle spiegeln sich am Terminmarkt in einer hohen Backwardation (Terminmarktabschlag) wider. Die Preisrisiken bei Öl zeigen in den kommenden Monaten daher stärker nach oben.
Konjunktur und Rentenmärkte
Da der frühere US-Finanzminister Lawrence Summer seine Kandidatur für den Chefsessel der Fed zurückgezogen hatte, tendierten die Rentenmärkte gestern bis in den späten Handel sehr freundlich. Als aussichtsreichste Kandidatin gilt an den Märkten die Fed-Vizechefin Janet Yellen. Sie hat sich bisher als Verfechterin einer sehr lockeren Geldpolitik hervorgetan. Deshalb spekulieren die Markteilnehmer, dass die Fed mit Yellen an der Spitze ihre Wertpapierkäufe deutlich langsamer zurückfahren könnte als angenommen. Marktkonsens war bisher eine Reduktion der monatlichen Käufe von 85 Mrd. USD um 10 bis 15 Mrd. USD. Allerdings zeigte die Obama-Regierung bisher nur wenig Unterstützung für Yellen. Heute beginnt die zweitätige Fed-Sitzung. Am Mittwochabend werden die Beschlüsse bekannt gegeben und von Fed-Chef Ben Bernanke auf Pressekonferenz erläutert. Die Rendite 10-jähriger Bundesanleihen fiel gestern bis zu 6 Bp. auf 1,92%. Der Euro stärkte sich ggü. dem US-Dollar auf kurzzeitig über 1,3380 USD pro EUR. Die am Nachmittag gemeldeten US-Konjunkturdaten, die schwächer als erwartet ausfielen, hatten wenig Einfluss auf die Märkte. Der Index für das Geschäftsklima im US-Bundesstaat New York (Empire State-Index) ging im September von 8,24 auf 6,29 Punkte zurück. Die US-Industrieproduktion stieg im August mit +0,4% M/M zwar weniger als erwartet. Das lag aber hauptsächlich an der geringer als erwarteten Stromerzeugung.
Aktienmärkte
Nach einem sehr positiven Start überwand der Dax 30 am gestrigen Handelstag die Marke bei 8600 Punkten und erreichte damit einen neuen Rekordstand. Den Rest des Tages entwickelte er sich auf diesem Niveau seitwärts. Auslöser für diese Entwicklung waren einerseits die diplomatischen Fort-schritte im Syrienkonflikt und auf der anderen Seite der Rückzug Larry Summers’ von der Kandidatur zum US-Notenbankpräsidenten. Tagesgewinner im deutschen Leitindex waren neben den Aktien von HeidelbergCement (+3,7%%) die Titel von BASF (+3,7%), die nach einer Analystenveranstaltung der Tochter Wintershall (Erdöl- und Gasförderung) ebenso von positiven Studien profitierten wie Fresenius (+2,7%) nach der Klinikübernahme. Am Ende der Kursliste stand nach den starken Kursgewinnen der Vorwoche hingegen RWE (-1,3%). Im EUROSTOXX 50 lagen alle Branchen im Plus. Besonders im Fokus stand dabei der Chemiesektor (+1,7%), während sich Versorger (+0,4%) und Energie (+0,1%) unterdurchschnittlich entwickelten. An der Wall Street setzte sich vor der heute beginnenden geldpolitischen Sitzung der Fed die positive Marktstimmung weiter fort. Lediglich Energiewerte (unv.) und Technologieaktien (-0,3%) konnten in diesem Umfeld nicht zulegen. Besonders im Fokus standen die Aktien von Boeing (+3,7%). In Asien hingegen tendieren die meisten Indizes heute Morgen schwächer. Der Nikkei 225, der am Montag feiertagsbedingt ausgesetzt hatte, kann nach einem positiven Start die Vorgaben der anderen Börsenplätze von gestern nicht nachvollziehen und rutscht ebenfalls ins Minus. Die europäischen Märkte dürften etwas leichter eröffnen. Im Fokus stehen der deutsche ZEW- sowie der NAHB-Index (USA).