Commerzbank Börsencompass zur Türkei: Innenpolitische Spannungen und Syrienkonflikt belasten
Nachdem die türkische Notenbank Mitte Mai 2013 den Leitzins erneut gesenkt hatte, um über eine Schwächung der Lira die darbenden Exporte zu stärken, schwenkte sie im Juni/Juli um. Zunächst versuchte sie mit direkten Interventionen zu Gunsten der Lira den Wertverfall der Heimatwährung zu stoppen, was ihr aber kaum gelang. Die Türkei verfügt über vergleichsweise wenig Devisenreserven. Im Juli erhöhte sie dann das obere Ende des Zinskorridors für Tagesgeldgeschäfte. Mit dieser Maßnahme hofft die Notenbank, den Abwertungsdruck auf die Lira zu stoppen, die ggü. dem USD seit Jahresbeginn um rd. 13% abwertete. Nach Jahren rückläufiger Inflationsraten stellt der Preisauftrieb für die Türkei mittlerweile wieder ein Problem dar. Im Juli und August 2013 zogen die Preise um über 8% (J/J) an. Das liegt über dem mittelfristigen Ziel der Notenbank von 5%. Diese erhöhte ihre Inflationsprognose für Ende 2013 von zuvor 5,3% auf 6,2%. Besonders problematisch ist der Anstieg der Importpreise aufgrund der schwachen Lira. Der erwartete Ausstieg der US-Fed aus der sehr expansiven Geldpolitik sorgt unter den Investoren ebenso für Unruhe wie das relativ hohe, zum großen Teil mit schwankungsanfälligen Portfolioinvestitionen finanzierte Leistungsbilanzdefizit (rd. 7% des BIP). Hinzu kommen innenpolitische Spannungen in der Türkei (Massendemonstrationen gegen den autoritären Führungsstil Erdogans). Zudem belastete jüngst der Syrienkonflikt mit der Möglichkeit eines Militärschlags. Da die Risiken unseres Erachtens kurzfristig noch überwiegen, empfehlen wir nach wie vor keine Investments am Aktienmarkt in der Türkei zu tätigen. Wir präferieren unverändert die günstig bewerteten Aktienbörsen in China, Südkorea und Russland.
Konjunktur und Rentenmärkte
An den Rentenmärkten fehlte es gestern an großen kurstreibenden Ereignissen. Bemerkenswert ist freilich der temporäre Anstieg der Rendite 10-jähriger Bundesanleihen auf ein neues Jahreshoch von 2,08%. Der Anstieg mag durch den Wechsel der Benchmark-Anleihe, die gestern versteigert wurde, überzeichnet sein. Doch spiegelt er auch die veränderte Stimmungslage wider, die durch die neuen diplomatischen Aktivitäten um Syrien entstand: Ein US-Militärschlag ist unwahrscheinlicher geworden – und die Anleger wieder risikofreudiger. Betrachtet man die Lage in der Euro-Peripherie näher, so stellt man eine divergierende Entwicklung der Risikoaufschläge 10j. Staatsanleihen der Peripherieländer fest. Während diese in Spanien in den vergangenen Wochen per Saldo sogar noch etwas zurückgingen und auf den tiefsten Stand seit Ende Juni 2011 sanken (seinerzeit stand die Zuspitzung der Krise noch bevor) weiteten sich die Aufschläge Italiens ggü. Bundesanleihen moderat aus. Erstmals seit Februar 2012 – damals stand die zweite Tranche der EZB-Langfristtender kurz bevor – wieder höher als die Spaniens. Hintergrund hierfür sind die politischen Unsicherheiten in Italien. Die seit Frühjahr amtierende Regierung Letta ist reformschwach und hat den Markt enttäuscht. Jetzt wachsen zudem Zweifel an ihrem Fortbestand. Denn Berlusconis Volkspartei droht die Koalition aufzukündigen, falls diesem sein Senatssitz wegen rechtswirksamer Verurteilung in einer Steuersache entzogen wird.
Aktienmärkte
An den europäischen Aktienmärken sorgte die weitere Entspannung im Syrienkonflikt für eine Fortsetzung der Aufwärtsbewegung. So verzeichnete der MDAX zwischenzeitlich ein neues Rekordhoch und auch der Dax notiert wieder nah am Allzeithoch. Auf der Branchenseite war die Aufwärtsbewegung breit angelegt und zu den Gewinnern gehörten erneut Autos (+0,8%), aber auch Telekoms (+0,8%) und Versorger (+1,8%). Letztere profitierten von einem Analystenkommentar, der auf Erleichterungen beim Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) im Falle eines Wahlsieges der bisherigen Koalition spekulierte. Bei den Einzelwerten gab es viel Bewegung rund um die Vorstellung des neuen iPhones von Apple. Während der deutsche Chipzulieferer für Apple, Dialog Semiconductor (-7,8%) nachgab, ging es für den niederländischen Halbleiterzulieferer ARM (+4,8%) nach oben. Die Enttäuschung darüber, dass Apple beim iPhone keinen Wert auf kontaktloses Bezahlen legt, ließ den Produzenten dieser Technologie Gemalto (-6,4%) einbrechen. An den US-Märkten stand nach der Vorstellung des iPhone 5 natürlich Apple (-5,4%) im Fokus, wobei sich die Anleger enttäuscht zeigten. Auch hier ging es für die Zulieferer wie Cirrus (-5,2%) und Qualcomm (-2,8%) abwärts. Während der Nasdaq dadurch im Minus schloss, ging es für Dow und S&P aber weiter aufwärts. Wobei dies, wie schon in Europa, der Entspannung im Syrienkonflikt geschuldet war. In den meisten asiatischen Ländern geht es heute ebenfalls aufwärts. Der chinesische Markt profitiert von Hoffnungen auf Konjunkturpakete und Banken von Spekulationen auf regulatorische Erleichterungen. Der Nikkei leidet u.a. unter Spekluationen über diverse Kapitalerhöhungen und Makrodaten.