Commerzbank Börsencompass – Aktienmarkt: Berichtssaison bisher durchwachsen
Unsere Einschätzung für den Aktienmarkt ist u.a. daran ausgerichtet, dass die sich abzeichnende konjunkturelle Erholung in Europa, die bereits zu einem Teil für den bisherigen positiven Kursverlauf an den Märkten verantwortlich ist, sich bald auch in den Unternehmensgewinnen bzw. den Gewinnschätzungen niederschlagen muss. Da sich dies allerdings noch nicht klar abzeichnet, ist entsprechend kurzfristig noch mit einer Seitwärtsbewegung zu rechnen. Die aktuelle Berichtssaison stützt dieses Bild. Größere Impulse aus dieser Richtung sind tatsächlich ausgeblieben. Die Anzahl der positiven Überraschungen bei den Gewinnen ist – je nachdem wie man sie berechnet – relativ konstant, aber unter dem historischen Durchschnitt. Etwas besser sieht es dabei bei den positiven Überraschungen auf der Umsatzseite aus. Hier zeichnet sich sogar eine leichte Verbesserung im Vergleich zum Vorquartal ab. Damit schlägt sich die bisherige Verbesserung in den europäischen Makrodaten bereits ansatzweise in den Umsätzen nieder. Anders sieht es allerdings bei den Branchen aus, die stärker von der Entwicklung der Emerging Markets abhängen. So ist es nicht überraschend, dass die Berichte aus den Sektoren Energie und Grundstoffe eher enttäuscht haben. Dass diese durchwachsene Berichtssaison aber lediglich auf der Einzelwertebene und nicht in der Breite belastet hat, zeigt, dass nicht nur wir, sondern auch andere Investoren durch dieses „Ertragstal“ hindurch blicken und auf die sich bessernden konjunkturellen Aussichten im 2. Hj. setzen. Der jüngste weiter steigende und über den Erwartungen liegende ifo-Geschäftsklimaindex bekräftigt uns in dieser Einschätzung.
Konjunktur und Rentenmärkte
Die absehbare militärische Intervention der USA und Großbritanniens in Syrien sorgte gestern erneut für einen Rückzug der Anleger in sichere Wertpapiere. Die Kurse von Bundesanleihen und US-Treasuries konnten davon aber nicht profitieren und zeigten – nach kräftigen Gewinnen am Vortag – gestern sogar leichte Kursverluste. Der Ölpreis legte in den beiden letzten Tagen etwa 5% zu und nähert sich der Preislinie von 120 Dollar je Barrel (Nordseeöl), die in den letzten drei Jahren immer nur kurzfristig überschritten wurde. Insgesamt sind die Reaktionen der Marktteilnehmer bislang sehr besonnen. Erwartet wird offenbar ein Warnschuss gegen das syrische Regime, aber keine Eskalation des Bürgerkriegs zu einem internationalen Konflikt. Die Konjunkturdaten standen gestern im Hintergrund. In Deutschland hält sich das Konsumklima (gemessen am Index der GfK) auf hohem Niveau. Nur 2006 und 2007 waren die Umfrageergebnisse für einige, wenige Monate noch besser als derzeit. Man sollte meinen, dass die gute Stimmung der Verbraucher und die niedrigen Zinsen zu einem Boom bei den Verbraucherkrediten und der Immobilienfinanzierung führen. Davon ist aber zumindest für den Euroraum insgesamt derzeit wenig zu spüren. Die Daten der EZB zu den Geldmengenaggregaten und zur Kreditvergabe zeigen für die meisten „Zielgrößen“ der Notenbank sogar ab-nehmende Wachstumsraten. Die Wirkung der extrem expansiven Politik ist damit weiterhin durch die geringe Geld- und Kreditnachfrage stark limitiert.
Aktienmärkte
Der gestrige Handelstag an den internationalen Aktienbörsen war erneut durch die Ängste vor einem Militärschlag westlicher Staaten gegen Syrien belastet. Nachdem bereits die asiatischen Börsen teilweise massive Kursrückschläge erlitten hatten, eröffneten auch die europäischen Börsen schwächer und bauten die Verluste bis zum freundlicheren Handelsstart an der Wall Street weiter aus. Erst dann setzte eine Erholung ein. In diesem Umfeld konnten sich im deutschen Leitindex fast ausschließlich die Versorger RWE (+2,9%) und E.ON (+1,7%) positiv präsentieren. Besonders stark unter Druck gerieten dagegen Continental (-4,1%) nach der Senkung der Umsatzprognose durch den Mehrheitsaktionär Schaeffler. Lufthansa (-3,2%) litt unter den steigenden Ölpreisen. Im EUROSTOXX 50 standen vor allem Titel der Energiebranche an der Spitze der Kursliste. Energie (+2,4%) war dann auch der mit Abstand stärkste Sektor, danach folgten Versorger (+1,2%) und Banken (+0,8%), besonders Chemie und Pharma (je -1,6%) mussten dagegen deutlichere Verluste hinnehmen. In den USA zeigten sich die Anleger auch angesichts der durch die schwachen Hausverkäufe eingeschränkten QE3-Sorgen deutlich entspannter. Hier konnten bis auf Verbrauchsgüter (-0,7%) und Telekommunikation (-0,5%) sogar die meisten Branchen zulegen, auch hier angeführt durch den Energiesektor (+1,7%). In Asien zeigen sich die Indizes heute Morgen insgesamt erholt, da aktuell davon ausgegangen wird, dass ein Militärschlag nicht unmittelbar zu erwarten ist. Dementsprechend dürften die europäischen Börsen unverändert eröffnen. Angesichts der Konzentration auf Syrien stehen die wenigen Makro- und Unternehmensdaten im Hintergrund.
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