Commerzbank Börsencompass - Euroraum: Wachstum voraus!
Die Einkaufsmanagerindizes (PMI) für die Eurozone konnten sich im August weiter verbessern. Nachdem bereits im Juli der Index für das verarbeitendes Gewerbe über die Expansionsschwelle von 50 Punkten geklettert war und sich aktuell abermals überraschend deutlich auf 51,3 Punkte verbesserte, konnte nun auch der Dienstleitungsindex mit 51 Punkten die Schwelle überspringen. Auch wenn nicht mit einem kräftigen Wachstum zu rechnen ist – zu umfangreich sind die Probleme in der Peripherie und in einzelnen Kernländern wie Frankreich – sollte es für eine moderate konjunkturelle Erholung des Bruttoinlandsprodukts der Eurozone im dritten Quartal reichen. Die Zahlen aus Frankreich enttäuschten die Erwartungen allerdings. Während der Industrieindex mit 49,7 Punkten unter der Expansionsschwelle verharrte, sank der Dienstleistungsindex sogar auf 47,7 Punkte. Abermals gestiegen und zudem über den Erwartungen ist die Stimmung der deutschen Einkaufsmanager (Industrie: 52 Punkte; Dienstleistung 52,4 Punkte). Auch wenn die Eurokrise zunehmend auszulaufen scheint, sind noch längst nicht alle strukturellen Probleme gelöst. Ein akutes Aufflackern ist zunächst aber nicht zu er-warten. Zu den bekannten politischen Risiken in Italien und Spanien gesellt sich jedoch aktuell der allgemeine Renditeanstieg als Folge der Diskussionen der US-Notenbank, die ultraexpansive Geldpolitik zu korrigieren. Auch der Kapitalabfluss aus einigen Schwellenländern ist darauf zurückzuführen und birgt die Gefahr einer handfesten Währungskrise. Ein möglicher Nachfragerückgang aus diesen Ländern stellt auch für Europas zarte Konjunkturpflanze ein Risiko dar.
Konjunktur und Rentenmärkte
An den Rentenmärkten war die Tendenz gestern uneinheitlich. Während bei US-Treasuries eine zarte Erholung einsetzte, hielt der Renditeauftrieb bei Bundesanleihen an. Ausschlaggebend dafür waren die besser als erwarteten Vorabdaten der Einkaufsmanagerindizes für den Euroraum, wo besonders Deutschland nochmals zulegte (s. Topthema). Auffallend war, dass die Risikoaufschläge italienischer und spanischer Staatsanleihen merklich sanken. Sie liegen jetzt fast auf dem niedrigsten Niveau seit Anfang Juli 2011, als die Zuspitzung der Krise im Euroraum noch bevorstand. Hält die Entspannung des Krisengeschehens an – und darauf deuten die jüngsten Konjunkturdaten hin (die Rezession in den Peripherieländern dürfte im laufenden Quartal zu Ende gehen), dann wären bei den Investoren Bundesanleihen als „sicherer Hafen“ wohl im wahrsten Sinne des Wortes weniger hoch im Kurs. Jedenfalls bewegt sich der Markt langsam auf einen ersten Test der Widerstandsmarke von 2% (10j. Bundesanleihen) zu, die nach Krisenzuspitzung im September 2011 erstmals unterschritten worden war. Die gestrigen Daten aus den USA boten ein uneinheitliches Bild. Der Markit-PMI für das Verarbeitende Gewerbe übertraf mit 53,9 Punkten die Erwartungen und das Vormonatsergebnis, die Beschäftigungsabsichten zogen an. Die Erstanträge zur Arbeitslosenhilfe erreichten im 4-Wochenmittel ein neues Tief im laufenden Zyklus; den Wermutstropfen findet man bei der Zahl der Verlängerungsanträge: Sie ist seit April nicht mehr weiter gesunken.
Aktienmärkte
An den europäischen Aktienmärkten ging es gestern deutlich nach oben. Statt bei der Geldpolitik war der Treiber diesmal bei den Makrodaten zu finden, genauer bei den positiven Einkaufsmanagerindizes für die Eurozone und für China. Entsprechend waren zyklische Sektoren gefragt. Banken, Autos (je +1,8%) und Grundstoffwerte (+1,6%) führten die Gewinner an. Defensive Sektoren wie Nahrungsmittel (+0,2%) oder Telekoms (+0,3%) waren nicht gefragt. Bei den Einzel-werten konnte Ahold (+5,2%) mit den Quartalszahlen über-zeugen. Bei der Commerzbank (+5,7%) sorgte ein Magazinbericht, der ein Verkaufsinteresse des Bundes kolportierte, für Kursgewinne. Das gleiche Magazin verhalf auch Thyssen Krupp (+3,7%) zu einem Kurssprung. Der Handel an den US-Märkten wurde von einem Programmfehler an der Nasdaq überschattet, der dazu führte, dass der Handel über Stunden ausgesetzt war. Die Makrodaten brachten dagegen keine Unruhe in den Markt und bestätigten im Wesentlichen die bisherigen Trends, so dass nach sechs Minustagen in Folge die Indizes, auch dank der Vorgaben aus Europa, mit Kurs-gewinnen aus dem Handel gingen. Zyklische Sektoren gewannen überdurchschnittlich. Bei den Einzelwerten standen Hewlett Packard (-12,5%, schwacher Ausblick), Sears (-8,2%, höherer Verlust) und Abercrombie&Fitch (-17,6%, schwache Zahlen) im Fokus. An den asiatischen Märkten kommt es heute in den meisten Ländern zu einer Gegenbewegung nach den jüngsten Verlusten. Während in Japan der schwache Yen hilft, können die chinesischen Märkte ihre zwischenzeitlichen Gewinne nicht halten. Die Ankündigung einer Kapitalerhöhung der China Merchants Bank (-4,2%) drückte u.a. auf die Kurse.
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