Commerzbank Börsencompass: Rezession im Euroraum vorbei - Erholung bleibt schwach
Anderthalb Jahre dauerte die hartnäckige Rezession im Euroraum; im abgelaufenen Quartal ging sie mit einem realen BIP-Wachstum von +0,3% Q/Q (-0,7% J/J; 1. Quartal: -0,3% Q/Q bzw. -1,1% J/J) zu Ende. Treibende Kräfte waren vor allem Deutschland (+0,7% Q/Q) und Frankreich (+0,5% Q/Q). Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes, das bei der Erstbekanntgabe noch keine quantitativen Angaben zu den einzelnen Nachfragekomponenten macht, legten in Deutschland der private als auch der öffentliche Verbrauch zu. Auch zogen die Investitionen deutlich an; vom Außenbeitrag sei ebenfalls ein positiver Wachstumsbeitrag gekommen. Bei den Investitionen spielten freilich Nachholeffekte (ungewöhnlich langer und kalter Winter) eine maßgebliche Rolle. Schon dies spricht dafür, dass die Dynamik des zweiten Quartals sich so in der zweiten Jahreshälfte nicht fortsetzt, sondern eher Quartalszuwächse in der Größenordnung von 0,25% realistisch sind. Im Jahresmittel dürfte der reale BIP-Zuwachs in Deutschland ca. 0,5% betragen. Im Euroraum dürfte der jahresdurchschnittliche Rückgang des BIP mit -0,4% etwas kleiner sein als bislang erwartet. Das Abwärtsmomentum in den Peripherieländern lässt nach, bereits im laufenden Quartal könnte dort in der Summe ein leichter Zuwachs - das erste seit sieben Quartalen - zu verzeichnen sein. So sank in Spanien das reale BIP nur noch um 0,1% Q/Q (nach -0,5%), Portugal verzeichnete gar ein Plus von 1,1% Q/Q; Italien (-0,2% Q/Q) hinkt hinterher. Insgesamt laboriert der Euroraum weiterhin an der Budget- und Bankenkrise; von einer dynamischen Erholung ist er weit entfernt.
Konjunktur und Rentenmärkte
In Erwartung positiver Konjunkturdaten aus dem Euroraum eröffneten gestern Bundesanleihen schwächer. Die Rendite 10-jähriger Bundesanleihen stieg nach Meldung eines überraschend kräftigen BIP-Anstiegs in Frankreich im 2. Quartal (+0,5% Q/Q, erwartet: +0,2% Q/Q) kurzzeitig auf 1,84%, nahe dem Jahreshöchststand. Danach setzte eine Konsolidierung ein. Das Ende der Rezession nach sechs Quartalen im Euroraum (siehe Topthema) war inzwischen weitgehend erwartet worden und übertraf nur leicht die Erwartungen. Der Euro zeigte sich von den Daten unbeeindruckt und tendierte seitwärts um 1,3260 USD. Ende April war die Rendite 10-jähriger Bundesanleihen noch unter 1,20% gefallen. Danach stieg sie ausgehend von den USA kräftig an und erreichte gut 1,80% in der zweiten Junihälfte. Aufgrund schwächerer Daten aus dem Euroraum setzte dann erneut eine Erholung ein. Mitte Juli wurden besser als erwartete Einkaufsmanagerindizes gemeldet, die ein Ende der Rezession signalisierten. Wir rechnen im Umfeld einer konjunkturellen Erholung, auch wenn sie moderat ausfallen dürfte, mit einem weiteren Renditeanstieg und steileren Renditekurven. Zudem dürfte das Zurückfahren der expansiven Geldpolitik der Fed seine Spuren auch bei Bundesanleihen hinterlassen. Es ist damit zu rechnen, dass die Fed in den nächsten Monaten eine Reduzierung der Wertpapierkäufe – seit Dezember 2012 85 Mrd. USD monatlich - einleitet, was die Rentenmärkte belasten dürfte. Aufgrund der niedrigen Leitzinsen dürften die Zinskurven steiler werden.
Aktienmärkte
Die europäischen Aktienmärkte tendierten gestern mit Ausnahme der Börse in London (-0,4%) freundlich. Die Leitindizes gewannen bis zu 0,6% (Österreich). Verantwortlich für die positive Tendenz zeichneten v.a. solide BIP-Zahlen aus Deutschland und Frankreich. Damit legte das BIP in der Euro-Zone um 0,3% (Q/Q) zu, nachdem es zuvor sechs Quartale in Folge gefallen war. In diesem Umfeld gewann der Dax 0,3%. Allerdings gab es erneut eine Reihe von enttäuschenden Quartalszahlen, die z.T. zu kräftigeren Kursverlusten führten. Hierzu zählten RWE (-4,5%) sowie ThyssenKrupp (-1,3%). In der zweiten Reihe sank die Aktie von Hochtief nach Zahlen und einem enttäuschenden Ausblick um 1,7%; Celesio verlor nach Reduzierung der Ergebnisprognose 1,1%. Erfreulich fielen dagegen die Quartalsergebnisse von Gagfah (+8,6%) und United Internet (+3,7%) aus. Auf europäischer Sektorebene setzten sich Technologiewerte mit durchschnittlichen Aufschlägen von 1,4% an die Performancespitze. Aktien aus dem Sektor Telekom büßten im Schnitt als Tagesverlierer rd. 0,5% ein. Die US-Börsen schlossen schwächer (Dow Jones: -0,7%). Für Gegenwind sorgten u.a. Gewinnmitnahmen nach einer durchwachsenen Berichtssaison. Während die Aktie von Apple (+1,8%) weiter zulegte, brach die Notierung von Cree (LED-Sektor) nach schwachen Quartalszahlen um 22% ein (Aixtron: -1,6%). Auf Sektorebene wiesen Gebrauchsgüter (-1,1%) die höchsten Abschläge auf. Die Börsen in Asien tendierten überwiegend schwächer. Der Nikkei 225 verlor 2,1%; der Yen wertete zum USD leicht auf. Belastend wirkte auch die Sorge vor einem baldigen Ende der sehr expansiven US-Geldpolitik. Der Schanghai A-Index gab leicht nach.