Commerzbank Börsencompass: Deutsche Industrie im Aufwind
Nachdem Vorgestern bereits die Auftragseingänge der deutschen Industrie und speziell die inländische Investitionsgüternachfrage überraschen konnten, folgten gestern die Daten zur Industrieproduktion. Im Juni haben die deutschen Unternehmen verglichen mit dem Mai 2,4% mehr produziert und die Erwartungen übertroffen. Neben weniger Ferientagen gab es im Juni auch keine Feiertage, was unterstützend wirkte. Allerdings wird der Anstieg auch ohne diese Sondereffekte speziell durch die Produktion von Investitionsgütern, dem Baugewerbe und der Autoproduktion getragen. Insgesamt zeichnet sich ein weiter aufgehelltes Umfeld der europäischen Konjunktur ab. Die Schuldenkrise scheint zumindest über den Sommer zunächst in den Hintergrund zu geraten und die expansive Geldpolitik zu wirken. Auch wenn sich eine Trendwende abzeichnet und somit das Wachstum in Deutschland weiter gestärkt wird, bleibt das Risiko einer Rückkehr der akuten Krise im Euroraum bestehen. Hat ein eventuell erneuter Schuldenschnitt in Griechenland nur noch eine psychologische Bedeutung, so sind die Strukturprobleme in Frankreich, die politischen Risiken in Italien und ein möglicherweise lediglich durch die Feriensaison getragener Stimmungsaufschwung in Spanien handfeste Probleme der schwelenden Krise in Europa. Komplettiert wird das Bild durch ein Zurückfahren der expansiven Geldpolitik in den USA, welches bei einer zu hohen Geschwindigkeit die konjunkturelle Entwicklung gefährden würde. Insgesamt ist Optimismus angebracht. Für Euphorie erscheint es noch zu früh.
Konjunktur / Rentenmärkte
Die Rentenmärkte tendierten gestern zunächst freundlich. Dabei sank die Rendite 10-jähriger Bundesanleihen auf 1,66%. Nach Meldung der deutlich besser als erwarteten Industrieproduktion in Deutschland im Juni (siehe Topthema) gaben die Kurse der Anleihen nach. Die Rendite 10-jähriger Bundesanleihen pendelte im weiteren Tagesverlauf um die Marke von 1,70%. Nach der Fed und der EZB legt sich die BoE als dritte Notenbank auf eine langfristige Geldpolitik fest. So knüpft sie – ähnlich wie die Fed – ihren Leitzins an die Arbeitslosenquote und die Inflation. Die Notenbank will ihre derzeitige Politik bei-behalten, bis die Arbeitslosenquote auf mindestens 7% gesunken ist. Da die Wirtschaft keine Anzeichen einer nachhaltigen Belebung zeige, soll mit der neuen Strategie das Risiko eines zu frühen Anstiegs der Kurzfristzinsen reduziert werden. Die BoE rechnet mit dem Erreichen des Schwellenwerts von 7% Ende des 3. Quartals 2016. Dabei soll das Niveau von 7% kein automatischer Auslöser sein. Die BoE sei auch bereit, gegebenenfalls ihr Anleihekaufprogramm von derzeit 375 Mrd. GBP (rund 430 Mrd. EUR) auszuweiten. Damit ist aber aktuell nicht zu rechnen. Das britische Pfund gab nach der Bekanntgabe kurzzeitig nach, erholte sich im Tagesablauf jedoch und wertete sich sogar ggü. USD und EUR auf. Wie erwartet hält auch die BoJ nach ihrer heutigen Sitzung an der quantitativen Lockerungspolitik zur Ankurbelung der Wirtschaft fest.
Aktienmärkte
Die europäischen Aktienmärkte tendierten gestern uneinheitlich. Während die Börse in London mit einem Abschlag von 1,4% das Schlusslicht bildete, stieg der italienische Leitindex um 0,9%. Der Dax verlor 0,5%. Auf die Stimmung drückte nach wie vor die Sorge vor einem baldigen Ende der sehr expansiven Geldpolitik in den USA. Für Rückenwind sorgten dagegen gute Makrodaten aus Europa sowie eine Reihe von überzeugenden Quartalsausweisen. Zu diesen zählten u.a. die vorgelegten Ergebnisse von Hannover Rück (+4%), Klöckner & Co. (+9%), Symrise (+3,9%) sowie Axel Springer (+2,2%). Dagegen kamen die Notierungen von Brenntag
(-2,9%) und Beiersdorf (-3,2) nach Vorlage der Quartalszahlen unter Druck. Die Aktie von K+S erholte sich etwas nach dem jüngsten Kurseinbruch (+6,7%). Auf europäischer Sektorebene setzten sich Versorgerwerte mit durchschnittlichen Aufschlägen von 0,9% an die Performancespitze. Aktien aus dem Sektor Reise & Freizeit büßten im Schnitt als Tagesverlierer rd. 1,4% ein. Die Börsen in den USA erlitten leichte Verluste (Dow Jones: -0,3%). Die Aktie von Walt Disney sank nach Vorlage von Zahlen und vorsichtigen Aussagen zum Geschäftsausblick um 1,7%. First Solar brach nach Bekanntgabe der Ergebnisausweise um 13,4% ein. Auf Sektorebene glänzten wie in Europa Versorgerwerte (+0,5%) am stärksten. Die Branchen Finanzen und Gebrauchsgüter (jeweils -0,8%) standen dagegen auf der Verliererseite. Die Börsen in Asien tendierten uneinheitlich. Während der Nikkei 225 (-1,6%) u.a. infolge eines festeren Yen erneut nachgab, legte der H-Index u.a. aufgrund besser als erwartet ausgefallener Handelsbilanzdaten aus China leicht zu. Der KOSPI gewann 0,3%.
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