BENO: „Die Grundlage ist gelegt - und das Potenzial ist groß“ - Interview
Die BENO Holding wird am Markt bisher eher wenig beachtet, wie nicht nur das Handelsvolumen zeigt. Das will BENO-Vorstand Michael Bussmann ändern. Er hat mit seinem Team in jüngster Vergangenheit die Basis für das Wachstum von BENO gelegt. Jetzt geht es darum, neue Objekte zu erwerben, wie Bussmann im Exklusivinterview mit der Redaktion von 4investors.de betont. Er erläutert in dem Gespräch das Geschäftsmodell von BENO und geht ausführlich auf die Kaufpipeline ein. Bussmann veranschaulicht, wie er künftige Akquisitionen finanzieren will und macht deutlich, welche Immobilien aus dem Bereich „New Industrial“ für ihn interessant sind. Die Digitalisierung spielt bei BENO eine große Rolle, der digitale Zwilling gehört dort inzwischen zum Alltag. Was es damit genau auf sich hat, erklärt der CEO anschaulich.
4investors.de: BENO dürfte nicht vielen Lesern ein Begriff sein. Was machen Sie?
Bussmann: Die BENO Holding ist eine börsennotierte Plattform für betriebsnotwendige Immobilien – also Gebäude, die Unternehmen für Produktion, Logistik oder Service wirklich brauchen. Wir investieren in Standorte, die operative Substanz haben: gute Lagen, Energiezugang, Mitarbeiterverfügbarkeit und Transformationspotenzial. Unser Schwerpunkt liegt im sogenannten „Light Industrial“-Segment. Wir nennen es lieber „New Industrial“, weil diese Immobilien heute zunehmend Themen wie Energie, Digitalisierung und Nachhaltigkeit verbinden.
4investors.de: Sie sind im Bereich „light industrial“ tätig. Ihnen gefällt der Ausdruck „new industrial“ jedoch besser. Wieso?
Bussmann: Weil sich die industrielle Welt verändert. New Industrial steht für Immobilien, die das Zuhause neuer Industriezweige bilden – von Onlinehandel und automatisierten Lieferketten über Batterietechnik, Datenverarbeitung und Drohnentechnologie bis hin zu Defense und Hightech-Fertigung. Entscheidend sind Lage, Zuschnitt, der Zugang zu ausreichender Energieversorgung und leistungsfähigen Datenleitungen sowie die ESG-Tauglichkeit – also die Fähigkeit, bestehende Gebäude wirtschaftlich und nachhaltig zu transformieren. Wichtig ist für uns die Drittverwendbarkeit: Immobilien, die sich schnell an neue Nutzer und Nutzungen anpassen lassen. Zusammen mit einem präzisen Vertragswerk entsteht so ein stabiles, zukunftsfähiges Portfolio.
4investors.de: Auf einer Konferenz haben Sie gesagt, dass die Umbauarbeiten bei BENO beendet seien. Sie wollen nun durchstarten. Wie sieht dies konkret aus?
Bussmann: Wir haben die Basis gelegt: eine klar fokussierte Portfoliostrategie, saubere Strukturen und ein belastbares Vertragswerk. Jetzt geht es um Skalierung – mit Partnern, die wie wir an die nächste industrielle Generation glauben. Wir wollen die Plattform ausbauen, also die Bestände weiterentwickeln und parallel gemeinsam mit Kapitalpartnern neue Objekte erwerben. Der Fokus liegt auf Standorten mit Energie- und Digitalisierungspotenzial, wo sich industrielle Transformation realisieren lässt.
Ein Beispiel: Kürzlich haben wir ein Objekt nach umfassender Transformation neu finanziert – inklusive 2 MW Photovoltaik, zusätzlicher Tore und Multi-Tenant-Ausbau. Zwei Mieterwechsel nach der Fertigstellung verliefen völlig reibungslos. Das zeigt, dass eine gut ausgebaute Immobilie sofort wieder besetzbar ist. Der Wert stieg um rund 40 Prozent, was uns im Rahmen der Refinanzierung zusätzliche 6,5 Millionen Euro Liquidität gebracht hat.
4investors.de: Sie bleiben vor allem Bestandshalter oder werden Sie das Geschäftsmodell ändern?
Bussmann: Unser Fokus liegt klar auf dem Bestand. Wir möchten aber auf unserer Plattform auch die Möglichkeit schaffen, Wachstum gemeinsam mit Partnern zu realisieren. Unser Kern bleibt die Transformation und Bewirtschaftung eigener Immobilien, weil darin Stabilität und Wertschöpfung liegen. Gleichzeitig nutzen wir aber unsere Strukturen, um in Joint Ventures zusätzliche Objekte zu entwickeln oder zu repositionieren und weiteres Kapital zu aktivieren. Dadurch können wir unsere Plattform-Fixkosten breiter verteilen und die Ertragsbasis stabilisieren. So kombinieren wir die Solidität eines Bestandshalters mit der Dynamik eines Plattformgeschäfts.
4investors.de: Gibt es derzeit genügend interessante Objekte am Markt?
Bussmann: Objekte gibt es reichlich. Die Herausforderung liegt weniger im Preis als in der Qualität. Für uns zählen Drittverwendbarkeit, Energiezugang und die Lage im richtigen „New Industrial”-Cluster. Oft kommen Objekte mit Altmietverträgen, die angepasst werden müssen. Wir müssen deshalb selektiv bleiben und zugleich jederzeit investitionsfähig sein.
4investors.de: Wie sieht aktuell die Pipeline von BENO aus?
Bussmann: Wir haben in den letzten zwölf Monaten rund 150 bis 200 Millionen Euro an realistischen Objekten geprüft. In der engeren Auswahl befinden sich aktuell Projekte im Volumen von etwa 80 Millionen Euro. Uns mangelt es also nicht an Chancen, sondern an Kapital, um alle gleichzeitig umzusetzen. Der Markt bietet viele bislang übersehene Objekte mit klarem Transformationspotenzial – insbesondere in Situationen mit Sanierungs- oder Refinanzierungsdruck. Genau dort liegt unsere Expertise.
4investors.de: Wie sollen künftige Akquisitionen finanziert werden?
Bussmann: Wir generieren derzeit Liquidität aus Refinanzierungen bereits transformierter Objekte. Das verschafft uns Eigenmittel für selektive Zukäufe. Für größere Schritte fehlt uns aktuell noch frisches Eigenkapital, das wir perspektivisch über Partnerstrukturen oder auch eine Kapitalmaßnahme erwerben wollen. Unser Ziel ist, Wachstum aus eigener Stärke vorzubereiten und gleichzeitig die Bilanz stabil zu halten.
4investors.de: Und wie entwickeln sich die Preise in Ihrem Spezialbereich?
Bussmann: Der Markt hat sich deutlich stabilisiert. Die Preisniveaus liegen heute wieder in einer Spanne, in der wir schon vor einigen Jahren gekauft haben. ESG-konforme Objekte mit Energiezugang und Drittverwendbarkeit halten ihr Niveau, während spezialisierte oder nicht nachhaltige Immobilien unter Druck geraten. Die ganz teuren Angebote sind selten geworden – aber es gibt sie noch, oft mit überzogenen Erwartungen. Insgesamt sehen wir ein Marktumfeld mit realistischen Bewertungen und interessanten Gelegenheiten.
4investors.de: Bleiben Sie verstärkt auf Nordrhein-Westfalen und Süddeutschland fokussiert?
Bussmann: Ja, das bleibt unser Kerngebiet. Dort verfügen wir über ein gewachsenes Netzwerk, direkten Maklerzugang und eine effiziente Betreuung unserer Objekte. Diese regionale Nähe ist ein echter Erfolgsfaktor. Grundsätzlich schauen wir uns aber alles an – wenn sich eine klare „New Industrial”-Logik erkennen lässt, kann auch ein neues Standortcluster interessant sein. Solche Optionen prüfen wir derzeit gezielt.
4investors.de: Wie sieht die Struktur des Marktes aus, ist dieser umkämpft?
Bussmann: Der Markt ist selektiv umkämpft. Klassische Logistikflächen ziehen viel Kapital an, aber im „New Industrial”-Segment braucht es operative Erfahrung – und die haben nur wenige. Viele Investoren meiden Transformationsobjekte, weil sie die technische oder mietvertragliche Komplexität scheuen. Genau dort liegt unser Vorteil: Wir verstehen diese Immobilien, ihre Risiken und ihre Chancen. Das verschafft uns Zugang zu Möglichkeiten, die andere gar nicht prüfen.
4investors.de: Sie setzen auf eine effiziente Bestandsbewirtschaftung mit Hilfe des digitalen Zwillings. Was muss man darunter verstehen?
Bussmann: Wir digitalisieren unseren Bestand Schritt für Schritt – zunächst durch vollständige Innen- und Außenaufnahmen, anschließend durch die Einbindung technischer Daten. Gemeinsam mit Nemetschek dTwin und dem Startup Scanscape, das die digitalen Zwillinge erstellt und hostet, entsteht so eine solide Grundlage für Planung, Umbauten und Instandhaltungen. Der größte Mehrwert liegt im effizienteren Umgang mit Fachkräften. Wir können Maßnahmen digital koordinieren, lange Wege vermeiden und schneller Entscheidungen treffen. Im nächsten Schritt wollen wir IoT-Komponenten integrieren, etwa zur Steuerung oder Überwachung technischer Anlagen. Vereinzelt haben wir solche Lösungen bereits mit unseren Mietern umgesetzt, flächendeckend steht das aber noch bevor.
4investors.de: Sie haben dieses System anderweitig schon testweise eingesetzt. Wie sind Ihre Erfahrungen?
Bussmann: Sehr positiv, aber mit Lernkurve. Wir testen die Technologie auch in anderen Objekten innerhalb unseres Netzwerks, um Erfahrungen für den breiten Rollout im Bestand zu sammeln. Der Nutzen ist eindeutig: Prozesse werden transparenter, Entscheidungen schneller, und die Zusammenarbeit mit externen Partnern läuft strukturierter. Gleichzeitig zeigt sich, dass viele Dienstleister noch nicht digital arbeiten und das volle Potenzial gar nicht ausschöpfen. Wir leisten hier Pionierarbeit – das kostet anfangs Zeit, schafft aber langfristig einen klaren Effizienzvorsprung.
4investors.de: Welche Einsparungen und Möglichkeiten ergeben sich durch den digitalen Zwilling?
Bussmann: Die Effekte lassen sich nur schwer exakt beziffern. Im Einzelfall können sie aber erheblich sein. In einem Fall konnten wir durch den Scan feststellen, dass ein Dach bereits vor rund 20 Jahren zusätzlich gedämmt wurde. Das Gebäude erhielt dadurch einen deutlich besseren Energieausweis als ursprünglich angenommen – ein Unterschied, der im besten Fall in die Millionen gehen kann, wenn man an Finanzierung oder Bewertung denkt. In einem anderen Fall konnten wir einen komplexen Bauschaden gemeinsam mit mehreren externen Experten rein digital lösen – ohne Reiseaufwand, Anwesenheit vor Ort oder Zeitverlust. Die Vermietung einer kleineren Teilfläche ganz ohne Besichtigung ist sicherlich aktuell noch ein Einzelfall, kam aber auch schon vor. Solche Beispiele zeigen: Der digitale Zwilling spart nicht nur Kosten, sondern vor allem Zeit, Ressourcen und CO? – und schafft eine völlig neue Qualität in der Bewirtschaftung.
4investors.de: Ihr Portfolio hat einen Wert von 89 Millionen Euro, die Marktkapitalisierung liegt bei 23 Millionen Euro. Dies ist ein deutlicher Unterschied. Bestraft der Markt Sie hier?
Bussmann: Unser bilanzielles Eigenkapital lag zum 31. Dezember 2024 bei rund 31 Millionen Euro. Bei rund 3,4 Millionen Aktien und einem Kurs zwischen 7 und 8 Euro ergibt sich eine Marktkapitalisierung von etwa 24 bis 27 Millionen Euro – also klar unter Buchwert. Wir sehen das nicht als Bestrafung, sondern als Folge der geringen Handelsliquidität. In der Transformationsphase war das durchaus sinnvoll, weil wir uns auf Struktur und Substanz konzentrieren konnten. Unser Eigenkapital ist über die letzten Jahre stetig gewachsen. Das Portfolio ist dabei mit rund 565 Euro je Quadratmeter Nutzfläche weiterhin moderat bewertet, inklusive Grundstücksanteil. Bevor wir den Schritt in einen breiteren Handel, etwa über Xetra, gehen, wollen wir sicherstellen, dass unsere Vision vollständig ausgearbeitet ist und auch verstanden wird.
4investors.de: Warum sollten sich Investoren bei BENO engagieren?
Bussmann: Weil BENO Stabilität mit Entwicklungspotenzial verbindet. Wir haben ein belastbares Portfolio, das über die letzten Jahre stetig an Eigenkapital gewonnen hat. Das notwendige Team und die Strukturen sind aufgebaut, die Plattform funktioniert wirtschaftlich. Jedes zusätzliche Objekt bringt daher direkt einen vollen Ergebnisbeitrag. Gleichzeitig entwickeln wir unsere Standorte aktiv weiter und bauen die Plattform gemeinsam mit Partnern aus. Wer heute investiert, beteiligt sich an einer klaren Strategie: industrielle Substanz transformieren, Werte heben und daraus eine skalierbare Plattform für „New Industrial”-Assets in der DACH-Region schaffen.
4investors.de: Wie soll BENO in drei Jahren aussehen?
Bussmann: Wir wollen in den nächsten Jahren spürbar wachsen – mit einem größeren, ertragsstärkeren Portfolio und einer wirtschaftlich skalierbaren Plattform. Die Strukturen stehen, die Prozesse funktionieren, und jetzt geht es darum, die passenden Investoren und Joint-Venture-Partner an Bord zu holen. Ob und wie schnell wir dieses Wachstum erreichen, hängt vom Marktumfeld und den richtigen Partnern ab. Die Grundlage ist gelegt – und das Potenzial ist groß.
