Defama kann „entspannt noch eine Vielzahl von weiteren Objektkäufen angehen“ - Interview

Bei Interviews mit Matthias Schrade, Gründer und Vorstand von Defama, gibt es immer viel zu besprechen. Im Juni hat Defama ein großes Portfolio übernommen, damit nähert man sich einer psychologisch wichtigen Schwelle an. Die Ziele 2030 sind ebenso Thema im Gespräch mit Schrade wie die liquiden Mittel. Es geht zudem um das weitere Wachstum, hier laufen gerade einige recht weit fortgeschrittene Verhandlungen. Der FFO, der künftige Investitionsbedarf sowie ein möglicher Aktienrückkauf werden ebenfalls thematisiert. Erfreut zeigt sich Schrade im Interview mit der Redaktion von 4investors.de über einen Award, nicht ganz so begeistert ist er von der aktuellen Stimmung gegenüber der Branche.
4investors.de: Sie haben jüngst elf Objekte in einem Deal gekauft. Wie kann man derart viele Fachmarktzentren gleichzeitig integrieren?
Schrade: Die parallele Übernahme vieler Objekte in die eigene Verwaltung ist in der Tat ein Kraftakt für unsere Mitarbeiter. Deshalb haben wir im Vorfeld darauf geachtet, schon eine sehr gute Datengrundlage zu haben. Ein Vorteil ist, dass das Portfolio von einem einzigen Verkäufer mit professionellen Strukturen kommt. Zum Jahresende hatten wir ja auch insgesamt zehn Objekte in die Verwaltung übernommen – die kamen aber von fünf verschiedenen Verkäufern, von denen einige die Objekte jahrelang nicht wirklich intensiv gepflegt hatten.
Zudem sind die meisten gekauften Gebäude sehr modern – die Hälfte des Portfolios hat das Baujahr 2020 oder sogar noch jünger. Da müssen sich die Kollegen also nicht, wie bei vielen älteren Kaufobjekten, ab dem ersten Tag mit vom Verkäufer nicht erledigten Mängeln beschäftigen. Und außerdem handelt es sich zum Glück durchweg um einfache Gebäude, in vielen Fällen sogar „single tenant“-Objekte mit nur einem Mieter.
4investors.de: Kann es sein, dass Defama zuletzt vermehrt solche Einzelobjekte gekauft hat? Gibt es hier eine neue Strategie?
Schrade: Nein. Wir haben schon oft „single tenants“ gekauft, denken Sie beispielsweise an die vier einzelnen JYSK-Standorte, das Portfolio an AWG Modecentern in Süddeutschland, die einzelnen Netto-Märkte in Apfelstädt, Markoldendorf und Seehausen oder den REWE in Köln. Generell bevorzugen wir Objekte mit wenigen Mietern, da sie einfacher zu prüfen und zu verwalten sind – wobei eine gewisse Mindestgröße bei den Nettokaltmieten trotzdem gegeben sein muss. Und beim aktuellen Portfolio sind zudem fast überall weitere zugkräftige Einzelhändler im engsten Umfeld vertreten, was die Attraktivität für die Kunden und damit auch unsere Mieter erhöht.
4investors.de: Derzeit befinden sich 90 Objekte im Portfolio von Defama. Werden wir in diesem Jahr noch die 100 sehen?
Schrade: Warten wir’s ab (lacht). Ernsthaft: Da jeder Zukauf erst einmal mehr Arbeit bedeutet, wollen wir bewusst nicht zu schnell wachsen. Die Übernahme eines Portfolios wie das aktuelle, das durchweg aus einfachen und modernen Objekten besteht, würden wir sicher auch ein zweites Mal binnen weniger Monate bewältigen. Diese Art von Transaktionen ist aber selten, meist sind es ja bei uns eher etwas größere, ältere und nicht selten von Voreigentümern eher vernachlässigte Immobilien. Von dieser Sorte noch ein knappes Dutzend zu erwerben, will ich unserer Hausverwaltung eher nicht zumuten.
4investors.de: Früher haben Sie sich bei jedem Zukauf auch zum FFO geäußert. Das ist zuletzt nicht mehr geschehen. Hat sich hier die Strategie geändert?
Schrade: Ja. Der Aufwand, den annualisierten FFO unterjährig laufend zu ermitteln und in jeder Pressemeldung zu nennen, hat sich durch die hohe Frequenz an Vorgängen, die ihn beeinflussen, in den letzten Monaten stark erhöht. Denn hier wirken sich ja nicht nur die Zukäufe aus, sondern auch Vermietungserfolge und Bauprojekte, Indexmietanpassungen, Umfinanzierungen, die Einstellung von neuen Mitarbeitern und noch andere Kosten- sowie Ertragseffekte, beispielsweise auch durch beurkundete oder geplante Verkäufe. Überdies werden viele davon erst im Zeitversatz wirksam und damit konkret kalkulierbar. Wir werden den annualisierten FFO daher künftig nur noch unregelmäßig mitteilen. An unseren kommunizierten Zielen ändert sich natürlich nichts.
4investors.de: Über welche liquiden Mittel verfügt Defama aktuell?
Schrade: Einschließlich Dispolinien, noch nicht ausgezahlten Darlehen und in Kürze erwarteten Zuflüssen aus dem Verkauf des Fachmarktzentrums Templin haben wir rund 10 Millionen Euro an freien Mitteln. Genug allemal, um entspannt noch eine Vielzahl von weiteren potenziellen Objektkäufen angehen zu können. Und parallel sind wir ja auch an weiteren möglichen Verkäufen sowie Aufstockungen von Bestandsdarlehen dran.
4investors.de: Laut Ihrer Langfristplanung soll der Portfoliowert bis Ende 2030 auf mindestens 500 Millionen Euro ansteigen. Den FFO sehen Sie dann bei 4,00 Euro je Aktie. Ist das eher eine dynamische Prognose oder ein statisches Statement?
Schrade: Mit der Planung „DEFAMA 2030“ haben wir uns zum einen selbst ein klares Ziel gesetzt, dass wir kontinuierlich weiter wachsen wollen. Zum anderen dient es Investoren als Orientierung, wo die Reise mit uns hingehen könnte. Sollten die gesteckten Ziele früher in Sichtweite kommen, denken wir gegebenenfalls über eine Anpassung nach. Aber dafür ist es trotz der bisher recht dynamischen Entwicklung gerade mal ein halbes Jahr nach der Veröffentlichung doch noch ein wenig zu früh.
4investors.de: Bei unserem letzten Interview sprachen Sie von der Möglichkeit eines Aktienrückkaufs. Gibt es dazu Neuigkeiten?
Schrade: Nein – nach wie vor gilt die Aussage, dass wir einem Aktienrückkauf näher sind als einer Kapitalerhöhung. Priorität hat aber, dass wir ausreichend Mittel für weitere Zukäufe und Investitionen in das Bestandsportfolio zur Verfügung haben.
4investors.de: Welchen Investitionsbedarf gibt es bei Defama im laufenden sowie im kommenden Jahr?
Schrade: Wir arbeiten ständig an der Weiterentwicklung unserer Bestandsobjekte, das geht oft mit Umbau- oder Erweiterungsmaßnahmen gemeinsam mit unseren Mietern einher. Aktuell läuft beispielsweise der Umbau für Getränke Hoffmann in Brand-Erbisdorf und für ein Fitness-Studio in Nordsteimke, in Kürze starten dürften die Baumaßnahmen für Rossmann in Puderbach sowie für EDEKA und TEDi in Sternberg. Etliche weitere Projekte sind in Vorbereitung. Wie viel genau im laufenden Jahr letztlich investiert wird, hängt aber immer stark davon ab, wann Baugenehmigungen erteilt werden und wie schnell Handwerker, benötigte Haustechnik und Baumaterial verfügbar sind.
4investors.de: Wird es in diesem Jahr auch noch zu Verkäufen von Objekten kommen?
Schrade: Wahrscheinlich ja. Zumindest sind die Verhandlungen in mehreren Fällen recht weit fortgeschritten. Ob und wann die Vertragsunterzeichnung dann wirklich stattfindet und wann wiederum die tatsächliche Abwicklung erfolgt, ist aber ähnlich wie bei den Bauprojekten immer nur schwer prognostizierbar. Deshalb planen wir Verkaufsgewinne auch grundsätzlich nicht fest ein, die sind eher ein Sahnehäubchen auf die laufenden Erträge oben drauf.
4investors.de: Mehr und mehr Projektentwickler ziehen sich zurück oder gehen sogar pleite. Ist das für Defama letztlich eine positive oder negative Entwicklung?
Schrade: Gute Frage. Tendenziell profitieren wir eher von diesem Trend, weil sie als Wettbewerber um in die Jahre gekommene Standorte mit Potenzial zur Weiterentwicklung ausscheiden. Auch ist seit einiger Zeit zu beobachten, dass auch große Lebensmittelfilialisten einen Teil ihrer Bestandsobjekte verkaufen – nach unserer Einschätzung ausgelöst durch die Notwendigkeit, nun verstärkt selbst neu zu bauen, weil die Projektentwickler dafür größtenteils nicht mehr verfügbar sind. Dadurch konnten wir auch selbst schon von namhaften Adressen aus diesem Segment kaufen. Umgekehrt sind die Projektentwickler als potenzielle Käufergruppe für solche Objekte weggebrochen, die wir lieber verkaufen als selbst weiterentwickeln würden – etwa wenn die Nachnutzung eher weg vom klassischen Einzelhandel geht.
4investors.de: Haben sich Ihre Kaufkanäle, Ihre Verkäufergruppen in den letzten Jahren verändert?
Schrade: Die meisten Kaufangebote kommen nach wie vor einerseits von privaten Verkäufern, andererseits von geschlossenen Fonds oder anderen institutionellen Investoren. Neu ist aber tatsächlich, dass auch Lebensmittelhändler zu unseren Transaktionspartnern zählen – und zwar sowohl im An- als auch im Verkauf.
4investors.de: Wie bewerten Sie aktuell den Transaktionsmarkt und die Preise?
Schrade: Nach unserem Eindruck hat sich der Markt auf ermäßigtem Preisniveau stabilisiert. Seit der Zinswende sehen wir jedenfalls in unserem Segment weitaus weniger Käufer, die verlässlich und schnell agieren können. Davon profitieren wir enorm – rollend über die letzten zwölf Monate haben wir sage und schreibe 27 Objekte kaufen können. Zum Vergleich: der vorherige Jahres-Rekord stand bei gerade mal einem Dutzend. Auf der Preisseite sehen wir weiterhin eine steigende Zahl an Verkäufern, die im Bereich der zehnfachen Jahresnettokaltmiete zur Veräußerung bereit sind. Aber ob das zweite Halbjahr 2025 ebenso lebhaft wird wie die letzten beiden Semester, können wir wie immer erst sicher sagen, wenn die Tinte beim Notar trocken ist.
4investors.de: Es gibt immer wieder Spekulationen, dass Sie von den Problemen von Mitbewerbern profitieren können, in dem Sie Teile ihrer Portfolios kaufen können. Schauen Sie sich entsprechend um?
Schrade: Natürlich kennen wir diese Portfolien und theoretisch sind da auch Objekte dabei, die zu uns passen würden. In der Praxis sind das jedoch aus verschiedenen Gründen weitaus weniger Standorte, als Außenstehende das wahrscheinlich vermuten würden. Zudem gibt es teilweise große Differenzen zwischen den Buchwerten und den Preisen gemäß unserer Ankaufkriterien. Größere Zukäufe wird es aus dieser Richtung daher vermutlich kaum geben. Wir haben aber unabhängig davon eine Rekordzahl an Objekten in der Ankaufprüfung und sind als Quelle für Akquisitionen nicht auf Immobilien von börsengelisteten Mitbewerbern angewiesen.
4investors.de: Apropos Probleme: Die Brüder Schlau Gruppe, die rund 170 Hammer Fachmärkte betreibt, hat kürzlich eine Insolvenz in Eigenverwaltung beantragt. Auch Hellweg restrukturiert gerade und schließt einige seiner rund 130 Baumärkte. Möbel Roller versucht laut Presseberichten, massive Mietsenkungen durchzusetzen. Wie stark ist Defama hiervon betroffen?
Schrade: Zum Glück trifft uns das wenig. Wir haben mit Hammer nur drei Standorte und 1,x% Anteil an unseren Jahresnettomieten. Momentan ist noch offen, ob es letztlich überhaupt Auswirkungen auf uns hat, da eine Insolvenz in Eigenverwaltung ja der Fortführung des Betriebs dient, so dass das Filialnetz erhalten bleiben soll. Mit Hellweg haben wir nur einen einzigen gemeinsamen Standort, nämlich den von Hellweg betriebenen BayWa-Baumarkt in Templin, und diesen haben wir bereits im Sommer des letzten Jahres an einen großen Lebensmittelfilialisten verkauft, der dort neu bauen will. Nachdem die aufschiebende Bedingung durch ist, erwarten wir die Kaufpreiszahlung nun in den kommenden Wochen. Und Möbel Roller haben wir ebenso wie C&A, Mediamarkt/Saturn und andere zuletzt unter Druck stehende Einzelhändler gar nicht als Mieter. Insofern sind Mitbewerber von möglichen Auswirkungen potenziell weitaus stärker betroffen als wir.
4investors.de: Sie waren vor ein paar Tagen auf der Konferenz einer größeren Bank. Wie bewerten Sie die Stimmung unter Investoren? Sind Immobilienaktien langsam wieder en vogue?
Schrade: Nicht wirklich. Nach meinem Eindruck setzen gerade Investoren im Nebenwerte-Sektor momentan eher auf Branchen, von denen sie sich mehr Dynamik versprechen – etwa aus dem Bereich Infrastruktur oder irgendwas mit KI. Oder wenn schon Immobilien, dann spekulieren wohl einige lieber auf den Turnaround solcher Aktien, die weit unter dem ausgewiesenen NAV je Aktie notieren. Unser eher bodenständiges, kontinuierliches Wachstum ist vielen wohl zu unspektakulär.
4investors.de: Vor wenigen Tagen haben Sie einen Markendiamanten bei den Real Estate Brand Awards gewonnen. Wie wichtig sind solche Auszeichnungen?
Schrade: Es schmeichelt natürlich dem Ego (lacht). Aber natürlich profitieren wir mit Defama auch davon, dass unser Bekanntheitsgrad in der Branche dadurch weiter steigt. Und das ist für uns als immer noch relativ kleine Firma gerade im Kontakt mit größeren Playern der Branche sicherlich hilfreich, um dort ernstgenommen und als potenzieller Transaktionspartner akzeptiert zu werden. Wir freuen uns jedenfalls, erstmals in der illustren Runde von Preisträgern angekommen zu sein.
Hinweis auf Interessenskonflikt(e): Der / die Autor(in) oder andere Personen aus der 4investors-Redaktion halten unmittelbar Positionen in Finanzinstrumenten / Derivate auf Finanzinstrumente von Unternehmen, die in diesem Beitrag thematisiert werden und deren Kurse durch die Berichterstattung beeinflusst werden könnten: Deutsche Fachmarkt - DEFAMA.