m:access - Interview: Meilensteine und mutige Deals – u.a. Merkur Privatbank, Steico, VIB Vermögen

Das Mittelstandssegment der Börse München m:access feiert seinen 20. Geburtstag. Seit der Gründung am 1. Juli 2005 – damals mit acht Unternehmen – waren in Summe 125 Unternehmen in diesem Segment des qualifizierten Freiverkehrs gelistet. Aktuell sind es 62 mit einer Marktkapitalisierung von knapp 11 Milliarden Euro. Während der 20 Jahre sind Unternehmen aus dem m:access in den regulierten Markt auf- oder in den allgemeinen Freiverkehr gewechselt, wurden an Finanzinvestoren oder strategische Partner verkauft oder von der Börse genommen, da eine Finanzierung über den Kapitalmarkt nicht mehr benötigt wurde, einige wenige mussten Insolvenz anmelden. Das Mittelstandssegment war und ist so dynamisch wie die Börse im Allgemeinen.
Im Jubiläumsinterview mit der 4investors.de-Redaktion blickt Marc Feiler, Geschäftsführer der Börse München und einer der Gründungsväter des m:access, auf diese Zeit zurück.
4investors: Das Börsensegment m:access feiert zwanzigjähriges Bestehen, Sie waren von Beginn an dabei. Was waren für Sie die Highlights in diesem Zeitraum?
Feiler: Gerne erinnere ich mich an den Start, es gab einen Festakt in unserem damaligen Börsengebäude am Lenbachplatz. Zugegen war auch Staatsminister Otto Wiesheu und wir läuteten die Börsenglocke für das neu gestaltete Segment. Vorausgegangen war eine Analyse der bestehenden europäischen KMU-Segmente, insbesondere der Alternative Investments Market AIM der Londoner Börse gab wichtige Anregungen. Schon in kürzester Zeit folgten einige erfolgreiche IPOs, die selbstverständlich immer ein faszinierendes Erlebnis darstellen, darunter die Net Mobile AG, F24 AG und die VIB Vermögen AG. Nach dem Zusammenbruch des Neuen Marktes herrschte wieder ein sehr gutes Börsenklima. Ein paar Monate nach m:access führte die Deutsche Börse AG den Entry Standard ein. Bis zur Lehman Krise folgten interessante Börsengänge, in m:access etwa die STEICO SE, die mit ihrem IPO 2007 über 70 Millionen Euro erlösen konnte. Die Erlebnis Akademie wagte 2015 den Schritt an die Börse, damals mit nur einem Baumwipfelpfad im Bayerischen Wald, heute mit 13 dieser Naturerlebnispfade in Europa und Kanada. Börse bedeutet eben Wachstum! Außerdem ging die SpVgg Unterhaching als erst zweiter deutscher Fußballverein an die Börse oder die ISA International School Augsburg gAG als überhaupt erste börsennotierte Schule in ganz Europa. Alles höchst ungewöhnliche und mutige Transaktionen. Meilensteine für die Unternehmen sind aber auch die über 200 Barkapitalerhöhungen, mit denen m:access Unternehmen bis heute weit über 1 Milliarde Euro aufgenommen haben. Dies ist die Bestätigung unserer Ausgangsthese im Jahr 2005, dass der Kapitalmarkt auch für die Finanzierung von KMU funktioniert.
4investors: Wie hat sich das Segment entwickelt, wie steht es heute da?
Feiler: Einschließlich der drei m:access Unternehmen der ersten Stunde, die noch dabei sind – Merkur Privatbank, U.C.A und Value Holdings – sind aktuell über 60 Unternehmen gelistet. Und sie bilden durch ihre Heterogenität den deutschen Mittelstand hervorragend ab: Die meisten Unternehmen entstammen den Branchen Technologie, Immobilien, Software/IT und Consumer/Leisure, gefolgt von Titeln aus der Finanzbranche und Beteiligungsunternehmen, die ihrerseits in teils ganz unterschiedliche Branchen und wieder in den Mittelstand investieren. Und neue Emittenten stehen in den kommenden Tagen vor der Tür, die wiederum ganz unterschiedliche Geschäftsmodelle verfolgen.
4investors: Welche Vorteile bietet der m:access den Unternehmen…?
Feiler: Eine Börsennotiz in m:access ermöglicht die Kapitalaufnahme durch bestehende Aktionäre und neue Investoren und kann damit wichtiger Baustein der Unternehmensfinanzierung sein, gerade auch in Krisenzeiten wie etwa während der Corona-Pandemie. Außerdem ist der Börsengang keine einmalige Aktion, sondern ermöglicht eine dauerhafte Finanzierung, wie die bereits genannten etwa 200 Barkapitalerhöhungen in m:access beweisen. Die Öffentlichkeit des Kapitalmarktes verschafft dem Unternehmen eine größere Visibilität, die auch die Suche nach kompetentem Personal zumindest unterstützt. Mitarbeiterbeteiligungsprogramme fungieren zudem als ein zusätzliches Instrument zum Finden und Binden von Mitarbeitern.
4investors: …und den Investoren?
Feiler: Um in m:access aufgenommen zu werden, verpflichten sich die Unternehmen zu mehr Transparenz. Beispielsweise müssen sie einmal im Jahr ihr Unternehmen vor Investoren, Journalisten und Analysten präsentieren. Die Börse München richtet seit Gründung des Segments Investorenkonferenzen für m:access Unternehmen aus, an denen professionelle Investoren wie auch Privatanleger teilnehmen können. Sie erhalten damit einen sehr detaillierten und kenntnisreichen Einblick in die jeweiligen Gesellschaften – meist direkt vom Vorstand. Aus Gründen der Transparenz sind die Unternehmen außerdem verpflichtet, die Kernaussagen des testierten Jahresabschlusses spätestens ein halbes Jahr nach Ende des Geschäftsjahres zu veröffentlichen. Im Rahmen der Regelpublizität des Freiverkehrs reicht hier der testierte Jahresabschluss nach HGB; nach IFRS zu bilanzieren ist aber ebenfalls möglich. Daneben gelten aufgrund der EU-Marktmissbrauchsverordnung (MAR) die drei wesentlichen Kapitalmarktpflichten der Ad hoc-Publizität, die Meldung von Director’s Dealings und die Führung von Insiderlisten. Der organisatorische wie finanzielle Aufwand für die Unternehmen hält sich damit in Grenzen – der soll schließlich vor allem dem operativen Geschäft zu Gute kommen.
4investors: Was bietet das Segment für Anleger, mit welcher Rendite können sie rechnen?
Feiler: Aktuell gelten Nebenwerte insgesamt häufig als unterbewertet, insofern verbirgt sich hier einiges an Renditepotenzial. Generelle Aussagen verbieten sich jedoch, es kommt ganz auf das konkrete Unternehmen und dessen Geschäftsmodell an. Aber mittelfristig ist Optimismus angebracht und ich bin mir sicher: wir erleben hier einige sehr positive Überraschungen. Wer sich die Unternehmen genauer ansieht – auf unserer Website sind alle aufgeführt samt Dokumentation der Folgepflichten – wird einige echte Perlen mit hervorragender Rendite entdecken.