USA: Nach dem Beige Book ist vor der Fed-Zinsentscheidung - Nord LB

Zur Vorbereitung der nächsten FOMC-Sitzung veröffentlichen die regionalen US-Notenbanken bekanntlich das gemeinsam erstellte Beige Book. In dieser wichtigen Publikation werden Informationen bezüglich der ökonomischen Lage in den jeweiligen Distrikten diskutiert. Daher blicken die internationalen Finanzmärkte immer mit ganz besonderem Interesse auf die Ausführungen im Beige Book.
Am aktuellen Rand zeigen sich keine größeren Überraschungen; die regionalen Notenbanken sehen grundsätzlich Hinweise auf eine Eintrübung der Wirtschaftsaktivität in den Vereinigten Staaten. Die hohe politische Unsicherheit scheint an dieser Stelle eine große Rolle zu spielen. Zudem wird aufgrund der neuen US-Handelspolitik in der näheren Zukunft generell ein Anstieg der Inflationsraten erwartet. Mit Blick auf das Ausmaß dieses antizipierten Zulegens der Preise sind in den verschiedenen Fed-Distrikten allerdings gewisse Divergenzen zu beobachten.
Die Arbeitsmarktsituation in den USA präsentierte sich kaum verändert. Grundsätzlich scheint sich bei den Stellenangeboten der Unternehmen nun aber eine höhere Verfügbarkeit von potentiellen Interessenten zu zeigen. Zudem werden von den regionalen Notenbanken Hinweise dafür gesehen, dass eine erhöhte Unsicherheit den Aufbau von neuen Stellen in gewissem Umfang behindert.
In der Summe deutet das Beige Book damit eher einen weiteren Druck auf die zukünftige Wirtschaftsaktivität in den USA an. Damit könnte der Boden nun aber gefunden sein. Es mehren sich in der Tat langsam die Hinweise auf eine Besserung der Aussichten. So zeigen die am 2. Juni gemeldeten Zahlen zum Atlanta Fed GDPNow für das II. Quartal einen Anstieg der annualisierten Wachstumsprojektion auf immerhin 4,6% an. Nach dem schwachen Start ins Jahr 2025 dürfte dieser überraschend hohe Wert die bei der US-Konjunktur durchaus zu erwartenden Besserungstendenzen zwar überzeichnen, es geht nun aber wohl eher wieder aufwärts. Wir haben unsere Prognose für das annualisierte US-Wirtschaftswachstum im II. Quartal 2026 jüngst auf immerhin 1,9% angehoben. Neue Zahlen zum Atlanta Fed GDPNow werden bereits heute veröffentlicht. Diese sollte man sicherlich im Auge behalten.
Die Beschäftigungssituation in den Vereinigten Staaten bleibt zunächst aber eher schwierig. Trotz „Hire & Fire“ ist der Arbeitsmarkt selbst in den USA eben doch kein vorlaufender Konjunkturindikator. In diesem Umfeld dürfte das FOMC unter Handlungsdruck kommen. Die US-Geldpolitik ist aktuell nämlich noch ziemlich restriktiv ausgerichtet. Daher rechnen wir im Laufe des zweiten Halbjahres in der Summe weiterhin mit Leitzinssenkungen im Umfang von 75 bp. Die aktuell ausgeprägten Inflationssorgen und die ersten Hinweise auf eine Bodenbildung beim US-Wirtschaftswachstum könnten für eine eher vorsichtige Zinssenkung der Fed zum Ende des 3. Quartals hin sprechen.
Fazit: Das gestern veröffentlichte Beige Book brachte keine großen Überraschungen. In den Augen der US-Notenbanker scheint eine erhöhte Unsicherheit die reale Wirtschaftsaktivität in den Vereinigten Staaten zu belasten. Der Boden könnte nun zwar langsam gefunden sein, die Fed zeigt sich aber weiterhin eher besorgt. Angesichts der ziemlich restriktiven Ausrichtung der Geldpolitik in Washington können diese Sorgen durchaus als nachvollziehbar bezeichnet werden. Allerdings sind noch immer Ängste bezüglich steigender Inflationsgefahren beobachtbar. In diesem Umfeld könnte das FOMC zu vorsichtigen weiteren Zinssenkungen ab dem Ende des 3. Quartals 2025 neigen.
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