US-Zollpolitik: Bessent ist nicht der Elefant im Porzellanladen - Nord LB

Der US-Finanzminister ist offenkundig nicht der Elefant im Porzellanladen. Interessanterweise ist dieser Satz in der englischen Übersetzung witziger! Fakt ist in jedem Fall, dass Scott Bessent scheinbar großes Verhandlungsgeschick bewiesen hat. Unsere Prognosen zu den Erfolgsaussichten bei den anstehenden „Deals“ im Rahmen der Umsetzung der Neuausrichtung der Handelspolitik Washingtons waren zwar durch einen gewissen Optimismus geprägt, so schnelle positive Signal von den Gesprächen zwischen Peking und Washington hatten aber auch wir nicht erwartet.
In Genf scheinen sehr konstruktive Diskussionen geführt worden zu sein. Es gibt aber noch keinen konkreten Deal, mit Blick auf die nächsten 90 Tage senken Washington (30% statt 145%) und Peking (10% statt 125%) die bisher angedrohten neuen Zölle allerdings jeweils deutlich. Dieses Signal ist sehr erfreulich für die Weltwirtschaft. Zudem wird von den zwei Ländern ein neuer „Mechanismus“ für Beratungen über Handels- und Wirtschaftsfragen geschaffen, der in den kommenden Monaten langfristig tragfähige Lösungsansätze erarbeiten soll. Die Führungsrolle bei den Diskussionen übernehmen der US-Finanzminister Scott Bessent und der chinesische Vize-Ministerpräsident He Lifeng. Offenkundig sind sich beide Seiten darüber einig, sich ökonomisch nicht voneinander lösen zu wollen. Zudem betonten die Vertreter Washingtons, es sei auch sehr offen über das Fentanyl-Problem gesprochen worden.
Die aktuellen Nachrichten zu den Handelsgesprächen zwischen den USA und China dämpfen die Sorgen der Marktteilnehmer bezüglich eines drohenden Zollkrieges, der die Weltwirtschaft zweifellos nachhaltig belastet hätte. Von diesem veränderten Umfeld haben die globalen Aktienmärkte klar profitiert. So konnte der deutsche Blue-Chip-Index DAX im frühen Handel ein neues Allzeithoch erreichen. Auch die US-Währung präsentiert sich durch die momentane Nachrichtenlage gestärkt. Gegenüber dem Euro ist aktuell die psychologisch wichtige Marke von 1,11 USD pro EUR in den Fokus gerückt. Morgen wird von den Marktteilnehmern mit besonderem Interesse auf die US-CPI-Daten zu achten sein. Hier rückt ausnahmsweise vor allem die Jahresrate in den Fokus. Ohne unfreundliche Signale von dieser Seite könnte das Thema Leitzinssenkungen nun doch schneller auf die Agenda der Fed rücken. In Washington wird von fast 30 Handelsabkommen mit anderen Ländern berichtet, die kurz vor einem erfolgreichen Abschluss zu stehen scheinen. Dieses Umfeld könnte die Inflationserwartungen der privaten Haushalte in Nordamerika schon dämpfen. Da die DOGE-Initiative weiterhin für eine zumindest kurzfristige Eintrübung der Beschäftigungssituation in den USA sorgen dürfte, gerät das FOMC also möglicherweise schon bald unter Zugzwang. Den ersten Handelsdeal hat Washington aber natürlich mit London abgeschlossen. Diesen werden wir noch in dieser Woche beim Blick auf die britischen BIP-Zahlen näher diskutieren.
Fazit: Die Gespräche zwischen Washington und Peking, die am Wochenende in Genf geführt worden sind, haben erste Erfolge gebracht. Noch gibt es zwar keinen echten „Deal“ – beide Seiten werden aber für zunächst 90 Tage deutliche Reduktionen an den bisher jeweils verkündeten neuen Zöllen vornehmen. Damit sinkt das Niveau dieser Zölle deutlich! Zudem wird man weitere Diskussionen über den Handel und die Wirtschaft führen. Die internationalen Finanzmärkte reagieren mit Erleichterung auf diese Nachricht. Der US-Dollar präsentiert sich nun deutlich stärker. Die globalen Aktienmärkte profitierten ebenfalls; der DAX konnte im frühen Handel beispielsweise ein neues Allzeithoch erklimmen. Nun wird auf die US-CPI-Daten zu warten sein. In der Tat könnte die Fed jetzt doch sehr bald unter Handlungsdruck geraten.
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